Voll auf Ex-Kurs Roman

nicht konsequent, da kommt es auf heute auch nicht mehr an. Meine Gedanken wandern zu den riesigen Mengen Kalbsfleisch im Kühlschrank und zu dem guten Rotwein, den ich noch dazu gekauft habe. Prima, so ein Essen mit mir ganz allein, noch dazu in Mengen, die für drei reichen würden, da kommt doch mal so richtig Freude auf! Ich könnte das Zeug natürlich einfrieren. Dann bliebe aber immer noch die Frage, was ich mit diesem angebrochenen Freitagabend mache. Ihn in trauter Zweisamkeit mit RTL verbringen? Oder doch Basti anrufen? Ich verwerfe beides. Und Basti soll ruhig noch ein bisschen länger warten, ehe er etwas von mir hört. Und falls er nächste Woche über eine Müllermanns-Anzeige oder ein Plakat stolpert, meldet er sich ja vielleicht von sich aus, weil er fragen will, warum nicht ich als Model zu sehen bin. Das wäre mir natürlich am liebsten, wenn er wieder die Initiative ergreift. Lars? Den treffe ich ja morgen und nach dem Übergriff in seiner Wohnung lieber nicht mehr hinter verschlossenen Türen, ob es nun seine oder meine sind. Dann kommt mir eine Idee. Ich nehme das Telefon und wähle.
    »Kerstens?«, meldet sich Barbara einen Moment später.
    »Hi, Pia hier. Ich wollte nur mal spontan fragen, was du heute Abend machst.«
    »Wir sind so gut wie aus der Tür, Jens und ich wollten
was essen gehen und das Ende unseres finanziellen Ruins feiern.«
    »Dann kommt doch einfach bei mir vorbei«, schlage ich vor. »Hier gibt’s Kalbsschnitzel in Weißweinsauce und einen edlen roten Tropfen.«
    »Klingt gut«, meint Barbara, »außerdem sollten wir das tatsächlich zusammen feiern. Moment, ich frag Jens mal.« Ich höre, wie sie ihm meine Idee erzählt. »Findet er auch gut«, teilt sie mir mit. »Dann werden wir auch wenigstens nicht zusammen im Restaurant erwischt«, fügt sie noch kichernd hinzu.
    »Genau«, gebe ich ihr Recht, »in Zukunft immer schön erst im Schutze der Dunkelheit das Haus verlassen und sich nur noch im privaten Rahmen aufhalten.«
    »Dann sind wir in einer halben Stunde bei dir!«

Harmonie und Innigkeit
    »Pia, ich muss sagen: Wenn es mit dem Texten irgendwann nicht mehr klappt, kannst du immer noch aufs Kochen umsatteln.« Jens streicht sich über seinen Bauch, nachdem er, Barbara und ich gefühlte zwei Tonnen Schnitzelchen, Spinat und Kartoffeln in uns hineingefuttert haben. Dann legt er einen Arm um Barbaras Schulter, was sie sofort noch zierlicher scheinen lässt, als sie ohnehin schon ist. Jens ist mit seinen fast zwei Metern und dem breiten Kreuz ein echter Hüne. Für ihn als Personenschützer überaus praktisch, mit dem legt sich so schnell keiner an. Jedenfalls niemand, der nicht geisteskrank ist.
    Und so sitzen wir satt und zufrieden an dem kleinen Esstisch in meinem Wohnzimmer, aus dem iPod erklingen Vivaldis »Vier Jahreszeiten« – wenn schon tafeln, dann richtig – in
unseren Gläsern schwappt Rotwein für immerhin zwölf Euro die Flasche. Sponsored by Müllermanns, vielen Dank auch!
    »Doch, war echt super«, stimmt Barbara ihrem Mann zu und schmiegt sich an ihn, »wenn Liebe wirklich durch den Magen geht, solltest du Basti vielleicht mal bekochen. Dann kommt er sofort zurück, wenn er nicht irre ist.«
    »Hätte ich auch gern hin und wieder gemacht«, erkläre ich, »aber außer unserer gemeinsamen Vorliebe für Chicken Wings und käseloser Pizza kamen wir da nicht wirklich auf einen Nenner.« Ich rekele mich und gähne verstohlen in meine Hand. »Außerdem waren gemütliche Abende zu Hause nicht so seins, meistens wollte er immer auf ein Konzert oder in die Kneipe.«
    »Ich sag ja«, setzt Babsi an, unterbricht sich dann aber. »Schon gut, ich wollte nicht mehr dagegenreden, vergiss es also einfach.« Sie hebt ihr Glas und prostet mir zu. »Lass uns lieber noch einmal auf die Kampagne anstoßen. Und darauf, dass ich ab nächster Woche nicht mit einer Papiertüte überm Kopf durch die Gegend laufen muss.«
    »Das wäre auch jammerschade um dein hübsches Gesicht, wenn niemand es mehr sehen kann«, meint Jens, bedenkt seine Frau mit einem liebevollen Blick und gibt ihr dann einen zärtlichen Kuss.
    »Oh, vielen Dank, mein Schatz!« Sie streichelt ihm über die Wange, und für einen kurzen Moment zieht sich mein Magen schmerzhaft zusammen. Dieses Sinnbild der Harmonie und Innigkeit – einerseits total schön, andererseits in meinem derzeitigen Gemütszustand auch fast ein bisschen widerlich. Komm, Pia, sage ich mir, sei nicht egoistisch, sondern freu dich für die