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Voll daneben

Voll daneben

Titel: Voll daneben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. L. Going
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weiter.
    »Ich gehe jetzt rein«, wiederhole ich.
    »Mmhm.«
    »Du könntest wenigstens Tschüss sagen.«
    Sie legt ihren Stift hin und sieht mich aufgebracht an.
    »Gut«, sagt sie schließlich.
    »Gut?«
    »Ja.«
    »Gut.«
    »Super.«
    »Okay.«
    »Tschüss.«
    Diesmal gehe ich wirklich ins Haus. Ich stapfe mit festen Schritten ins Wohnzimmer und werfe mich auf die Couch, die zur Hälfte mit Sachen zugemüllt ist. Pete kommt rein, bleibt stehen, weicht zurück, bleibt erneut stehen, und kratzt sich am Kopf.
    »Ist irgendwas nicht in Ordnung?«
    »Nein«, sagte ich mit fester Stimme. »Alles bestens.«
    Aber in Wirklichkeit ist gar nichts bestens.

17
    » BITTE KOMM IN MEIN BÜRO . Mach die Tür hinter dir zu.«
    Ich betrete den winzigen Raum des Schulberaters.
    »Steck ich schon wieder in Schwierigkeiten?«
    »Nein. Du steckst nicht in Schwierigkeiten. In diesem Schuljahr rede ich mit allen Schülern über ihre Zukunftspläne und wie sie sie umsetzen können. Sag mir: Was möchtest du mal werden?«
    Vor meinen Augen taucht ein Bild vom Laufsteg in Paris auf, und ich erinnere mich wieder daran, wie sich die Farben und Lichter angefühlt haben, aber ich vergesse das Bild schnell wieder.
    »Dieses Leben ist nichts für dich«, sagt Dad immer, und Mom hat es auch schon zu mir gesagt. »Ach, Li, das Modelgeschäft ist eine verrückte Sache. Wie wäre ein Beruf, bei dem du etwas mit den Händen machen kannst? Du baust doch so gern Sachen zusammen.«
    Ich bemühe mich, mir etwas einfallen zu lassen, was ich später werden könnte. Vielleicht Astronaut?
    »Was kannst du denn gut, Liam?«, fragt der Schulberater und beugt sich vor. »Welche Begabungen hast du?«
    Mir fallen keine Begabungen ein, die ich habe. Also versetze ich dem Stuhlbein einen Tritt und sage unsicher: »Ich bin sehr beliebt.«
    Der Schulberater gluckst.
    »Beliebt sein ist keine Begabung«, sagt er. »Ich brauche etwas Greifbares. Machen dir Mathematik oder die Wissenschaften Spaß?«
    » Nein«, sage ich mit gerunzelter Stirn. »Was meinen Sie denn mit ›etwas Greifbarem‹?«
    »›Greifbar‹ bedeutet, dass etwas einen Zweck erfüllt. Eine Bedeutung hat. Beliebt zu sein bedeutet nichts anderes, als dass die Leute dich vielleicht mögen.«
    Vielleicht? Aber sie mögen mich doch ... oder nicht? Könnte es sein, dass sie nur so tun?
    »Du musst dir eine andere Fähigkeit aussuchen«, sagt der Schulberater. »Etwas, das dir dabei helfen kann, die Tür zu deiner Zukunft aufzumachen.«
    Sobald er es ausgesprochen hat, begreife ich endlich, was Dad meint, wenn er sagt, ich würde meine Zukunft aufs Spiel setzen. Jetzt erkenne ich das Bild ganz deutlich ... meine Zukunft ist eine verschlossene Tür.
    Nach dem Gespräch mit Darleen beschließe ich, nicht länger beliebt zu sein. Ich sehe mich in Petes Mobilheim um, das voller Glam-Rock-Platten, gestreifter Stoffe, Chipskrümel, leerer Bierdosen und langweiliger brauner Paneelen ist, und mir wird klar, dass es genau das ist, wovor Dad mich immer gewarnt hat.
    Das hier ist meine Zukunft: aufs Spiel gesetzt.
    Möglicherweise ist es schon zu spät, um das Ruder noch einmal herumzureißen. Aber vielleicht ist dieser Einzug in Tante Petes Mobilheim der Weckruf, den ich gebraucht habe, wie Dad es immer nannte. Meine letzte Chance, etwas aus meinem Leben zu machen.
    Statt meines gewöhnlichen Morgenrituals stehe ich daher am Montagmorgen vor dem Spiegel und kämme mir die Haare, damit sie so platt wie möglich anliegen. Ich habe zwar keinen Haarwirbel, aber ich versuche, einen zu erzeugen. Das ist schwerer als es klingt, und man braucht dazu eine Menge Haargel und einenverrosteten alten Lockenstab. Tante Pete hat zufällig einen unter dem Waschbecken versteckt. Als ich den platten Wirbel auf dem Hinterkopf endlich perfekt hinbekommen habe, sehe ich, wie Pete mich mit zusammengekniffenen Augen aus der Küche beobachtet.
    »Was machst du denn da?«, fragt er.
    »Ich mache mir die Haare, was denn sonst?«
    Er blinzelt noch angestrengter. Also lasse ich eine beiläufige Frage einfließen.
    »Wäre es okay, wenn ich von jetzt an mit dem Schulbus fahre? Es kommt doch ein Bus hier vorbei, oder?«
    Tante Pete runzelt die Stirn.
    »Du willst den Bus nehmen, statt dich von mir zur Schule fahren zu lassen? Als ich noch jung war, haben sich die meisten Oberschüler nicht mehr in den Schulbus gesetzt.«
    Ich zucke mit den Schultern.
    Pete will gerade Cornflakes in seine Schüssel schütten, hält dann aber inne und verzieht

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