Vollendet - Der Aufstand (German Edition)
sondern Vergebung. Nicht von Gott, denn der verzeiht alles. Und auch nicht von Menschen wie Marcus und Pastor Dan, die immer auf seiner Seite gewesen waren. Er brauchte die Vergebung einer unversöhnlichen Welt. Es musste ihm jemand verzeihen, der ihn früher verachtet hatte. Jemand wie Miracolina.
Erst als sein lautloses Schluchzen verklungen ist, redet sie wieder mit ihm. »Du bist so komisch.«
Er fragt sich, ob sie ahnt, welches Geschenk sie ihm gerade gemacht hat. Und er ist sich ziemlich sicher, dass sie es weiß.
Lev ist sich bewusst, dass seine Welt jetzt anders ist. Vielleicht liegt es an der Erschöpfung oder an dem Stress, aber in diesem ratternden, holpernden, dreckigen, nach Shampoo riechenden Laderaum fühlt sich sein Leben auf einmal an, als könnte es nicht besser sein.
Er und Miracolina schließen die Augen und schlafen ein. Zum Glück wissen sie nichts von dem braunen Kastenwagen mit eingedelltem Dach und geborstenem Seitenfenster, der dem Bus seit Tulsa folgt.
57.
Connor
»Hohe Kommunikationsdichte«, sagt Hayden zu Connor. »Sehr hohe Kommunikationsdichte.«
Hayden geht in dem engen Raum von Connors Jet auf und ab und stößt sich dabei mehr als einmal den Kopf an der Decke. Connor hat ihn selten so aufgeregt gesehen. Bis jetzt hatte er sich die Welt mit seinem Grinsen immer auf Abstand gehalten.
»Nur auf den Frequenzen der Polizei von Tucson oder auch auf denen der Jugendbehörde?«
»Überall«, antwortet Hayden. »Radio, E-Mail, auf jedem Kommunikationskanal, den wir abhören können. Die Analyseprogramme versetzen uns in höchste Alarmbereitschaft.«
»Das sind nur Programme«, erinnert Connor ihn. »Das heißt nicht unbedingt …«
»Es ist Kommunikation speziell über uns. Überwiegend Codes, aber die sind leicht zu knacken.«
Connor fragt sich, ob er Hayden mit seiner Paranoia angesteckt hat. »Beruhige dich einfach und erzähl mir die Einzelheiten.«
»Okay.« Hayden geht weiter auf und ab und versucht, langsamer zu atmen. »In den letzten zwei Wochen haben drei Häuser gebrannt. Drei Häuser in verschiedenen Vierteln von Tucson sind abgebrannt und sie machen uns dafür verantwortlich.«
Connors transplantierte Hand ballt sich zur Faust. Vielleich ist das die eiserne Faust, die der Admiral gemeint hat. Hatte Trace nicht gesagt, manche Leute seien ganz erpicht auf einen Grund für eine Razzia auf dem Friedhof? Und wenn sie keinen finden, wäre es leicht, einen zu konstruieren.
»Wo ist Trace?«, fragt Connor. »Wenn wirklich was läuft, dann müsste er es wissen.«
Hayden schaut ihn verwirrt an. »Trace? Warum sollte Trace was wissen?«
»Warum ist egal, aber er würde es wissen. Ich muss mit ihm reden.«
Hayden schüttelt den Kopf. »Er ist weg.«
»Was meinst du mit ›weg‹?«
»Seit gestern hat ihn niemand gesehen. Ich dachte, du hättest ihn mit einem Auftrag losgeschickt.«
»Verdammt!« Connor schlägt mit der Faust gegen die Wand, sodass die Fiberglasverkleidung des Privatjets bricht. Trace hat sich also endlich für eine Seite entschieden und ohne ihn haben sie keinen Fluchtplan. Nur Trace kann den Dreamliner fliegen.
»Es gibt noch mehr.« Hayden zögert, und Connor weiß, dass die folgenden Nachrichten nicht viel besser sind. »In allen drei Häusern haben Wandler gelebt. Und die Häuser brannten an dem Tag, bevor die JuPos sie ins Ernte-Camp bringen sollten. Ich hab nachgeschaut. Die Kids waren alle auf unserer Liste. Und alle drei waren Storche.«
»Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?«
Connor hält mit seinem Zorn nicht hinterm Berg, als er in die FitBo stürmt, wo Starkey trainiert, als wäre nichts passiert.
»Keine Ahnung, wovon du redest.«
»Den Teufel hast du!«
Um sie herum verlassen die anderen ihre Geräte und kommen in bedrohlicher Haltung näher. Erst jetzt merkt Connor, dass Starkey sich ausschließlich mit Mitgliedern des Storch-Clubs umgeben hat. Kein einziger anderer Jugendlicher hält sich in der FitBo auf.
»Wer von euch war dabei?«, will Connor wissen. »Wie viele sind so verrückt wie er?«
»Ich zeig dir mal was, Connor.« Starkey schlendert zu einem Jungen, der zugleich wütend und verängstigt aussieht. »Ich möchte dir Garrett Parks vorstellen, das neueste Mitglied des Storch-Clubs. Wir haben ihn letzte Nacht befreit.«
Connor betrachtet den Jungen: Er hat ein blaues Auge und eine geschwollene Lippe. Offenbar hat er bei seiner »Befreiung« einiges abgekriegt.
»Sie haben dein Zuhause angezündet. Das weißt du,
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