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Voll Speed: Roman (German Edition)

Voll Speed: Roman (German Edition)

Titel: Voll Speed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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seinem letzten Leben eine Rundschwanzseekuh gewesen zu sein. In diesem hat er dann Beine, eine Brille und einen Anzug dazubekommen. Unwillkürlich frage ich mich, wie sein Schreibtisch wohl aussieht und was er möglicherweise als Stuhl benutzt. Der klobige Kopf mit der aufgesetzten Kinnspitze geht nahtlos in den Hals über, der wiederum nahtlos in den Körper übergeht. Überhaupt schwer zu sagen, wo bei Wandlitz ein Körperteil anfängt und ein anderer aufhört. Wie bei einer Seekuh eben.
    Er hat sich noch nicht richtig auf seinen Platz gezwängt, da ruft er bereits nach der Bedienung. »Brauch keine Karte«, erklärt er und bestellt sich ein Hüftsteak, vierhundert Gramm, blutig. Dazu ein großes Bier. Anschließend faltet er seine Serviette auseinander und klemmt sie zwischen Oberschenkel und Tischkante.
    »Wie geht’s?«, fragt er.
    »Dein Anruf war eine ziemliche Überraschung …«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    Danach passiert erst wieder etwas, als die Bedienung kommt und seinen Teller vor ihm abstellt. Ganz ehrlich: Ich hatte mir vierhundert Gramm deutlich kleiner vorgestellt. Von diesem Fleischlappen könnte Tebogo, der Kappengeier, mühelos eine komplette Trockenzeit überleben.
    Mit Inbrunst sägt und schneidet der Kommissar ein üppiges Stück aus seinem Steak, versenkt es im Mund und beginnt zugleich zu kauen und zu sprechen: »Dass wir Boris aus der Kanalisation gezogen haben, hab ich dir ja schon am Telefon erzählt.« Er pikt mit dem Messer, das sich in seiner Hand wie ein Zahnstocher ausnimmt, kleine Löcher in das blutige Fleisch. »Sieht so aus, als sei er besoffen in einen unzureichend gesicherten Kanalschacht gefallen und ertrunken.«
    »Wie bitte?«, unterbricht ihn Phil.
    »Klingt sonderbar, ich weiß. Aber eine Fremdeinwirkung ist nicht zu erkennen. Und jemand, der ihm ans Leder wollte, auch nicht. Hinzu kommt, dass der Gute zum Todeszeitpunkt ungefähr zweieinhalb Promille auf dem Kessel hatte. Da tritt man schon mal daneben.«
    »Und fällt in einen Gully?«
    Ernie sägt sich das nächste Stück aus seinem Elefantenohr. »Gibt eine Kneipe – ›Der dünne Wirt‹. Unten am Savignyplatz. Bekannt für ihre Auswahl an Obstbränden. Scheint so, als ob Boris dort an der Bar in letzter Zeit gerne seinen Kummer betäubt hätte. Du weißt ja: Erst die Geschichte mit Mirjam, dann gibt er die Detektei auf … Und am Schluss die Sache mit Tibor Nagy … Du hast davon gelesen?«
    Phil gibt einen bestätigenden Laut von sich. »Hab ein Foto in der Zeitung gesehen: Boris stand daneben, als sie Nagy umgelegt haben. Sah nicht gut aus.«
    »Bei so was siehst du nie gut aus.« Der Kommissar spült das Bild mit einem Schluck Bier hinunter. »Was lässt er sich auch von einem wie Nagy anheuern …« Er stopft Fleisch nach. »Dann verlierst du noch deinen Job, die Presse schießt sich auf dich ein, weil du ein Verhältnis mit der Frau deines Arbeitgebers hattest … Du weißt, was ich meine: Wenn man da ist, wo Boris war, braucht es nicht mehr viel, um unten aufzuschlagen. Ich meine, Herrgott, ich würde nicht mal ausschließen, dass er vorsätzlich da reingefallen ist.« Jetzt ist es Ernies Gabel, die das Steak perforiert. »Gibt eine Baustelle in der Carmerstraße. Kanalarbeiten. Ist nur einen Steinwurf vom ›Dünnen Wirt‹ entfernt. Die Spurensicherung ist vor Ort. Wir gehen davon aus, dass es ihn dort erwischt hat.«
    Selbstvergessen murmelt Phil: »Stürzt in einen offenen Kanalschacht …«
    »… und landet in der Scheiße«, bringt Ernie den Gedanken zu Ende.
    »Shit happens.«
    »Shit happens.«
    Phil nippt an seinem Wasser, Ernie sägt sich ein weiteres Stück aus seinem Steak. Dann blickt mein Partner dem Kommissar offen ins Gesicht: »Mal abgesehen davon, dass du herausfinden wolltest, ob ich dir nicht doch Informationen vorenthalte«, sagt er, »weshalb erzählst du mir das alles?«
    »Um ehrlich zu sein.« Ernie spült seinen Mund so weit aus, dass er Worte formen kann, ohne dass sein Steak wieder auf dem Tisch landet. »Ich weiß, es ist lange her, aber ihr ward ein gutes Team, damals. Freunde. Daran musste ich denken, als ich Boris’ Leichnam gestern vor mir hatte. Er war kein schlechter Typ. Eine ehrliche Haut. Nur ist er irgendwann abgerutscht und hat keinen Halt mehr gefunden.« Jetzt ist es wieder Ernies Messer, das sich an dem Rind zu schaffen macht. Selbst Geier behandeln tote Tiere mit mehr Respekt. »Die medizinischen Untersuchungen sind abgeschlossen. In zwei Tagen wird er

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