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Voll erwischt

Voll erwischt

Titel: Voll erwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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Lippen. Er steckte sie an und nahm einen tiefen Zug. Ein befriedigendes Gefühl machte sich breit, das zwar beruhigend wirkte, aber nicht von langer Dauer war. Er hustete heftig und schüttelte den Kopf; war wütend auf seine Lunge, daß sie nicht besser damit zurechtkam. Also ließ er die Zigarette aufs Gras fallen und bohrte sie mit dem Absatz in den Boden.
    Er ging zu dem Treffen. Ließ den Wagen stehen und lief zu Fuß quer durch die Stadt. Eine Frau in einem Hauseingang sah ihn scharf und lange an. Fast wäre er stehengeblieben und hätte sich bei ihr entschuldigt, daß er leider nicht Gene Hackman war. Der Gedanke fiel ihm wieder ein, Angst davor zu haben, sich in Jennie zu verlieben, und er betrachtete ihn distanziert. Als er ihm das erste Mal im Garten gekommen war, da hatte er ihn sofort vertrieben. Aber jetzt holte er ihn zurück. Angst war etwas, das Sam verstand. Eines der wenigen Dinge, die er verstand. Er war Alkoholiker. ANGST stand für Scheiß auf alles und verpiß dich!
    Es war nicht Sams Gruppe, aber andererseits war sie ihm auch nicht völlig fremd. Es waren zwölf Leute da, sechs Männer und sechs Frauen. Alle kannten sich, und Sam kannte bis auf zwei ebenfalls alle. Das Durchschnittsalter lag irgendwo zwischen dreißig und vierzig, und sie hatten sich alle, jeder einzelne von ihnen auf seine oder ihre eigene Art, Mühe gegeben, sich positiv darzustellen. Frisch geputzte Schuhe, eine gebügelte Bluse, Hosen mit sauberen Bügelfalten, tadellos aufgetragenes Make-up. Es waren alles durch und durch anständige Leute.
    Ein etwa fünfzigjähriger Mann löste sich von einer kleinen Gruppe und kam zu Sam herüber. «Wie geht’s?» fragte Sam.
    Der Mann lächelte. «Die letzten paar Tage bin ich in Selbstmitleid versunken. Aber ich komme drüber weg. Wie steht’s mit Ihnen?»
    «Ich bin trocken», sagte Sam. «Hab den ganzen Tag nichts getrunken.»
    «Kennen Sie den Unterschied zwischen einem normalen Trinker und einem Alkoholiker?»
    «Ist das wieder einer Ihrer berühmten Witze, Jed?»
    «Der normale Trinker sagt: , aber der Alkoholiker sagt: »
    Sam lachte. Den kannte er zwar schon, aber egal. Wenn jemand versucht, einen zum Lachen zu bringen, kannst du’s ruhig versuchen. Es kommt oft genug vor, daß es unmöglich ist zu lachen. Also solltest du besser jede Gelegenheit beim Schopf ergreifen. «Ich kann Ihnen leider keinen anbieten», sagte er zu Jed. «Mir erzählt anscheinend kein Mensch mehr einen Witz.»
    «Das liegt daran, daß Sie nicht mehr in Pubs gehen», meinte Jed. «Da werden die Witze erzählt. Die Leute tun so, als wären sie glücklich, damit sie sich nicht im Spiegel anschauen müssen.»
    «Vielleicht», sagte Sam, ohne sich festzulegen. Der Gruppenleiter ließ das Treffen beginnen, und Sam und Jed schlenderten zu ihren Stühlen. Jed berührte Sam an der Schulter und flüsterte: «Aber ich sag Ihnen trotzdem was.»
    «Was denn?»
    «Das hier ist der falsche Ort, wenn man einen anständigen Drink will.»
    Der Gruppenleiter bat eine Frau namens Janice, die unmittelbar neben Sam saß, die Präambel zu verlesen. Danach erzählte einer der beiden Männer, die Sam nicht kannte, wie sich der Alkohol auf sein Leben ausgewirkt hatte. Sam hörte nur mit einem Ohr zu, während er die zwölf Schritte las. Immer wieder kehrte er zum vierten Schritt zurück, bei dem es darum ging, eine «forschende und angstfreie moralische Bestandsaufnahme» von sich selbst zu machen. Habe seit Donna Angst, mich in jemanden zu verlieben... Aber warum? Falls du noch mal jemanden verlierst? Falls du dich wieder der Einsamkeit stellen mußt?
    In der Pause kamen noch Nachzügler, eine Frau, die sich laut entschuldigte. «Tut mir leid, Leute », sagte sie. « Flab heute morgen meine Socke nicht gefunden. Geschlagene zwei Stunden hab ich sie gesucht.» Sie lachte, und jemand nahm sie in den Arm. Ihr Mund war schlaff.
    Sam erinnerte sich an manchen Morgen, an dem er sein Auto nicht finden konnte. Er erinnerte sich, einmal eine Socke gesucht zu haben. Er erinnerte sich, morgens manchmal seine Beine nicht gefunden zu haben.
    Nach dem Kaffee erzählten einige der anderen, was sie beschäftigte. Jed versuchte es, aber er konnte sich nicht gut mitteilen, eigentlich konnte er nur Witze erzählen. Er sagte, er sei trocken, aber nicht nüchtern. «Knochentrocken.»
    Wie jedesmal hörten sie mit dem

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