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Voll daneben

Voll daneben

Titel: Voll daneben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. L. Going
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trotzdem.
    Ich gehe mit meinem Handy zum Picknicktisch und rufe ihn in der Firma an. Seine Sekretärin stellt mich durch.
    »Hi, Dad?«, sage ich. »Ich bin’s, Liam.«
    »Ja?« Irgendetwas an seinem zurückhaltenden Ton lässt mich vermuten, dass jemand in der Nähe seines Schreibtischs ist. Sein Ton und die Tatsache, dass er nicht auflegt.
    »Ich dachte, wir könnten vielleicht miteinander reden«, sage ich. »Ich bin schon eine Weile weg, und ich will mich dafür entschuldigen, was mit Delia passiert ist. Und dafür, dass ich Pete statt Gram und Gramps angerufen habe. Ich weiß, ich habe alles vermasselt. Wie immer.«
    Zuerst sagt Dad nichts. Dann räuspert er sich.
    »Es läuft wohl nicht so gut bei deinem Onkel, was?«
    Er klingt fast hoffnungsvoll.
    »Äh... alles bestens«, sage ich, auch wenn ich unsicher bin, ob es das ist, was er hören will.
    »Na klar«, sagt er. »Was willst du? Ich habe schließlich nicht den ganzen Tag Zeit.«
    Ich stottere herum und versuche, mich daran zu erinnern, warum ich ihn angerufen habe. Mit Dad zu reden bringt mich immer aus dem Gleichgewicht, weil er so viel klüger ist als ich. Er sagt Sachen, die zwei Dinge gleichzeitig bedeuten, und während ich darüber nachdenke, komme ich durcheinander. Das, was ich schließlich antworte, klingt dann dumm.
    »Ich frage mich, ob ich vielleicht wieder nach Hause kommenkann«, platze ich heraus, obwohl ich das gar nicht sagen wollte. »Es ist doch bloß noch ein Jahr, und ich habe meine Lektion gelernt. Echt wahr. Ich bin –«
    Dad unterbricht mich mitten im Satz.
    »Liam«, sagt er, »wir wollen hier nicht unsere Zeit verschwenden. Die Antwort lautet ›Nein‹. Du hast dich nicht gebessert. Du hast keine Lektion gelernt. Wir wollen die ganze Geschichte nicht noch einmal durchkauen.«
    »Dad ...«, fange ich an.
    »Ich lege jetzt auf«, sagt er. Ende der Diskussion.
    »Hast du überhaupt gemerkt, dass ich nicht mehr da bin?«, frage ich, nur um ihn durcheinanderzubringen. »Vermisst du mich überhaupt?«
    Doch ich weiß die ganze Zeit, dass er längst aufgelegt hat.
    Ich liege auf dem Picknicktisch und lasse den Kopf über die Tischkante hängen. Ich habe Ohrstöpsel in den Ohren und starre hinauf in die Wolken. Ich spüre, wie die warme Brise über mich hinwegweht.
    »Yohoho und ’ne Buddel voll Rum«, flüstere ich und lasse die Luft aus meinen Lungen entweichen. Ich versuche, tief durchzuatmen, um mich innerlich zu reinigen und wieder zu beruhigen – und das schaffe ich auch richtig gut –, bis sich jemand über mich beugt und mich anschreit.
    »Könntest du bitte etwas rücken?«
    Es ist ein beängstigendes Gefühl, wenn man mit dem Kopf nach unten hängt und jemand sich von hinten anschleicht. Vor Schreck falle ich fast vom Picknicktisch. Als ich versuche, meinen iPod leiser zu machen, drehe ich ihn aus Versehen noch lauter und muss mir die Stöpsel aus den Ohren reißen.
    »Fast hättest du mich umgebracht!«, sage ich, während ich michso schnell aufrichte, dass mir schwindlig wird. Darleen beugt sich über mich und offensichtlich tut es ihr kein bisschen leid.
    »Habe ich nicht«, sagt sie laut. »Du bist nur einen Meter vom Boden entfernt. Und du beschlagnahmst den ganzen Picknicktisch. Ich brauche etwas Platz.«
    »Entschuldige«, sage ich und rücke beiseite. Sie setzt sich so weit weg, wie sie nur kann.
    »Ich hab dich heute in der Schule gesehen«, füge ich hinzu, weil mir nichts Besseres einfällt.
    »Danke für die Neuigkeit.«
    »Ich wollte nicht andeuten, dass du dick bist. Ich meine neulich.«
    Sie kneift die Augen zusammen, sagt aber nichts. Nach einer langen Schweigepause sage ich: »Gibt es irgendwas, das du über mich wissen willst? Schließlich sind wir doch Nachbarn und so.«
    Sie schlägt ihren Zeichenblock auf und schüttelt den Kopf. »Du bist Petes Neffe.« Die Art, wie sie das sagt, klingt so, als hätte sie Schlechtes über mich gehört. »Sie haben dich zu Hause rausgeworfen, und jetzt brauchst du eine Unterkunft, bis dein reicher Vater dich wieder nach Hause kommen lässt.«
    »Woher weißt du das?«, frage ich.
    »Weil Eddie der Cousin meines Vaters ist. Eddie hat es meinem Vater erzählt, und Dad hat es mir erzählt. Er hat gesagt, dass du so was wie ein jugendlicher Krimineller bist, der nirgendwo bleiben kann, wenn Pete dich nicht aufnimmt. Anscheinend finden sie, ich sollte eine gute Tat begehen und besonders nett zu dir sein, aber ich glaube nicht, dass das nötig ist.«
    »Was?«, frage ich.

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