Voll auf Ex-Kurs Roman
gelassener, findest du nicht auch?«, fragt Lars. Ich nicke.
»Irgendwie schon. Das Laufen, die Positiv-Liste, sich was gönnen – das alles trägt offenbar dazu bei, dass man sich nicht mehr rund um die Uhr mit dem Ex beschäftigt.«
»He!«, ruft Lars und zieht beleidigt einen Schmollmund.
»Was hast du denn?«
»Jetzt hast du doch glatt die Pflichtdates vergessen!«
»Oh, sorry«, entschuldige ich mich lächelnd, »die sind natürlich am allerwichtigsten!«
»Dann ist ja gut.«
»Wie läuft es eigentlich mit Yvonne?«, will ich wissen. Lars nimmt einen weiteren Schluck von seiner Caipirinha und betrachtet dann nachdenklich sein Glas.
»Ist vorbei«, teilt er mir in nebensächlichem Tonfall mit.
»Wie, vorbei? Ich denke, es entwickelte sich gerade in eine ganz gute Richtung?!«
»Ja, dachte ich auch.« Er blickt auf und fixiert mich mit seinen blauen Augen auf eine Art und Weise, dass mir schon wieder ganz anders wird. »Aber ich hab ihr gestern gesagt, dass ich keinen Kontakt mehr zu ihr will.«
»Warum das denn? Nimmt es dich zu sehr mit?« Er schüttelt den Kopf und versenkt sich wieder in sein Glas.
»Nein, das nicht.« Ehe ich noch weiter nachfragen kann, winkt er dem Kellner, der gerade an unserem Tisch vorübereilt und ordert zwei weitere Cocktails.
»Ich weiß nicht, ob ich noch einen trinken sollte, ich bin wirklich schon etwas angeschickert«, protestiere ich.
»Keine Chance«, stellt Lars in einem Tonfall fest, der keinen Widerspruch duldet, »wir machen uns jetzt einen bunten Abend! Und um dir zu erzählen, was mit Yvonne ist, brauche ich einen etwas höheren Pegel.«
Eine Stunde später ist die Sache mit dem Pegel zumindest von meiner Seite her geritzt. Nach dem dritten Cocktail habe ich schon leichte Ausfallerscheinungen und zwischendurch das Gefühl, dass die Bar ein wenig schwankt. Lars wirkt allerdings, als hätte er den gesamten Abend über nur an Mineralwasser genippt. Scheint ja gut im Training zu sein.
»Also was ist denn jetzt mit Yvonne?«, frage ich zum bestimmt fünften Mal nacheinander und gebe mir Mühe, noch halbwegs klar und deutlich zu sprechen.
»Mit Yvonne, ja«, Lars senkt vertraulich die Stimme. »Eigentlich dachte ich auch, dass ich mit ihr auf dem richtigen Weg bin, unser Kontakt zueinander war wieder ganz nett, und sie hat mich sogar gefragt, ob wir uns mal treffen wollen.«
»Aber? Das klingt doch gut, finde ich!« Lars setzt ein schiefes Grinsen auf, und ich frage mich, ob da eigentlich schon immer dieses bezaubernde Grübchen auf der rechten Wange war oder ob es mir gerade zum ersten Mal auffällt. Nur mit Not kann ich den Impuls unterdrücken, eine Hand nach seinem Gesicht auszustrecken und ihm über die Stelle zu streicheln. Ich muss mal dringend ein Wasser ordern, bevor ich komplett die Kontrolle über mich verliere.
»Hm.« Mehr sagt er nicht.
»Nun erzähl schon«, bohre ich weiter nach, »so schlimm kann’s doch gar nicht sein.«
»Kann es doch.« Er steht plötzlich auf und setzt sich zu mir auf die Bank, so dicht, dass sich unsere Arme berühren. »Ich habe mit einem Mal gemerkt, dass meine Gefühle ganz woanders sind.«
»Woanders?«
»Ja.« Er nickt und kommt mir mit seinem Gesicht so nahe, dass ich seine Wärme spüren kann. Schnell rücke ich etwas von ihm ab, greife nach meinem Glas und trinke den Inhalt in einem Zug aus. Mitsamt dem zerstoßenen Eis.
»Aha«, meine ich kauend, »das ist … äh … interessant.« »Pia.« Er nimmt mir das Glas weg, stellt es entschlossen auf den Tisch und ergreift dann meine Hand. Fühlt sich angenehm und weich an, zur gleichen Zeit aber auch irgendwie bestimmend und männlich. »Merkst du das denn nicht?«
»Was soll ich merken?«
»Meine Güte, Pia!« Er gibt einen unwilligen Laut von sich, dann lässt er meine Hand los und umfasst stattdessen mein
Gesicht. »Ich hab mich total in dich verknallt, das müsste dir doch langsam mal klar sein!«
»Häh?«, bringe ich einigermaßen begriffsstutzig hervor. »Wir sind doch nur Pflichtdates, denke ich.« Doch noch während ich das sage, fühle ich, dass es natürlich nicht die Wahrheit ist. Geknistert hat es von Anfang an, nur habe ich mir so große Mühe wie möglich gegeben, es zu ignorieren.
Ob’s an den Cocktails liegt oder woran auch immer, aber als ich jetzt seine warmen Hände an meinem Gesicht spüre, fließe ich schon wieder dahin, wie es mir ja schon fast einmal in seiner Wohnung passiert wäre. Ich denke an Barbara und Jens und wie
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