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Voll Speed: Roman (German Edition)

Voll Speed: Roman (German Edition)

Titel: Voll Speed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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Er legt den Rückwärtsgang ein, um den Wagen zu wenden.
    »Fischstäbchen«, wiederhole ich tonlos und ziehe dabei ebenso vorsichtig wie unauffällig die Krallen meiner rechten Pfote aus der Armauflage. Ich habe mich bei Phils Manöver gerade instinktiv festgeklammert. Glücklicherweise ist er so beschäftigt, dass er nichts merkt.
    »Brisante Informationen haben wir damals im Tiefkühlfach gelagert, versteckt in Fischstäbchenpackungen. Ist nur schon eine halbe Ewigkeit her. Deswegen habe ich bei unserem ersten Besuch in Boris’ Wohnung nicht daran gedacht.« Phil hat den Wagen gewendet und setzt den Blinker, um zurück in Richtung Osten zu fahren. »Wollen doch mal sehen, ob du mit deiner Vermutung richtigliegst.«

    Boris’ Wohnung ist inzwischen polizeilich versiegelt worden.
    »Streck mal dein rechtes Vorderbein zur Seite!«, bittet Phil.
    Ich tue es und sehe nun aus wie eine Kaffeekanne.
    »Und jetzt bitte mal kurz die Luft anhalten!«
    Ich atme ein. Phil umfasst meine Taille, hebt mich hoch und durchtrennt dann in aller Seelenruhe mit meinen Krallen das behördliche Siegel.
    Als er mich wieder auf dem Boden abgesetzt hat, bin ich so verdutzt, dass ich einen Moment brauche, um meine Sprache wiederzufinden. »Du hast mich da gerade als lebende Gartenschere benutzt«, sage ich beleidigt.
    »Ganz genau. So hat die Spurensicherung wenigstens was zu tun. Mir kämen die sofort auf die Schliche. Bei dir ist das anders.« Er zieht Latexhandschuhe über und öffnet die Tür. »Oder hast du vielleicht ein Vorstrafenregister, von dem ich noch nichts weiß?«
    Er zieht die Schuhe aus und betritt die Wohnung. Ich dackele schmollend hinterher.
    Dass die Polizei alles durchsucht hat, ist nur anhand weniger Details zu erkennen. Es riecht nicht mehr so muffig wie bei unserem ersten Besuch. Ich vermute, jemand hat durchgelüftet. Ich erklimme die Kommode und stelle fest, dass auch die beiden halbvergammelten Äpfel aus der staubigen Keramikschale verschwunden sind. Derjenige, der gelüftet hat, wollte wohl auch noch vermeiden, dass hier bald die Fruchtfliegen Pearl Harbour spielen. Ich betrachte die über der Kommode hängenden Bilder in ihrem Aluminiumrahmen. Dabei fällt mir etwas auf.
    »Die Bilder hängen schief«, rufe ich in Richtung Küche, wo Phil bereits damit beschäftigt ist, das Tiefkühlfach zu plündern.
    »Was hängt schief?« Er klingt genervt.
    »Die Bilder im Flur«, rufe ich. »Die waren ganz akkurat ausgerichtet. Jetzt hängen sie schief.«
    Phil erscheint. Er hat sein Sakko ausgezogen und die Hemdsärmel aufgekrempelt. »Völlig normal. Die Spurensicherung hat sie abgenommen. Hätte ja sein können, dass sich hinter einem der Fotos ein Safe verbirgt. Oder was anderes. Du würdest dich wundern, wie oft es vorkommt, dass die Leute hinter irgendwelchen Kunstwerken brisante Papiere verstecken.«
    Ich schaue zu den Bildern, dann wieder zu Phil. Klingt einleuchtend.
    »Bist du schon fertig mit dem Tiefkühlfach?«, will ich wissen.
    Er nickt.
    »Und?«
    »In der Spinatpackung habe ich Spinat gefunden und in dem Beutel mit Suppengemüse war … Suppengemüse«, erwidert Phil und krempelt seine Hemdsärmel herunter.
    »Lass mich raten! In der Fischstäbchenpackung waren Fischstäbchen.«
    »Falsch. Es gibt überhaupt keine Fischstäbchen. Nur Spinat und Suppengemüse.«
    »Ist das verdächtig?«, frage ich, ohne lange zu überlegen.
    Phil, der gerade dabei ist, seine Manschetten zuzuknöpfen, was sich aufgrund der Latexhandschuhe etwas schwierig gestaltet, hält inne und sieht mich an. »Das ist absolut verdächtig, Ray! Wir müssen nach jemandem suchen, der mit einer Packung angetauter Fischstäbchen auf der Flucht ist.«
    Ich versuche, die Frotzelei gelassen zu nehmen. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, sagt Ma immer. Noch so einer unserer protestantischen Lehrsprüche. Kann ich Phil nicht verdenken, dass er frustriert ist, weil sich eine weitere Hoffnung zerschlagen hat.
    Trotzdem rebelliert irgendetwas in mir bei dem Gedanken daran, den Fall endgültig zu den Akten zu legen. Mag ja sein, dass wir mit der versteckten Nachricht im Tiefkühlfach auf dem Holzweg waren. Aber irgendetwas hier kann uns einen Hinweis liefern. Darauf würde ich glatt meine gemütliche Laptoptasche inklusive Reggae-Halstuch verwetten.
    »Vielleicht haben wir was anderes übersehen«, überlege ich.
    Phil zieht sein Sakko über. »Dein detektivischer Spürsinn in allen Ehren, Ray, aber wir sind wieder da, wo

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