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Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)

Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)

Titel: Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frau Freitag
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Schüler, die vier Tage unentschuldigt gefehlt haben – bei denen weiß ich ganz genau, dass sie krank waren und nur vergessen haben, ihre Entschuldigungen abzugeben.
    Dann gibt es drei Schüler mit drei Tagen, mehrere mit zwei Tagen und eine Reihe mit einem unentschuldigten Tag. Acht Schüler haben gar keinen Tag, an dem sie nicht von ihren Eltern eine Entschuldigung für ihr Fehlen bekommen haben. Da könnte man meinen: Super, hört sich doch gut an. Aber nix da! Selbst wenn die Schüler in der Schule sind, heißt es noch lange nicht, dass sie auch zum Unterricht gehen. Marcella hat zum Beispiel über siebzig einzelne Stunden geschwänzt. Meistens die ersten beiden morgens, dann aber auch gern mal die letzten. Es gibt nur sechs Tage in diesem Halbjahr, an denen sie weder zu spät kam noch eine Stunde zwischendurch gefehlt hat oder früher ging. Unter diesen sechs Tagen sind allerdings zwei Wandertage und eine Exkursion.
    Bei neunzehn Schulwochen kommen schnell mal sechzehn, siebzehn unentschuldigte Stunden zusammen. Das hört sich viel an, aber eigentlich heißt es nur, dass man einmal in der Woche morgens verschlafen hat oder keine Lust auf die letzte Stunde hatte.
    Aber das Geschrei ist groß. Einige Schüler realisieren wahrscheinlich erst jetzt, dass sich fünfundzwanzig geschwänzte Stunden auf dem Zeugnis bei der Bewerbung schlecht machen werden.
    In der Pause stehen drei empörte Schülerinnen vor mir: »Ich habe bestimmt nicht sooo viele Stunden gefehlt. Ganz sicher nicht!« Ich verspreche, alles noch mal nachzurechnen.
    In meiner Freistunde zähle und zähle ich und siehe da: Bei denen, die sich so massiv beschwert haben, habe ich mich doch tatsächlich auch massiv verrechnet. Die eine hatte das Pech, auf der Liste direkt unter Ayla zu stehen, und da bin ich wohl in der einen oder anderen Woche beim Zählen in der Zeile verrutscht.
    Ich setze mich an den Computer und korrigiere die Zahlen. Plötzlich überkommt mich eine große Milde: Na, werde ich mal nett sein und jedem zwei unentschuldigte Stunden abziehen. Bei fünf statt sieben mag das noch was bringen, aber ob man nun fünfunddreißig oder dreiunddreißig Stunden geschwänzt hat, wird den Arbeitgeber wohl kaum interessieren, oder?
    500 Freunde und eine Pinnwand
    »Worum geht es in dem Interview?«
    »Frau Freitag, das versteht man gar nicht.«
    »Jaaa, alles Englisch, ich habe gaaar nichts verstanden.«
    »Kinder, ihr wollt doch die Realschulprüfung machen. Wie wollt ihr denn die Englischarbeit schaffen, wenn ihr hier schon nichts versteht?«
    » Abo , das ist doch was anderes.«
    »Warum ist das was anderes? Da werdet ihr auch einen englischen Text hören und Aufgaben dazu lösen müssen. Und da stoppt niemand das Band nach jedem Satz – so wie ich eben gerade. Also Elif, tell us what the woman said about Facebook .«
    »Dass man chatten kann und mit Pinnwand …«
    » Elif, in English please! «
    »Mann, Frau Freitag. She say you can chatten and the Pinnwand.«
    » No, that’s not true. Don’t tell us what you think or know about Facebook. Please tell us what the woman said. «
    »Aber ich hab nichts verstanden.«
    »Dann Ayla. Can you tell us? «
    »Kein Plan.«
    So geht das die ganze Stunde. Ronnie macht erst gar nicht mit. Mit den Worten »Facebook ist behindert« verweigert er seit Beginn der Unterrichtseinheit jegliche Mitarbeit.
    Um die Schüler bei der Stange zu halten, um sie überhaupt erst mal in die Nähe der Stange zu bringen, setze ich mich auf meinen Tisch und fange an zu erzählen. Am Tonfall erkennen sie, dass es was Persönliches wird. Alle sind sofort ruhig und starren mich gebannt an.
    Ich fasse kurz den Inhalt des Interviews zusammen, das ja anscheinend NIEMAND außer mir verstanden hat: »Die Frau beschreibt, wie sich die Kommunikation in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert hat. Sie spricht über das Web 2.0, über Facebook und über mobile phones . Wie war das denn früher, als es noch kein Internet gab? Peter, das hatten wir letzte Woche. Seit wann gibt es das Internet?
    Ja, genau, seit 20 Jahren. Als ich also so alt war wie ihr, gab es das noch nicht. Fragt mal eure Eltern, wie das war. Wir saßen immer nur zu Hause, haben uns gelangweilt und hatten keine 500 Freunde und eine Pinnwand. Niemand wusste, was ich denke oder was ich gerade mache. Und es gab auch keine Handys. Wenn ich mal telefonieren wollte, dann hat sich mein Vater oft vom anderen Apparat aus dazugeschaltet, und dann war ich weg. Dann hat er mit

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