Volle Deckung Mr. Bush
Schon bevor Bush seine Rede zur Lage der Nation gehalten und Powell dem Sicherheitsrat seine
»Beweise« für die Verbindung zwischen Saddam und Osama
vorgelegt hatte, erbrachte eine Meinungsumfrage von Knight-
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Ridder folgendes Ergebnis: Die Hälfte der Befragten nahm
irrtümlich an, mindestens einer der Flugzeugentführer des 11.
September sei irakischer Staatsbürger gewesen. Bush hatte das nicht einmal zu sagen brauchen.
Die Regierung Bush hatte es durch eine der dreistesten Lügen aller Zeiten geschafft, daß die amerikanische Öffentlichkeit Saddam und Osama miteinander zu verwechseln begann. Wenn
es gelang, die Amerikaner glauben zu machen, daß Saddam bei
dem Massenmord an fast 3 000 Menschen auf amerikanischem
Boden die Finger im Spiel gehabt hatte, dann konnte man auf
den Whopper mit den Massenvernichtungswaffen getrost
verzichten. Die Fahnen würden trotzdem wehen und die
Soldaten ihr Marschgepäck schnüren.
Natürlich ist das Problem bei dem Saddam/Osama-Whopper,
daß Saddam Hussein für Osama bin Laden ein Ungläubiger ist.
Hussein beging die Sünde, einen säkularen Irak zu schaffen statt eines muslimischen Staates, der von fanatischen Geistlichen
geführt wurde. Unter Saddam gab es in Bagdad Kirchen und
Moscheen und sogar eine Synagoge. Und er ließ Tausende und
Abertausende von Schiiten verfolgen und töten, weil sie für
seinen säkularen Staat eine Bedrohung darstellten.
Tatsächlich ist der wichtigste Grund, warum Saddam und
Osama einander nicht leiden können, derselbe, warum auch
Bush Saddam nicht mehr mochte: die Invasion in Kuwait. Bush
und Co. waren sauer, weil Saddam die Sicherheit unseres Öls
am Golf bedrohte, und Osama war sauer, weil wegen Saddam
amerikanische Truppen nach Saudi- Arabien und in die Nähe der heiligen Stätten der Muslime verlegt wurden. Das ist das größte Problem, das bin Laden mit uns hat - und ausgerechnet Saddam hat ihm das eingebrockt!
Saddam und Osama waren Todfeinde, und sie konnten ihren
gegenseitigen Haß nicht einmal überwinden, um gemeinsam die
USA zu besiegen. Also, wenn sie sich nicht einmal dazu
verbünden können, den großen Satan Bush zu vernichten, dann
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gehört DAZU schon eine Menge Haß!
Nr. 4: Der Whopper mit viel Zwiebeln und sauren Gurken:
»Saddam Hussein ist der böseste Mann der Welt!«
Okay, er war böse. Wirklich böse. Er vergaste Kurden und
Iraner, folterte Schiiten, folterte Sunniten, folterte zahllose andere, ließ seine Bevölkerung hungern und unter allen Arten von Mangel leiden, während er Geld hortete und seine vielen
Paläste gut mit Vorräten vom Feinsten versorgte (und mit einem Streichelzoo für seine gestörten, erwachsenen Söhne).
All das ist grauenhaft, und die Welt hatte recht, wenn sie
Saddam verabscheute und jeden Versuch der irakischen
Bevölkerung, ihn loszuwerden, unterstützte.
Nur daß es den USA leider vollkommen wurst war, wie
schlecht der Diktator sein eigenes Volk behandelte. So etwas hat uns noch nie interessiert. Tatsächlich mögen wir Diktatoren sogar! Sie helfen uns zu kriegen, was wir wollen, und sie leisten großartige Arbeit für uns, wenn sie dafür sorgen, daß ihre
Bevölkerung gegen die Beutezüge unserer multinationalen
Konzerne nicht rebelliert.
Wir haben eine lange und ruhmreiche Geschichte, was die
Unterstützung wahnsinniger Diktatoren und ihrer Regime
betrifft, unter der einen Voraussetzung, daß sie uns bei der Beherrschung der Welt nützlich sind. Offensichtliche Beispiele sind die Saudis und natürlich Saddam, aber es gibt auch noch andere Staaten, in denen wir die richtigen Leute unterstützt haben:
• Kambodscha: Nachdem die USA in den späten sechziger Jahren den Vietnamkrieg heimlich auf Kambodscha ausgedehnt
hatten, sahen sie tatenlos zu, wie das bereits schwer
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angeschlagene Land allmählich unter die Herrschaft von Pol Pot und seinen Roten Khmer geriet. Sie unterstützten diesen
Wahnsinnigen aus dem einzigen Grund, daß er gegen die
vietnamesischen Kommunisten war, die dem mächtigen
Amerika damals gerade eine totale Niederlage beibrachten. Und dann übernahm er die Macht und ließ Millionen seiner eigenen Landsleute ermorden.
• Kongo/Zaire: Die CIA bändelte schon früh mit Mobutu Sese Seku an und läutete damit eine Ära schrecklicher Gewalttaten ein, die bis heute andauern. Aus Angst vor dem nationalistischen Führer Patrice Lumumba brachten die Amerikaner Mobutu an
die Macht, schauten bei der Ermordung
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