Voll Speed: Roman (German Edition)
nicht, was in dem Brief stand?«
Sie schüttelt den Kopf. »Der Brief war versiegelt und nur für mich bestimmt. Ich gehe davon aus, Tibor wollte, dass ich ihn im Fall der Fälle der Polizei übergebe.«
»Aber das hast du nicht getan«, mutmaßt Phil.
Sie lächelt, als hätte sie eine kleine Unartigkeit begangen. »Ich habe Schmidtbauer angerufen und ihm gesagt, dass es den Brief gibt, ich ihn aber verbrennen werde. Ich wollte, dass der Kerl mich in Ruhe lässt. Und ich wollte, dass wir den Europameistertitel holen, denn auf diese Weise bekomme ich für Tibors Stall mehr Geld, als ich jemals im Leben ausgeben kann. Jetzt ist alles unter Dach und Fach, und in ein paar Tagen bin ich weg.«
»Und den Brief hast du tatsächlich …?«
»… verbrannt, ja.«
»Und Boris?«
»Ich habe ihm gesagt, dass der Brief nur persönliche Informationen enthalten hätte. Nichts Brisantes und nichts, das Boris irgendetwas anginge. Außerdem hab ich ihm nach dem Attentat einen großen Batzen Geld angeboten. Genug, um irgendwo ein neues Leben anzufangen.«
»Aber er hat dir nicht geglaubt.«
»Offensichtlich nicht. Ich hatte allerdings keine Ahnung davon, dass er auf eigene Faust weiterermitteln würde.«
»Woher weißt du jetzt, dass er es getan hat?«
»Bist du nicht deswegen hier?«, fragt sie verblüfft. »Ich dachte, Boris hätte dich irgendwie auf die Fährte gebracht.« Mit einem provozierenden Blick fügt sie hinzu: »Oder bist du doch meinetwegen gekommen?«
Ich sehe, wie die Hormone in Phils Körper gerade Karneval in Rio feiern, und finde, dass mein Partner sich dafür ganz gut im Griff hat.
»Eins möchte ich noch wissen«, bittet Phil.
»Mich würde viel eher die Frage interessieren«, flüstert sie, »warum wir nicht endlich miteinander vögeln?«
Phil hustet heiser, bewahrt aber mühsam die Fassung. Zumindest dürfte es von vorne so aussehen. Im Profil ist ganz gut zu erkennen, dass es mit seiner Fassung nicht weit her ist – oder dass, wahlweise, seine Anspannung schon ganz schön weit fortgeschritten ist. »Wieso braucht man eigentlich mehr Geld, als man jemals im Leben ausgeben kann?«, fragt er.
»Das ist so meine Art«, haucht sie und lässt ihren Morgenmantel von den Schultern gleiten. Er ist so leicht, dass er langsamer als ein Ahornblatt zur Erde schwebt. »Ich will immer alles. Und immer alles im Überfluss.«
Phils letzter Widerstand ist gebrochen. Während er auf Piroschka zustürzt, reißt er sich Hemd und Hose vom Leib.
»Alles klar, Partner!«, rufe ich ihm hinterher. »Viel Vergnügen! Und lass dir Zeit! Ich bin ja hier und halte Wache.«
Er hat mich selbstverständlich nicht gehört. Seine Wahrnehmung ist auf Piroschka reduziert, und alle Körpersysteme, die jetzt nicht unbedingt zum Lebenserhalt gebraucht werden, sind auf Sex umgeschaltet. Im Moment unterscheidet sich Phil nur wenig von einem liebestollen Springbock. Aber irgendwie finde ich es auch beruhigend, dass die Menschen am Ende des Tages genauso ihren Instinkten ausgeliefert sind wie alle anderen Wald- und Steppenbewohner.
Während ich aus der Tasche krabbele, kann ich Phil und Piroschka durch eine große Fensterfront in das hellerleuchtete Wohnzimmer stolpern sehen. Beide sind inzwischen völlig nackt, verschlingen sich in Küssen und landen so auf dem superfluffigen Riesenteppich vor dem Kamin. Der brennt gerade nicht, aber wie es aussieht, könnten die beiden es locker schaffen, das Ding mit der Hitze ihrer Körper zu entzünden. Immerhin werden Phil und die scharfe Witwe von einem Teil der Sofalandschaft verdeckt. Das finde ich ganz angenehm, denn für ein Erdmännchen sind zwei Menschen beim Sex kein sehr appetitlicher Anblick. Ehrlich gesagt, ist es für einen Fellträger sogar ziemlich eklig, zwei überdimensionalen Nacktmulchen beim Paarungsakt zuzusehen.
Lange währt meine Freude darüber, dass mir eine Sexszene erspart bleibt, leider nicht, denn plötzlich taucht hinter der Sofalandschaft Phils Hintern auf, um gleich danach wieder zu verschwinden, erneut aufzutauchen, wieder zu verschwinden und so weiter. Ich verstehe. Das könnte eine Weile dauern, denke ich, zumal Phil unter dem Einfluss des vielleicht weltbesten Dopingmittels steht. Ich beschließe, mir die Zeit mit Graben zu vertreiben. Piroschkas Zierrasen umzupflügen macht weniger Spaß, als ich gedacht habe. Meine Laune bessert sich erst, als ich auf die Idee komme, ihre Limousine zu zerkratzen. Beulen sind ja sowieso schon drin. Schließlich mache ich
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