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Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sag’s nicht. Du bist gerade eingetroffen. Hier ist alles so neu für dich. Du weißt nicht, was du jetzt anfangen sollst. Du hast Hunger und kein Geld. Stimmt’s?«
    »Ja! Woher weißt du das?«
    »Alle fangen so an. Und du möchtest einen Job bei den Streifen, habe ich recht?«
    »Bei den Streifen?«
    Die Augen der jungen Frau rollten in ihren schwarzen Ringen.
    »Bei den beweglichen Bildern!«
    »Oh…« Ja, das ist es, fuhr es ihm durch den Sinn. Bis eben wußte ich es nicht, aber jetzt ist es mir plötzlich klar. Ja. Deshalb bin ich hier. Warum komme ich jetzt erst drauf?
    »Ja«, sagte er. »Ja, das möchte ich. Einen Job. Bei den Streifen. Äh, wie geht man dabei vor?«
    »Man wartet und wartet. Bis man entdeckt wird.« Die Frau musterte Victor mit unverhohlener Verachtung. »Wie wär’s, wenn du es zunächst als Tischler versuchst? Holy Wood braucht Leute, die Holz zusammennageln.«
    Dann wirbelte sie herum und verschwand in der Menge der geschäftig hin und her eilenden Leute.
    »Äh, danke!« rief ihr Tugelbend nach. »Danke.« Er hob die Stimme und fügte hinzu: »Ich hoffe, das mit deinen Augen wird bald besser!«
    Er tastete nach den Münzen in seiner Tasche.
    Nun, Tischlerei kam nicht in Frage – das klang nach Arbeit. Er hatte es einmal ausprobiert, und schon nach kurzer Zeit hatten das Holz und er eine Übereinkunft getroffen: Er rührte es nicht mehr an, und es verzichtete darauf, immer wieder zu splittern.
    Warten schien hingegen auch auf Dauer gar nicht so schlecht zu sein, doch es erforderte Geld.
    Victors Finger berührten einen kleinen, rechteckigen Gegenstand in seiner Tasche. Er zog das Objekt hervor und betrachtete es erstaunt.
    Silberfischs Karte.
     
    Die Adresse Holy Wood, 1, bezog sich auf zwei Schuppen hinter einem hohen Zaun. Eine lange Schlange hatte sich vor dem Tor gebildet, bestand aus Trollen, Zwergen und Menschen. Einige Anzeichen deuteten darauf hin, daß sie schon seit einer ganzen Weile vor dem Zaun standen. Einige von ihnen strahlten eine so natürliche Deprimiertheit aus, daß es sich vielleicht um direkte Nachkommen der ersten prähistorischen Schlangensteher handelte.
    Am Tor wachte eine große, kräftig gebaute Gestalt und beobachtete die Schlange mit der Selbstgefälligkeit eines Mannes, der – zumindest ein bißchen – Macht ausüben konnte.
    »Entschuldige bitte…«, begann Victor.
    »Heute morgen stellt Herr Silberfisch niemanden mehr ein«, knurrte der Mann aus dem Mundwinkel. »Verzieh dich.«
    »Aber er hat mich hierher eingel…«
    »Habe ich nicht gesagt, daß du dich verziehen sollst, Freundchen?«
    »Ja, aber…«
    Die Tür im Zaun öffnete sich einige Zentimeter weit, und ein blasses Gesicht spähte nach draußen.
    »Wir brauchen einen Troll und zwei Menschen«, verkündete es. »Für einen Tag. Das übliche Honorar.« Die Tür schloß sich wieder.
    Der Torwächter straffte die Gestalt und wölbte zwei narbige Hände trichterförmig vor dem Mund.
    »Also gut, ihr Narren!« donnerte er. »Ihr habt’s gehört!« Er blickte an der Schlange entlang, wie ein Viehzüchter, der seine Auswahl traf. »Du, du und du«, brummte er und streckte die Hand aus.
    »Entschuldige«, sagte Victor freundlich. »Ich glaube, der Mann dort steht weiter vorn…«
    Er wurde zur Seite geschoben, und die drei Glücklichen hasteten zum Zaun. Tugelbend glaubte zu beobachten, wie glitzernde Münzen den Besitzer wechselten. Dann wandte ihm der Torhüter ein zorniges rotes Gesicht zu.
    »Du«, grollte er. »Ans Ende der Schlange mit dir. Und da bleibst du!«
    Victor starrte ihn mit großen Augen an. Er sah zur Tür. Und er sah zu den vielen niedergeschlagen wartenden Leuten.
    »Äh, nein«, erwiderte er. »Lieber nicht. Trotzdem herzlichen Dank.«
    »Hau ab!«
    Victor lächelte, wanderte am Zaun entlang und folgte seinem Verlauf. Die Lattenbarriere endete an einer schmalen Gasse.
    Tugelbend suchte im Müll, der in der Gasse herumlag, fand ein Stück Papier und krempelte die Ärmel hoch. Anschließend begann er mit einer sorgfältigen Inspektion des Zauns und entdeckte schon nach kurzer Suche zwei lose Bretter, die er weit genug beiseite schieben konnte, um durch die Lücke zwischen ihnen zu schlüpfen.
    Er gelangte auf ein Gelände, wo Bauholz und Stoffballen lagerten. Niemand hielt sich hier auf.
    Victor ging los, in eine Aura der Entschlossenheit gehüllt. Soviel hatte er schon gelernt: Wenn man die Ärmel hochgekrempelt hatte, einen Zettel in der Hand hielt und entschlossen wirkte,

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