Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vollendung - Thriller

Vollendung - Thriller

Titel: Vollendung - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
Sex – was mich zu etwas anderem führt, das du in Zusammenhang mit den Einflüssen zu Michelangelos Pietà geschrieben hast. Da heißt es: ›Eine andere mögliche Erklärung dafür, warum sich Michelangelo entschied, seine Madonna als junge Mutter zu porträtieren, ist, dass er stark von Dantes Göttlicher Komödie beeinflusst war. Wir wissen, dass der Künstler Dantes Werk nicht nur bewunderte, sondern auch eifrig studierte, er muss deshalb das Gebet des heiligen Bernhard in Canto 33 des Paradiso gekannt haben, das mit ›Jungfräuliche Mutter, Tochter deines Sohns‹ beginnt. Hier sehen wir die Beziehung der Jungfrau Maria zu ihrem Sohn gegen den der Heiligen Dreieinigkeit innewohnenden Widerspruch ausgespielt, in der Gott in drei Formen existiert: Vater, Sohn – Gottes Fleischwerdung als Jesus Christus – und Heiliger Geist. In diesem unbestreitbar ›inzestuösen‹ Zusammenhang gesehen, wenn Gott sowohl der Vater als auch der Sohn ist, ist die Jungfrau Maria sowohl Christi Mutter als auch seine Tochter und seine Frau. Man könnte dann argumentieren, dass Michelangelo diese widersprüchliche, aber parallele Dreieinigkeit durch das ähnliche Alter der Figuren verkörpert – ein Widerspruch, in dem die Vater-Tochter/Mutter-Sohn/Mann-Frau-Beziehung verdreht wird und in einer spirituellen Sphäre außerhalb der Zeit existiert, in dem körperliches Alter nur ein ›relativer‹, irdischer Gradmesser ist.«
    »Du glaubst also, dass die Pietà für den Bildhauer eine Art verzerrte, verworrene Beziehung zwischen einer Mutter und ihrem Sohn darstellen könnte?«
    »Ich weiß es nicht, Cathy«, seufzte Markham. »Vielleicht bin ich nur übermüdet. Vielleicht gehe ich viel zu sehr in die Tiefe. Aber wenn man sich überlegt, wie viel Mühe sich der Bildhauer mit der Beschaffung der Pietà Gambardellis gemacht hat, könnte es sein, dass wir uns hinsichtlich der Beziehung der Statue zu seinen Opfern geirrt haben. Versteh mich nicht falsch, Cathy. Ich glaube immer noch, dass der Täter den Marmor der Statue haben wollte, um seine Opfer mit seinen Skulpturen zu verknüpfen. Und auch wenn sich dieser Plan vielleicht geändert hat, wenn er sich vielleicht zu etwas anderem entwickelt hat, als der Bildhauer sich auf seinen Bacchus zu konzentrieren begann, wissen wir jetzt, dass wir recht hatten mit unserer Theorie, wonach er mit Frauen experimentiert hat, bevor er zu Männern und ganzen Figuren überging. Doch auch wenn der Bildhauer einen Mann für den Körper der Heiligen Jungfrau verwenden wollte, um die Proportionen und die Platzierung der Brüste korrekt wiederzugeben und um Michelangelos Ansicht über den weiblichen Körper im Allgemeinen einzuschließen, kann ich nicht einfach ignorieren, wie unterschiedlich er seine Pietà und seinen Bacchus aufgebaut hat. Wenn man sich ansieht, dass er drei verschiedene menschliche Wesenheiten für die Jungfrau selbst verwendet hat, und wenn man berücksichtigt, dass du in deinem Kapitel über die Pietà die Beziehung zwischen der Jungfrau Maria und Christus als widersprüchliche aber parallele Dreifaltigkeit zur herkömmlichen Heiligen Dreifaltigkeit des Christentums erörterst – dann ist es ein bizarrer Zufall, findest du nicht?«
    »Ja, das ist es.«
    »Von all den metaphorischen und moralischen Folgerungen abgesehen, die mit einer solchen Auslegung dieser parallelen, inzestuösen, unreinen Dreifaltigkeit einhergehen.«
    »Ist das der Grund, warum wir Reverend Bonetti heute noch einmal besuchen?«
    »Ja«, sagte Sam Markham. »Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wieso, aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass hinter dem Diebstahl der Pietà von Gambardelli durch den Bildhauer mehr steckt, als wir zunächst erkannt haben.«
40
    R everend Robert Bonetti beobachtete sie durch das Fenster seines Büros – er hatte am Telefon darum gebeten, dass sie den Hintereingang der Kirche benutzten, um seine Gemeindemitglieder nicht zu stören, die den ganzen Tag zur Beichte ein und aus gehen würden. Als er sie aus dem Wagen steigen sah, erkannte der alte Priester die blonde Frau mit der Sonnenbrille zuerst nicht, die Markham begleitete. Erst als sie vor seinem Fenster vorbeigingen, begriff Hochwürden Bonetti, dass die hübsche Kunstgeschichtsprofessorin von der Brown University beschlossen hatte, nicht länger in ihrem Versteck zu bleiben.
    Auch wenn Reverend Bonetti selten fernsah oder vor einem Computerbildschirm saß, und obwohl er lieber las oder sich seine kleine

Weitere Kostenlose Bücher