Voll gebissen
vor der Toilette und hatte nur einen Gedanken: Ich hatte jemanden umgebracht!
Ich dachte an die damalige Sache mit Faiths Freund Tyler, dass er völlig zerfetzt im Wald gefunden worden war, und schon wieder wurde mir übel. Apathisch starrte ich vor mich hin.
Ich bekam gar nicht mit, wie die Zeit verstrich und Liam auf einmal völlig aus der Puste in der Tür stand.
„Emma, was war denn los? Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte.“
„Du bist zu spät“, war meine karge Antwort.
„Zu spät für was?“ Liam kam näher und setzte sich zu mir.
„Du hättest gestern Nacht da sein sollen. Du hättest mich zurückhalten müssen! Ich bin ein Monster“, weinte ich bitterlich und ließ mich in seine Arme fallen.
„Ein Monster? Wie kommst du denn auf den Quatsch?“
Er schien wirklich nicht zu wissen, wovon ich redete.
„Sieh mich doch an“, schluchzte ich, „ich bin ein Mö rder!“
Behutsam strich er mir über den Kopf.
„Fass mich nicht an! Ich verdiene es nicht, dass du lieb zu mir bist.“ Ok, zugegeben. Meine melodramatische Seite hatte jetzt eindeutig Überhand genommen, doch die Sache war zu ernst, um auf die leichte Schulter genommen zu werden. Egal, ob ich was dafür konnte oder nicht.
Liam hörte trotzdem nicht auf, mich zu streicheln. „Emma, wenn du das so siehst, sind wir alle Mörder“, ve rsuchte er mich zu beruhigen, doch dadurch wurde es nur noch schlimmer.
„Ich will aber kein Mörder sein!“, antwortete ich patzig und heulte nur noch mehr.
„Emma …“, doch ich ließ ihn nicht ausreden.
„Das Blut! Es schmeckt nach nichts!“
Liam sah mich prüfend an, als ob er immer noch nicht verstanden hätte.
„Das Blut!“, wiederholte ich – nochmal für total Bescheuerte – „Es ist nicht zuzuordnen!“
Liam machte daraufhin große Augen – na endlich verstand er! Hatte ja auch lang gedauert! – und fing dann an zu lachen.
Entsetzt schaute ich ihn an. „Findest du das etwa lustig?", brüllte ich ihn direkt an, doch Liam lachte nur noch mehr.
„ Die Familie wird genauso um die Person trauern, wie wir um Tyler! Weißt du nicht mehr, wie traurig das war? Vielleicht habe ich auch einen Familienvater auf dem Gewissen! Oder eine Mutter mit drei kleinen Kindern!“, sagte ich, in der Hoffnung, sein Gewissen erreichen zu können.
„Die Familie?“, fragte er und lachte nur noch lauter. „Familienvater? Mutter von drei Kindern?“ Liam klopfte sich auf den Schenkel. Tränen stahlen sich aus seinen Augenwinkeln, so herzhaft lachte er.
„Sag mal, bist du pervers, oder sowas?“, fragte ich, völlig schockiert von seinem unsensiblen Verhalten. Endlich machte er Anstalten, sich dazu zu äußern. Erwartungsvoll blickte ich ihn an.
„Also ,. ich weiß nicht, ob dein Opfer männlich oder weiblich war. Aber man kann schon sagen, deinem Äußeren nach zu urteilen, hast du es bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt.“
Ich riss die Augen auf. Wie konnte er jetzt noch sowas sagen? Noch mehr Salz in die Wunde streuen? Oder hatte ich das verdient? War ich ein unheimlich gemeiner blu trünstiger Werwolf, schlimmer als alle anderen?
„Emma“, er nahm meine Hände und hielt sie fest, sein wippender Oberkörper verriet, dass er sich innerlich immer noch schlapplachte (sowas Unmögliches!), „ich weiß nicht, inwiefern Hühner umeinander trauern. Wenn du den Hahn gekillt hast, werden die Hennen gewiss traurig sein. Solltest du eine Henne massakriert haben, ist bestimmt das ein oder andere Ei der schutzlosen Härte des Lebens ausgeliefert, aber bitte glaube mir, man wird dir das verzeihen.“
Ich blickte Liam verwirrt an.
„Das ist zumindest kein Grund, sich die Pulsadern aufzuschneiden, oder sich von der nächstbesten Brücke zu stürzen.“
„Hühner?“, war das einzige, was mir dazu einfiel. Ich schniefte und wischte mir die Tränen aus den Augen.
„Ja, Hühner. Was hast du denn gedacht?“
„Aber … das Blut. Es schmeckt nach nichts. Ich kann es nicht zuordnen.“
„Es ist kein Menschenblut“, versicherte Liam mir.
„Woher willst du das wissen?“
„Ich bin schon etwas länger im Geschäft. Ich kann es riechen.“
Ich nickte langsam. Dann wurde mir plötzlich etwas klar. „Man kann es riechen?“, polterte ich los, „und warum musste ich es dann nochmal PROBIEREN?“
Liam fing erneut an zu lachen. „Ich bitte dich , Emma. Das betreffende Tier zu riechen ist was für Fortgeschrittene. Es zu erschmecken ist die Anfängervariante. Und auch damit scheinst du noch
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