Voll auf Ex-Kurs Roman
unverbindlich«, wagte ich mich mit klopfendem Herzen einen Schritt weiter vor. Jetzt lachte Basti kurz auf.
»Ich würde doch mal sagen, das kommt schwer auf die Richtung an, oder?«
»Und in welche Richtung sind wir unterwegs?« Seufzend legte er wieder beide Arme um mich, zog mich an sich heran und gab mir einen langen Kuss.
»Kleine«, nuschelte er dann in mein Ohr, »wenn du es unbedingt hören willst, lass es mich so formulieren: Du bist meine Freundin. Okay?«
Freundin. Er hatte es gesagt. Freundin, Freundin, Freundin! Prompt wurde ich von einer heißen Gefühlswelle durchspült – das war der glücklichste Moment meines Lebens!
Tja. Und von diesem Moment an ging es mit Basti und mir eigentlich nur noch bergab.
»Sie können also die Druckfreigabe erteilen.« Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch, als Roland Behrmanns Stimme an mein Ohr dringt.
»Äh, wie bitte?«
»Für den Prospekt, Frau Weiland.« Mein Boss mustert mich leicht ungnädig.
»Den Prospekt?«, echoe ich.
»Sie erinnern sich vielleicht, die Werbebeilage für Müllermanns Baumärkte, die Sie betreuen und die nächste Woche
ins Abendblatt soll«, stellt er nun ironisch fest, und Barbara unterdrückt sichtlich angestrengt ein Kichern.
»Ach, so, ja«, stottere ich, » der Prospekt.«
»Genau«, bestätigt mein Boss. »Der Kunde hat mich eben auf dem Handy angerufen und die Freigabe erteilt, kann also alles in Druck gehen. Wie gehabt, 250.000 Exemplare, die Druckerei soll die Prospekte dann direkt an den Verlag liefern.«
»Ich kümmere mich drum«, stelle ich eilig fest und ziehe wie zur Bestätigung meines nun sofort einsetzenden Arbeitseifers die Computertastatur näher zu mir heran.
»Bestens«, meint Roland Behrmann, nickt mir und Barbara noch einmal zu, bevor er entschwindet. Dreißig Sekunden später steckt er noch einmal seinen Kopf in unser Büro. »Übrigens, Frau Weiland: gute Arbeit! Zwar keine Sternstunde der Literatur, aber für die Müllermanns Baumärkte doch durchaus ausreichend.« Vielen Dank, was für ein Lob! »Als Nächstes kümmern Sie sich dann um die Urkunden und die Internetseite für die Apfelpatenschaften?«
»Natürlich«, erwidere ich und lächele ihn süßlich an. Noch so ein Hammer-Etat, den ich aufs Auge gedrückt bekommen habe: Ein Obstbauer im Alten Land hatte die Idee, dass man bei ihm für fünfzig Euro pro Jahr eine Patenschaft für einen Baum übernehmen kann. Dafür bekommt man dann eine schicke Urkunde, wird zu Events wie Erntefesten und Schnittkursen und Trallala eingeladen und erhält am Ende dann sämtliche Früchte, die sein »Patenkind« trägt. Tja, und diese Urkunde soll nun ich zusammen mit der Webseite mit einem freien Grafiker entwerfen; Barbara ist bei diesem Job natürlich raus, ihr gibt der Chef nur immer die schicken Sachen, die irgendwas mit Mode oder Lifestyle zu tun haben. Ich seufze. Eine wirklich tolle Aufgabe für mich, da werde ich dann wohl gleich mal in den sauren Apfel beißen.
Als ich um kurz nach acht völlig erledigt – die Äpfel haben mich echt fertiggemacht – die Tür zu meiner Wohnung in der Semperstraße aufschließe, blinkt mir freudig mein Anrufbeantworter entgegen. »Basti!«, ist mein erster Gedanke. »Träum weiter!«, mein zweiter. Und so ist es dann auch: Die vier Nachrichten stammen 1. von meiner Mutter, 2. von Philip, 3. von meiner Mutter, 4. von meiner Mutter.
Mamas Anrufe ignoriere ich geflissentlich, denn ich habe nur wenig Lust, nach einem langen Arbeitstag noch eine Grundsatzdiskussion zum Thema »Warum hast du deinen Mann verlassen?« zu führen. Das einzige Thema, das meine Mutter seit einem Jahr parat hat, denn sie ist der Ansicht, dass ein Mann, der nicht säuft und einen nicht schlägt oder betrügt, doch wunderbar und perfekt ist. Meine Versuche, ihr erklären zu wollen, dass das ja aber nicht alles sein kann und dass es für eine glückliche Beziehung vielleicht noch zwei, drei klitzekleine Kleinigkeiten braucht, habe ich mittlerweile resigniert eingestellt. Stattdessen rufe ich den Nicht-Säufer, Nicht-Schläger und Nicht-Betrüger an.
»Hallo, ich bin’s«, sage ich, nachdem Philip ans Telefon gegangen ist.
»Na, meine Schöne? Wie geht’s?«
»Nenn mich nicht so«, maule ich.
»Warum denn nicht?«
»Weil du mir damit ein schlechtes Gewissen machst.« Er lacht.
»Weshalb? Weil du schön bist?«
»Erstens bin ich das nicht, und zweitens … ach, ich bin heute einfach scheiße drauf.«
»Das dachte ich mir schon«,
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