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Vollendung - Thriller

Vollendung - Thriller

Titel: Vollendung - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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nicht.
    Ironischerweise war es die Haut, die dem Bildhauer immer die meisten Schwierigkeiten bereitet hatte, denn bei der Vorbereitung seiner Figuren stellte er fest, dass sie lose und glitschig und schwer zu behandeln war, nachdem er das Haar mit Enthaarungscreme aufgelöst und das Fettgewebe unter ihr entfernt hatte. Und nur durch Versuch und Irrtum mit den Teilen von den Frauen fand er schließlich die richtige Balance zwischen traditionellen Gerbtechniken und den Methoden, die er von von Hagens übernommen hatte. Das Ergebnis war eine straffere Oberfläche, durch die er die Adern und das Muskelgewebe darunter für gewünschte Definition oder Details hervortreten lassen konnte, während die Haut jedoch porös genug blieb, damit sich seine spezielle Farbmischung schön mit ihr verband.
    Hatte man Versuch und Irrtum, das Experimentieren mit dieser oder jener Menge von dieser oder jener Chemikalie erst einmal hinter sich, war der Rest des Verfahrens tatsächlich recht unkompliziert. Nachdem der Bildhauer sein Material an einem Haken aufgehängt und ausbluten lassen hatte und nachdem er die inneren Organe entnommen und das vorläufige Einbalsamieren mit Formaldehyd abgeschlossen hatte, folgte er seinem verbesserten Plastinationsverfahren, bis es Zeit war, die präparierten Figuren in die gewünschte Pose zu bringen und das Silikon in einer von U V -Lampen erhitzten Blase aus Plastikfolien zu härten. Waren die Anhängsel beim Bacchus kompliziert in der richtigen Position einzurichten gewesen, ging die Pietà wesentlich schneller. Die Pietà war viel dichter, viel kompakter aus dem Marmor gehauen worden. Das eigentliche Kunststück hatte darin bestanden, die Winkel richtig hinzubekommen – die Arme der Jungfrau, die Neigung des Kopfes, der liegende Christus in ihrem Schoß.
    Wie bei seinem Bacchus stellte der Bildhauer fest, dass er sich eine Menge Probleme ersparen konnte, wenn er die Winkel des Eisengestells zunächst richtig hinbekam. Und da der Körper der Jungfrau beinahe gänzlich unter ihren Gewändern verborgen blieb, brauchte er sich im Grunde keine Sorgen darüber zu machen, dass dieses Material beschädigt werden könnte. So hatte der Bildhauer wesentlich mehr Raum für Fehler, mehr Spielraum, wenn es darum ging, die Figur auf den Rahmen zu montieren. Als die Körper dann gehärtet, ausgestopft und aufgestellt waren, als Kopf, Hände und Brüste befestigt und die letzten Gewänder angelegt und mit Stärke im richtigen Faltenmuster fixiert waren, richtete der Bildhauer die Gliedmaßen von Mutter und Sohn aus, indem er sie abband und in verschiedenen Höhen an Reihen kleinerer Haken hängte, die er an der Unterseite des Bestattertisches angebracht hatte. Nachdem er die Statue in einem Ring aus Plastikplanen eingeschlossen hatte, die vom Tisch zum Boden verliefen, und nachdem das Silikon in der Wärme der U V -Lampen gehärtet war, musste er nur noch die Epoxidmischung für Haar und Bart seines Christus formen und trocknen lassen und dann die Farbe mit der Sprühpistole auftragen, bis die gewünschte Oberfläche erreicht war.
    Die letzte Schicht Farbe hatte er am Morgen aufgetragen.
    Und obwohl er müde war, obwohl er seit Tagen mit wenig oder gar keinem Schlaf fieberhaft gearbeitet hatte, war der Bildhauer, als er seinem Vater die Decke zum Kinn zog, zufrieden – nicht nur, weil er seine Pietà so schnell fertiggestellt hatte, sondern auch darüber, wie schön sie letztendlich geworden war. Sogar noch besser als mein Bacchus , dachte er lächelnd. Dem Bildhauer wurde schwindlig vor Freude, wenn er sich Dr. Hildys Reaktion vorstellte. Er wusste, sie würde ihm danken, wenn alles vorbei war und wenn sie verstehen würde, wie sein Werk die Welt verändert hatte. Ja, sehr bald schon würde sie ihn zu schätzen lernen.
    Natürlich war es letzten Endes er, der sie schätzte. Ja, der Bildhauer hatte ihr für vieles zu danken. Und wenn sie die DVD sah, die er ihr geschickt hatte, wenn sie nur einen der vielen Gründe verstand, warum das Schicksal sie beide zusammengeführt hatte, würde sie hoffentlich jetzt schon beginnen, ihn wertzuschätzen.
    Nur ein bisschen.
    Der Bildhauer wusste, dass Dr. Hildy die DVD höchstwahrscheinlich heute oder morgen erhalten würde – sie konnte sie durchaus schon angesehen haben. Er hoffte, sie hatte es getan, denn die Information, die sie und das FBI ihr entnehmen konnten, würde ihm bei seinem Plan helfen. Der Bildhauer hätte die DVD am liebsten persönlich abgeliefert –

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