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Voll erwischt

Voll erwischt

Titel: Voll erwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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ich gar nicht mitgekriegt», sagte er. Er ging zu Sam und kniete sich vor ihn, und Sam zog das Gesicht des Jungen auf seinen Schoß herunter und streichelte über seine Haare.
    «Weißt du, was ich dachte?» fragte Geordie.
    Sam nickte, aber in Wahrheit hatte er seinen eigenen Gedanken nachgehangen. Er hatte nicht die geringste Idee, was Geordie dachte.
    «Es ist schon ein echt gefährlicher Job», sagte Geordie. «Was wir tun. Ich meine, das wußte ich ja auch schon vorher, aber wenn dann so was wie das jetzt passiert, verändert es die Spielregeln. Als ich damals angeschossen wurde, da wußte ich, wie gefährlich es war. Aber jetzt muß ich denken, daß es sogar noch viel gefährlicher ist. Und ich denke auch so was wie, das Leben kann sich wirklich verdammt gut an einen ranschleichen. Du machst deinen Job eine Ewigkeit und denkst, es wird nie was passieren, und dann passiert eines Tages alles auf einmal, und wir sagen alle nur: O nein! So als wär’s einfach zuviel.»
    Sam lächelte den Jungen an und wollte seinen Arm drücken. Doch Geordie hatte sich aus seiner Reichweite entfernt. Geordie beugte sich nicht vor, um Sams ausgestreckter Hand entgegenzukommen, erkannte nicht, wie wichtig diese Berührung gewesen wäre.
    «Und ich hab letzte Nacht noch was gedacht», sagte Geordie. «Woher wußten die überhaupt, daß es Gus war? Die Polizei? Wenn er keinen Ausweis dabei hatte, woher wußten die dann, daß er es war?»
    «Purer Zufall», sagte Sam. «Der Bulle aus dem ersten Streifenwagen am Tatort hat Gus wiedererkannt. Sie sind sich mal bei einem oder zwei Jobs über den Weg gelaufen. Und aus irgendeinem Grund hat er ihn angesehen. Normalerweise sieht sich keiner eine Leiche genauer an. Ich meine, sie sehen einfach nur eine Leiche, das ist alles. Sie sehen nicht, wer die Leiche mal gewesen ist. Aber aus irgendeinem Grund hat dieser Bulle bemerkt, daß es Gus war.»
    «Hat er sie gevögelt, Sam?»
    Sam nickte gedankenverloren. «Ja», sagte er. «Ich weiß nicht, wieviel Marie weiß, also halt dich zurück, wenn du mit ihr sprichst. Ich glaube nicht, daß es noch sehr viel länger gelaufen wäre, mit diesem Ludendorff-Mädchen, meine ich, ist sogar gut möglich, daß er dort war, um Schluß zu machen.»
    «Glaubst du, dieser Typ hat ihn umgebracht? Dieser Norman?»
    «Er ist wohl der Spitzenkandidat», sagte Sam. «Aber ich weiß nicht, warum.»
    «Also müssen wir ihn finden», sagte Geordie. «Ihn aufspüren.»
    «Ich glaube, er wird sich von selbst zeigen», sagte Sam. «Besonders wenn er denkt, wir hätten etwas, das er haben will.»
    «Willst du, daß ich mich in der Stadt herumtreibe?» fragte Geordie. «Ich kann nur die Augen offenhalten. Wenn ich ihm über den Weg laufe, folge ich ihm, wohin er auch geht. Was hältst du davon?»
    «Mehr können wir im Augenblick nicht tun», sagte Sam. «Aber sei vorsichtig, Geordie. Wenn er derjenige ist, der Gus und diese Deutsche umgebracht hat, dann ist er ein harter Brocken.»
    «Was auch für mich gilt», sagte Geordie. «Die Leute halten mich für dumm, aber bei einer Personenüberwachung bin ich noch nie entdeckt worden. Ich bin ein echtes Naturtalent. Ich operiere im toten Winkel von dem Kerl.» Er kniete sich hin und streichelte Barneys Fell gegen den Strich. «Aber du nimmst den Hund mit», fuhr er fort. «Barney ist wegen Gus auch traurig. Aber die Leute erkennen es nicht, weil er ein Hund ist.»
    «Ja», sagte Sam. «Ich werde ihn mitnehmen.»
    «Wohin denn? Wo willst du hin?»
    «Zuerst zu Marie», antwortete Sam. «Bleibe ein bißchen bei ihr. Falls danach noch was vom Tag übrig ist, möchte ich mich mit Jennie treffen.»
    Geordie stand einen Moment in Gedanken versunken da, dann griff er nach seiner Jacke. «Dann wirst du also nichts trinken», sagte er. Und er ging zur Tür und hinaus und zog sie hinter sich zu.
    «Nein», sagte Sam, allein jetzt bis auf Barney. «Ich werde nichts trinken.»
     
    Sie trug ein schwarzes Kleid, eher ein Hänger, der kurz oberhalb der Knie aufhörte. An den Füßen weiche schwarze Pumps. Keine Socken oder Strumpfhose. Ihre Beine wirkten sehr weiß und unberührt im Kontrast zu ihrer schwarzen Kleidung. Falten hatten sich in ihr Gesicht gegraben, und da waren auch Spuren alter Tränen. Dahinter jedoch lag eine tiefer sitzende Wunde, die aus Trauer gemeißelt war. Ihre Augen hatten dunkle Ringe, waren verquollen und reagierten unsicher auf jede kleinste Veränderung des Lichts, jede schnelle Bewegung. Die Pupillen waren klein

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