Vollendung - Thriller
Letztere nur für den Fall, dass er unterwegs über irgendwelches unwiderstehliche Material stolperte.
Die Aussicht darauf war jedoch gering – und auch seine Waffen würde er wohl kaum einsetzen müssen. Denn letzten Endes machte sich der Bildhauer keine Sorgen, dass ihn die Polizei jemals anhalten würde, auch nicht bei Tageslicht. Tatsächlich war es gut möglich, dass sie ihm sogar aus dem Weg gingen , denn eins der ersten Dinge, die der Bildhauer getan hatte, als er anfing, mit den Frauen zu experimentieren, war gewesen, ein wenig zusätzliche Autolackfarbe zu kaufen und das Logo des Channel 9 Eye-Teams auf die Seite seines Transporters zu kopieren.
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S am Markham saß am Schreibtisch des Arztes – das harte, rasende Pulsieren des Neonlichts schmerzte in seinen Augen, während er die Worte Ziergarten und Rhode Island in Google eingab.
»Aber was macht Sie so sicher, Sam«, sagte Bill Burrell und beugte sich über seine Schulter, »dass der Michelangelo-Mörder den Ort für seinen Bacchus im Internet entdeckt hat?«
»Etwas, das Reverend Bonetti über ihre gestohlene Pietà sagte – dass sie früher ein Bild davon auf ihrer Website hatten. Sie müssen Nachsicht mit mir haben – ich arbeite mich hier gewissermaßen von vorn nach hinten.«
Markham klickte auf eine Reihe von Links, dann tippte er, unzufrieden, die Worte » Earl Dodd« und Garten Watch Hill ohne Gänsefüßchen ein, kam aber immer noch zu keinem Ergebnis. Markham überlegte eine Weile, dann blätterte er in seiner Ausgabe von Die im Stein schlafen zu der Seite mit der Geschichte von Michelangelos Bacchus .
»›Der Bacchus war ursprünglich von Kardinal Raffaele Riario in Auftrag gegeben worden‹«, las er laut vor, »›der ihn nach seiner Fertigstellung mit der Begründung ablehnte, die Statue sei geschmacklos. Wir wissen, dass der Bacchus bis 1506 seinen Weg in eine Sammlung antiker römischer Skulpturen gefunden hatte, die Jacopo Galli, Michelangelos Bankier gehörte. Dort verblieb der Bacchus für rund siebzig Jahre und trotzte den Elementen in Gallis römischem Garten in Cancelleria, bis er 1576 von der Medici-Familie erworben und nach Florenz umgesiedelt wurde.‹«
Markham tippte die Worte römischer Garten und Rhode Island in die Suchmaschine.
»Na also«, sagte er und klickte das sechste Ergebnis von oben an. Der Link führte ihn zu einer Website namens Häuser der Elite. Ein paar weitere Klicks, und Special Agent Sam Markham hatte gefunden, wonach er suchte: ein einzelnes Foto von Earl Dodds Skulpturengarten – kein Name, keine Adresse, nur die schlichte Bildunterschrift: »Ein hübscher römischer Garten in Rhode Island – mit Blick aufs Meer!«
»Du lieber Himmel«, sagte Burrell. »Er muss wochenlang durch die Gegend gefahren sein, nur um den verdammten Garten zu finden.«
»Und es für nichts weniger als göttliche Vorsehung gehalten haben, als er herausfand, dass der Besitzer dieses römischen Gartens in der Finanzbranche jemand ist wie Jacopo Galli – mit weniger hätte er sich vermutlich auch nicht zufriedengegeben. Deshalb hat er solche Mühe auf sich genommen, die Statue dort auszustellen.«
Markham blätterte zu Cathys Kapitel über die Römische Pietà. Er überflog es und las dann laut vor. »›In solcher Weise, wenn der Leib Christi von dem natürlichen Licht beleuchtet wurde, das von oben einfiel, muss die Pietà an ihrem ursprünglichen Standort in der Kapelle St. Petronilla dem Besucher als physisch zugänglich und zugleich unberührbar erschienen sein; als stofflich und doch ohne Frage übernatürlich – wie der Erlöser selbst, körperlich und doch göttlich.‹«
»Sie suchen, wie er es vermutlich getan hat«, sagte Burrell. »Sie benutzen Hildebrants Worte, um Ihr Ziel zu finden, so wie er es Ihrer Ansicht nach getan hat.«
»Das Licht«, flüsterte Markham, während er tippte. »Es hat mit dem Licht zu tun.«
Natürliches Licht, das über Kapelle in Rhode Island einfällt.
Nichts.
Licht über Kapelle Rhode Island.
Nichts.
Kapelle Rhode Island.
Nichts – zu viele.
Markham ging in Cathys Abschnitt über die Pietà zurück – seine Finger fuhren über den Text wie die Nadel eines Lügendetektors.
Die Pietá ist deshalb ein ausdrucksstarkes und dekoratives Grabmonument, zugleich aber das vielleicht großartigste Andachtsbild, das je geschaffen wurde: ein privates Denkmal, das für einen Mann gebaut wurde, aber ein öffentliches Geschenk des Glaubens, das für die gesamte
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