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Voll erwischt

Voll erwischt

Titel: Voll erwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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herauszureißen.
    Aber sein Blick wurde unweigerlich immer wieder zu der Stelle gezogen, wo Gus ausgestreckt auf dem Boden lag, und er sah, daß es bereits zu spät war, denn Gus war ersetzt worden durch Donna, und sie war nicht tot. Ihre Augen waren zwar geschlossen, aber ihre Brust hob und senkte sich, hob und senkte sich mit jedem Atemzug. Sie würde weiterleben. Aber solange sie lebte, würde sie ihre Augen nicht mehr öffnen. Sie würde weiterleben, aber solange sie lebte, würde sie nie auch nur ein Wort von dem hören, was er zu sagen hatte, und sie würde ihm nie antworten.
    Und hinter ihr war die Buchenhecke, und in dieser Hecke befand sich ein frisch gestrichenes Gartentor mit einem Riegel und einer Amsel darauf. Und Sam wollte nicht durch dieses Tor gehen, denn er wußte nur zu gut, daß auf der anderen Seite der Leichnam seiner Tochter Bronte liegen würde. Aber er hatte keine Wahl, sosehr er auch nicht gehen wollte, seine Beine trugen ihn bereits zu dem und durch das Tor. Und da lag das ganze gottverdammte Elend in einem kleinen verrenkten Haufen vor ihm auf dem Gras.
    Die Welt war voller Heiler. Die Welt war voller Priester der einen oder anderen Sorte. Sie war voller Wunder anderer Leute; voller wunderbarer und lebensbejahender Geschichten und Legenden. Alles war möglich. Man mußte nur daran glauben. Man mußte glauben und man mußte beten, und dann würde schon alles in Ordnung kommen.
    Sam betete.
    Er beerdigte seine Tochter. Er ließ Donna im Koma im Krankenhaus zurück, und er ging hinter dem Leichenwagen mit dem winzigen Sarg, und er beerdigte Bronte. Und er verließ den Friedhof und kehrte ins Krankenhaus zurück und setzte sich ans Bett seiner Frau und nahm ihre Hand, und er betete.
    Manchmal nachts wurden seine Gebete inbrünstig, und schweißgebadet wurde ihm klar, daß er gar nicht mehr betete - er bettelte. Zuerst bettelte er um alles, er wollte beide zurückhaben. Er wollte, daß sie lebten und bei ihm waren. Dann begriff er, daß Bronte niemals zurückkehren würde, und er bettelte nur noch um Donnas Leben. Daß sie wieder völlig gesund wurde.
    Aber am Ende, damals, bevor er die Arzte bat, die lebenserhaltenden Systeme abzuschalten, bettelte er nur noch darum, daß sie die Augen aufschlug. Sie mußte ja gar nichts sagen. Nur ein paar Sekunden die Augen aufmachen, vielleicht eine Minute, damit sie sich ein letztes Lebewohl sagen konnten.
    Aber Gott war nicht zu Hause. Er hörte nicht zu. Niemand hörte zu, denn niemand konnte wirklich helfen. Bronte war unwiederbringlich tot und in der Erde begraben, und Donna würde niemals mehr blinzeln, geschweige denn die Augen öffnen und Lebewohl sagen. Für beide gab es keine Zukunft. Eine Zukunft gab es nur für Sam.
    Jetzt wurde er gekreuzigt. Seine rechte Schulter wurde ans Kreuz gedrückt, und sie hämmerten den Pflock hindurch. Er machte die Augen auf und sah Jennies Gesicht ganz nah vor sich. Sie schüttelte seine rechte Schulter, und hinter ihr sagte Celia: « Laß ihn, Jennie. Wahrscheinlich hat er letzte Nacht nicht geschlafen.»
    Jennie lächelte und gab ihm einen Kuß auf die Stirn. «Du hast geweint», flüsterte sie. «Schläfst wie ein Murmeltier und weinst dir die Augen aus. Dachte schon, du würdest womöglich ertrinken.»
    Celia zog Jennie zur Seite und schaute auf Sam hinab. Sie schüttelte den Kopf. «Was für ein Anblick», sagte sie. «Du siehst aus, wie ich mich fühle.» Sie sah Jennie an. «Du könntest ihm eine Tasse Tee machen», sagte sie. «Es sei denn, er trinkt lieber Kaffee. Ich muß mich eine Weile hinlegen und ausruhen.» Sie warf einen letzten Blick auf Sam. «Du solltest mal darüber nachdenken, in einem ordentlichen Bett zu schlafen», sagte sie.
    Sam stand auf. «Ich habe von Zigaretten geträumt», log er. «Den ganzen Tag habe ich nicht an Zigaretten gedacht, und dann träume ich davon. Gehen Sie nur, Celia, und ruhen Sie sich aus», sagte er. «Ich gehe mit Jennie einen Kaffee trinken. Danach lege ich mich auch hin.»
    Celia stemmte die Hände in die Hüften.
     
    «Versprochen», sagte Sam. «Großes Indianerehrenwort.»
    «Was ist passiert?» Jennie Cosgrave schaufelte einen Klumpen Kandiszucker in ihren Kaffee und stützte sich mit einem Ellbogen auf den Tisch. «Hast du irgendeine Ahnung, wer Gus erschossen hat?»
    «Am Tag davor hat er mit Geordie einen Burschen beschattet. Aber Geordie hat sich verlaufen. Gut möglich, daß Gus den Kerl immer noch beschattet hat. Mit Sicherheit wissen wir das aber

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