Voll Speed: Roman (German Edition)
denken, dann reißt mich der Gong aus meiner Lethargie.
Es sieht aus, als wäre Bosan Kuritz dem Titelverteidiger physisch unterlegen. Während der amtierende Europameister ein kantiger und kräftig gebauter Athlet ist, wirkt Nagys Mann wie ein schlaksiger Schuljunge.
Die beiden tänzeln eine Runde umeinander, dann schlägt der Europameister zu. Zwei schnellen Körperhaken folgt ein Wirkungstreffer am Kopf. Kuritz taumelt, fängt sich aber gleich wieder. Die Halle bebt.
Man sieht, dass Nagys Mann wütend über die Treffer seines Kontrahenten ist. Kuritz blickt in seine Ecke, wo nun im Licht des Ringes der Glatzkopf erscheint, der eben in Piroschkas Suite war. Mit beruhigenden Gesten versucht der Trainer, Kuritz zu besänftigen: Jetzt nur nichts überstürzen.
Doch als der Herausforderer sich wieder seinem Gegner zuwendet, wirkt Kuritz’ Blick seltsam abwesend. Zugleich ist sein Gesicht wutverzerrt. Ohne Deckung marschiert Nagys Boxer auf den Europameister zu und verteilt eine Salve blitzschneller Schläge. Der Europameister knickt ein, fällt aber nicht. Die Zuschauer johlen, viele springen auf.
Nach vorn gebeugt, versucht der Titelverteidiger, mit dem Ellbogen seine kurze Rippe zu schützen und zugleich die Deckung so gut wie möglich oben zu halten. Offenbar hat Kuritz ihm einen schweren Körpertreffer verpasst. Nagys Boxer setzt nun einen Haken an. Der Schlag trifft den Titelverteidiger mitten im Gesicht und ist so heftig, dass der Boxer ein paar Zentimeter vom Boden gehoben wird, bevor er mit einem lauten Krachen auf die Bretter geht. Die Halle tobt, der Ringrichter zählt den Boxer an, doch es ist bereits klar, dass es nach dem heutigen Abend einen neuen Europameister geben wird.
Phils Kopf dreht sich zum Ring. Ich sehe, dass er dem Blick von Piroschka folgt, die aufgestanden ist und jemandem zunickt. Offenbar gilt die Geste Kuritz’ Trainer, der nun ebenfalls nickt, bevor er sich ein Handtuch über die Schulter wirft und den Ring besteigt, um seinen Schützling, den neuen Europameister, zu beglückwünschen.
Piroschka wendet sich ab und geht ins Innere der Suite, wo ihr einer ihrer Bodyguards bereits den Mantel hinhält.
Phil springt auf und schultert seine Tasche.
Kapitel 17
»Frau Nagy ist nicht zu sprechen.« Einer von Piroschkas Bodyguards schiebt Phil zurück in den Gang, der zum VIP-Bereich führt. Wir stehen an einer der Eingangstüren zur Tiefgarage. In Sichtweite wartet Piroschkas schwarze Limousine mit laufendem Motor. Die Witwe hat gerade im Fond Platz genommen. Ihr zweiter Bodyguard lässt die Wagentür ins Schloss fallen und wendet sich mit den Worten »Gibt’s Probleme, Bruno?« seinem Kollegen zu.
»Keine Sorge, es dauert nicht lange«, erwidert Phil, schiebt die Hand von Bruno zur Seite und will einfach an ihm vorbeigehen. Der Kerl reagiert blitzschnell und hebelt meinem Partner mit einer energischen Bewegung den Arm auf den Rücken. Phil stöhnt auf. Der Bodyguard presst sich so fest gegen Phils Umhängetasche, dass mir die Luft wegbleibt. Instinktiv jage ich dem Angreifer meine Krallen in die Flanke und hoffe, dass Phil sich dadurch befreien kann. Aber das geht leider schief.
»Verdammt! Der Typ hat ein Messer oder so was!«, ruft der Bodyguard, ohne seinen eisernen Griff auch nur ein bisschen zu lockern. Mit ein paar schnellen Schritten ist sein Kollege bei uns. Den Anlauf nutzt er, um Phil mit Wucht einen fiesen, harten Tritt in die Magengegend zu verpassen. Mein Partner sackt mit einem dumpfen Schmerzenslaut zu Boden. Ich lande mitsamt der Umhängetasche in einer Ecke, wo ich sehen kann, wie der erste Bodyguard einen winzigen roten Fleck auf seinem Hemd bemerkt. Dort, wo ich ihn mit meinen Krallen erwischt habe, hat sich ein Tropfen Blut gebildet. Es ist nicht mehr als ein Kratzer, aber trotzdem ist der Typ mächtig wütend.
»Guck dir das an, du Drecksau! Das Hemd hat zweihundert Mäuse gekostet«, brüllt der Bodyguard und tritt dann wütend auf Phil ein, bis sein Kollege einschreitet. »Lass gut sein, Bruno. Er hat genug.«
Die beiden Kerle verschwinden, und die Limousine rollt davon.
Phil braucht eine paar Minuten und einen tiefen Zug aus seinem Flachmann, um wieder auf die Beine zu kommen.
»Tut mir leid, dass ich den Typen wütend gemacht habe«, sage ich. »Ich wollte dir nur helfen.«
»Schon okay«, erwidert Phil. »Ist nicht deine Schuld. Ich hätte damit rechnen müssen. Im Boxgeschäft ist man nun mal nicht zimperlich.« Er dreht seinen Flachmann zu und
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