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Voll daneben

Voll daneben

Titel: Voll daneben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. L. Going
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taktvoll zu formulieren. Mom sagt immer, gute Stoffe werden nie reduziert.
    »Ganz selten«, sagt Eddie. Dann senkt er den Blick. »Die Sache ist nur, dass ich in manchen Monaten nicht genug Ware verkaufe. Ich habe es zwar mit Werbung versucht, aber nach Pineville kommen kaum Auswärtige, und ich glaube, viele der Einwohner bestellen ihre Sachen übers Internet.« Er klingt, als hätte er gerade zugegeben, dass die ganze Stadt Crack kauft. »Sie bestellen entweder bei JCPenney oder bei den Versandhäusern für die Landbevölkerung, die Oma-Unterwäsche mit gehäkelten roten, weißen und blauen Herzen verkaufen. Du weißt schon, was ich meine.«
    Ja. Die Ikonen des Kitsches.
    »Es ist nicht deine Schuld«, tröste ich ihn. »Manche Leute kann man eben nicht erreichen.«
    Er seufzt. »Ich bin sicher, es war auch nicht deine Schuld, dass du aus dem Bus geflogen bist«, sagt er. »Schließlich hast du die Zigarette ja nicht geraucht. Also hätte der Busfahrer wenigstens warten müssen, bis du sie anzündest.«
    »Die Sache ist die«, erkläre ich Eddie und beuge mich vor, »der Fahrer hat mich von Anfang an nicht leiden können. Er hat nicht vor Petes Mobilheim gehalten, und sobald ich dann eingestiegen war, hat er mir einen Vortrag gehalten, ich sollte ja keine Faxen machen. Dann hat er eine Bemerkung über die Band gemacht ...«
    An Eddies Gesichtsausdruck sehe ich, dass er sich vorstellen kann, was für eine Bemerkung das war.
    »Heißt der Fahrer zufällig Bernie?«
    Ich zucke die Achseln. »Weiß ich nicht. Es ist ein kleiner, gedrungener Typ mit riesigen Ohren.«
    »Ja, das ist Bernie.«
    »Kennst du ihn?«
    Eddie verzieht das Gesicht. »Ja.« Er legt seine Füße in den weißen Schlangenlederstiefeln auf der Theke ab und lehnt sich mit der Stuhllehne zurück. »Ich gebe es ja nicht gern zu, Süßer, aber das hier ist eine seeehr kleine Stadt. Jeder kennt hier jeden, und die meisten Leute kennen sich schon viel zu lange, wenn du weißt, was ich meine. Früher, als Orlando und ich noch zur Schule gingen, hat unser Freund Bernie uns grün und blau geschlagen. Aber dann sind wir gewachsen, und er ist klein geblieben, und als Petey während der Highschool hergezogen ist, haben wir die Band gegründet. Dafür hat er uns jahrelang gehasst. Es überrascht mich, dass er dich überhaupt in den Bus gelassen hat.«
    Ich trommle mit den Fingern auf die Theke.
    »Es war also gar nicht meine Schuld, dass er mich nicht mag?«
    »Ich fürchte, so ist es.«
    »Und wahrscheinlich hätte er mich sowieso aus dem Bus geworfen?«
    »Wahrscheinlich.«
    Das ist die beste Nachricht des Tages. Ich stehe auf und spüre, dass ich neue Energie schöpfe. »Ich hole uns jetzt was zum Frühstück«, sage ich, weil mein Magen laut knurrt. Dann fällt mir ein, dass ich gar kein Geld dabei habe.
    »Äh ... oder vielmehr schenke ich jetzt jedem von uns ein großes Glas Wasser ein.«
    Eddie öffnet die Kasse und gibt mir einen Zehn-Dollar-Schein.
    »Verprass ihn«, sagt er. »Am Ende der Straße ist Mae’s Pit Stop. Geh bis zur Post vor und dann rechts. Auf dem Rückweg geh wieder bis zur Post und dann links. Und verlauf dich bloß nicht!«

21
    » WIE WÄRE ES MIT DIESEM KLEID IM SCHAUFENSTER? «
    Mom hält ein Kleid hoch, das aus Italien importiert wurde. Es ist lang und eng, hat einen tiefen Ausschnitt und hinten eine Schnalle. Der Stoff hat die Farbe von Espresso mit einem Extraschuss Sahne.
    Ich rümpfe die Nase.
    »Was ist?«, fragt Mom. »Gefällt es dir nicht?«
    »Nicht im Schaufenster.«
    »Warum nicht? Ich liebe dieses Kleid. Ich würde es am liebsten selber tragen. Sieh nur, wie es in der Taille schmaler wird, und fühl mal den ...«
    Sie reicht mir eine Ecke Stoff, und sie hat recht. Er ist fast so weich, als wäre er flüssig.
    »Ich weiß, aber die Schnalle hinten ist das Beste am Kleid, und im Fenster wird keiner sie sehen.«
    »Hmm ...« Meine Mutter überlegt, als die Glocke am Eingang klimpert und Ms Brock eintritt. Sie ist eine unserer Lieblingskundinnen. Jung und unglaublich chic. Sie ist die persönliche Einkäuferin für ein paar der reichsten Leute von Westchester.
    »Ms B.«, sage ich, »würden Sie dieses Kleid kaufen?«
    Mom hält es so hoch, dass nur die Vorderseite des Kleids zu sehen ist. Ms. Brock prüft den Stoff und fährt mit der perfekt manikürten Fingerspitze den Ausschnitt entlang. Sie sieht mich an, und ich s chüttle ganz leicht den Kopf. Dann mache ich mit einem Finger eine kreisende Bewegung. Ms Brock

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