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Voll Speed: Roman (German Edition)

Voll Speed: Roman (German Edition)

Titel: Voll Speed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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macht er es doch. Am Ende sind Erdmännchen eben nur Tiere: Reflexe unterdrücken is nich. »Und was machen wir jetzt?«, fragt er.
    »Nichts«, sage ich. Ist ein Test.
    »Okay«, gibt er zur Antwort.
    »Rufus!«
    »Hier.«
    »Natürlich machen wir nicht nichts. Das hier ist eine menschliche Leiche. Und wir sind Detektive. Also ist das hier ein Fall. Und wir machen als Nächstes was ?«
    Am Ende setzt Rufus’ Gehirn doch wieder ein: »Ich hab den Beeper an Bord. Meinst du, wir sollten Phil anpiepsen?«
    »Das hielte ich für eine großartige Idee, Rufus.«

Kapitel 3
    Rufus und ich sitzen auf dem großen Hügel unseres Geheges, warten auf Phil und lassen unseren Gedanken freien Lauf. Also, wir sitzen nicht ganz oben – der höchste Punkt ist dem Clanchef und seinem Weibchen vorbehalten –, aber direkt unterhalb des ersten Vorsprungs. Von den anderen Clanmitgliedern verteilt sich ein halbes Dutzend auf die strategisch wichtigen Positionen innerhalb des Geheges und hält Wache. Oder sie tun so. Im Falle von Andi beispielsweise, der eigentlich den Grenzzaun zu den Fenneks im Auge behalten soll, genügt mir ein flüchtiger Seitenblick, und ich weiß: Alles, was der im Auge hat, ist der zugegeben ausnehmend adrett gestreifte Hintern von Natalie, die sich vorne auf der Wiese in einem herbstlichen Sonnenflecken räkelt, seit Stunden ihre Krallen putzt und ihrem Bruder aus dem dritten Wurf im Minutentakt verstohlene Blicke zuwirft.
    Womit klar sein dürfte, worüber Rufus so nachdenkt: Natalie. Seine Verlobte. Quasi. Seit ihrer Entführung und der darauffolgenden Befreiungsaktion sind sie offiziell ein Paar. Was Natalie nicht davon abhält, mit praktisch allen geschlechtsreifen Männchen im Clan rumzumachen. Außer mit Rufus. Ich kann den Groll praktisch spüren, der von ihm aufsteigt, diese nagende Eifersucht. Wie heißer Wasserdampf. Doch was soll ich sagen? Mir geht es auch nicht viel besser. Sofern die Zoobesucher mir nicht die Sicht verstellen, habe ich von unserem Platz aus freie Sicht auf Elsas Gehege.
    Elsa.
    Elsa.
    Elsa.
    Es heißt, schon das Fell ihrer Mutter sei so flauschig gewesen, dass der russische Präsident sich aus ihr eine Mütze habe nähen lassen. Für seine Geliebte. Und dass er seine Geliebte am liebsten begattet, wenn sie nichts trägt als diese Mütze. Elsas Vater dagegen soll im Moskauer Chinchilla-Ballett getanzt haben. Was für eine schaurig-sinnliche Genkombination! Ich habe inzwischen herausgefunden, dass Elsa selbst, bevor sie in den Zoo kam, mit ihrer älteren Halbschwester als Jazzsängerin unterwegs war. Was hätte ich darum gegeben, eins von ihren Konzerten zu erleben! Alleine ihre rauchige Stimme zu hören, wie sie mit mir spricht, ist so, als würde mir jemand von hinten in die Kniekehlen treten.
    Seit Stunden – so lange warten Rufus und ich bereits darauf, dass Phil erscheint – versuche ich, Elsas Blick einzufangen, in die unergründliche Tiefe ihrer schwarzglänzenden Augen einzutauchen. Und wenn es nur für einen kurzen Moment wäre. Doch leider ist nicht nur ihr Körper makellos, sondern auch die Konsequenz, mit der sie mich nicht zur Kenntnis nimmt. Manchmal schaffe ich es, mir einzureden, dass das ein gutes Zeichen ist: Wer sich so sehr bemüht, sein Gegenüber zu ignorieren, der muss doch tiefer gehende Gefühle für ihn empfinden. Ist nur Wunschdenken, schon klar, aber anders wäre es einfach nicht auszuhalten.
    Vorübergehend lenkt Rufus meine Aufmerksamkeit von meinen Problemen auf seine: »Alles reduziert sich schließlich auf die Begierde und die Abwesenheit von Begierde«, seufzt er gedankenverloren und versucht vergeblich, seinen Blick von Natalie abzuwenden.
    Glücklicherweise wird er, bevor er an seinem Selbstmitleid ersticken kann, von einem schwarzen Gegenstand am Kopf getroffen.
    Kommt vor – dass wir von Zoobesuchern beworfen werden. Am beliebtesten sind Kronkorken, Feuerzeuge und das ungeliebte Obst aus den Brotbüchsen der Schüler. Diesmal jedoch ist es kein Feuerzeug, auch wenn es im ersten Moment so aussieht. Es ist – Rufus hält inne, als er es aufhebt – Phils Beeper.
    Den Beeper in der Klaue und zu perplex, um etwas zu sagen, blickt Rufus zum Zaun hinüber. Und tatsächlich: Da steht er. Phil. Der wahrscheinlich einzige Mensch, der Erdmännisch versteht. Warum, das hat bislang nicht einmal Rufus herausfinden können.
    »Tu das nie wieder«, raunt er.
    Ganz ehrlich: Ich wundere mich selbst darüber, wie sehr es mich freut, ihn zu sehen. Rufus

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