Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)
können wir nicht …«
Ich war schon oft mit meiner Klasse im Computerraum, und es gab immer welche, die ständig auf YouTube und Facebook oder auf den Onlinekatalog von H&M gingen. So schnell kann man gar nicht gucken, wie die sich hin- und herklicken.
Ein besonderes Phänomen an unserer Schule ist, dass jeder Schüler, sobald er vor einem Bildschirm sitzt, erst mal ein neues Hintergrundbild für den Monitor einrichtet. Es sind immer die Flaggen der Vorfahren. Wenn ich ihnen die Aufgabe erkläre, sieht es aus, als unterrichte ich im UN-Hauptgebäude bei einer sehr internationalen Sitzung.
Aber diese 7. Klasse denkt wohl immer noch: Abo , Frau Freitag – voll streng, mach ich lieber nicht Facebook.
Artig steigern sie Adjektive und werden sogar immer besser: »Super, Vanessa, du bist ja schon bei Level vier.« Lehrerstolz steigt in mir auf, denn ich scheine ihnen wirklich etwas beigebracht zu haben. Vanessa erklärt nur müde: »Das hatten wir schon in der Grundschule.«
Die Stunde läuft super, und ich erlaube ihnen noch nicht mal, in den letzten drei Minuten zu Facebook zu gehen. Erlaube ich meiner Klasse immer. Aber hier ist ja meine Devise – nicht zu schnell nachgeben, ich habe die schließlich noch in der Achten, Neunten und Zehnten.
Als ich nach Hause gehe, treffe ich den Klassenlehrer der Siebten: »Du, deine haben heute super mitgearbeitet. Wir waren im Computerraum.«
»Ja, sie haben mir erzählt, dass es ihnen viel Spaß gemacht hat.«
Computer sind echt eine tolle Erfindung. Vielleicht hätte ich Informatiklehrer werden sollen.
Frau Freitag interviewt Fräulein Krise
Fräulein Krise sitzt neben mir am Schreibtisch. Wir starren beide auf den leeren Bildschirm. »Also los, dann fang mal an«, sagt sie. Fräulein Krise, meine persönliche Pädagogik-Heldin, unterrichtet ja an einer anderen Schule, und sie ist schon viel länger im Schuldienst als ich. Alles, was ich kann, habe ich von ihr gelernt. Sie ist mein großes Vorbild. Deswegen möchte ich ihr mal ein paar Fragen stellen.
Frau Freitag: Macht dir dein Beruf eigentlich noch Spaß?
Fräulein Krise: Ja, eigentlich schon. Eigentlich, weil es natürlich auch manchmal Situationen gibt, in denen ich den ganzen Krempel hinschmeißen möchte. Aber ich gehe jeden Tag wohlgemut in die Schule und denke: Das ist mein Tag!
Freitag: Fräulein Krise, sag mal, warst du schon mal in einen Kollegen verknallt?
Krise: Nein! Lehrer sind unsexy.
Freitag: Hat nicht gerade ein Schüler beim Rücken-Stärken-Spiel auf deinen Pappteller geschrieben, du seiest eine SEXBOMBE?
Krise: Ja, aber der hat Wahrnehmungsstörungen. Der Arme.
Freitag: Habt ihr auch Referendare bei euch?
Krise: Natürlich.
Freitag: Ich war ja mal deine Auszubildende. Wie war ich?
Krise: Du warst unproblematisch. Und du hast mir immer tiefe Löcher in den Bauch gefragt …
Freitag: Wo sind die Löcher jetzt? Ich sehe keine.
Krise: Eine Wunderheilung … und du löcherst mich ja jetzt mit anderen Fragen, die geben mehr Schäden im Hirn.
Freitag: Warum willst du mich eigentlich nicht adoptieren?
Krise: Wegen der Erbschaft!
Freitag: Ich will doch gar nichts. Nur vielleicht die eine Couch.
Krise: Welche Couch?
Freitag: Die weiße.
Krise: Die kaputte? Die kannste haben, bring ich bei Gelegenheit mal mit.
Freitag: Weißt du, was ich gerne mal mit dir machen würde?
Krise: Ich höre?
Freitag: Ich würde so gerne mal zu so einem Kunstdingens in die Toskana, so eine Gruppenreise mit lauter Lehrern.
Krise: Das ist ein grauenhafter Gedanke, andererseits … das gäbe sicher krasse Geschichten!
Freitag: Diese Sommerferien? Oder Herbst?
Krise: Nächstes Jahr! Ich muss mich erst an die Vorstellung gewöhnen.
Freitag: Na, dann gewöhn dich erst mal daran. Hast du Bock auf Schule morgen? BIO!
Krise: Stöhn!
Freitag: Frag du doch auch mal was.
Krise: Frau Freitag, hast du dich schon mal in einen Schüler verliebt?
Freitag: Was ist das denn für eine Frage?
Krise: Gut, lassen wir das. Keine Antwort ist auch eine Antwort. Frau Freitag, ich wollte Sie immer schon mal fragen, ob Sie sich vorstellen könnten, einen anderen Beruf zu haben: Blumenverkäuferin oder Masseurin, oder so?
Freitag: Ja, ich würde gerne nachts die Briefe im Postamt stempeln und nach Postleitzahlen sortieren, aber ich fürchte, das macht mittlerweile eine Maschine. Aber irgendwas mit Stempeln und Ablage fände ich schön. Mit Büromaterial und so. Und du, möchtest du noch zum Zirkus?
Krise: Ja! Hier ein Aufruf:
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