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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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sehe ich keine Bewegungen oder Schatten mehr. Womöglich hat sie sich hingelegt. Dann dringt Musik aus ihrem Fenster, erst sehr leise, dann lauter. Ich erkenne das Lied sofort, und es trifft mich wie ein Blitz mitten ins Herz. Es war irgendwann mal mein Lieblingslied. Marcia hört MEIN Lieblingslied.
    du spürst die Lebensenergie die durch dich durchfließt das Leben wie noch nie in Harmonie und genießt
    es gibt nichts zu verbessern nichts was noch besser wär außer dir im Jetzt und Hier und dem Tag am Meer
    Ist das ein Zeichen eines wohl gestimmten Liebesgottes, der mir mitteilen will: Simon, du bist auf dem richtigen Weg? Alles wird gut? Ich lege mich auf die kalte Mauer und lasse meinen Geist hochwandern in Marcias Wohnung. Wenn ich schon nicht an ihre Tür klopfen kann, so will ich ihr doch so nahe wie möglich sein. Ihr nahe sein und das Gleiche tun wie sie: auf dem Rücken liegen und unser Lied hören. Ein Mal, zwei Mal und ein drittes Mal. Vielleicht spürt sie in diesem Moment ja das gleiche heimelig wohlige Kribbeln wie ich. Ganz sicher spürt sie es, sie kann es nur nicht orten. Marcia und ich hören das Lied ein viertes Mal. Dann schlafen wir ein, Wange an Wange und fest aneinander gekuschelt. Getrennt lediglich durch einen seidenen Vorhang, eine zweispurige Straße und eine kleine Steinmauer. Verbunden durch den Tag am Meer.
    DER PAULA-PLAN
    »Sag mal, drehst du jetzt völlig durch?«, poltert Flik und schubst mich in einen kaputten Korbsessel. Auf einer Skala von eins bis zehn, bei der eins für ein wenig sauer und zehn für stocksauer steht, würde ich Flik eine glatte Hundert geben. So jedenfalls hab ich ihn noch nie erlebt. Und das Schlimmste: Ich kann nur tippen, warum er so ange-pisst ist.
    »Zum zehnten Mal: Es tut mir Leid wegen des Assamer-Kuchens!«
    »Darum geht's nicht! Und er heißt Assauer!«
    »Worum geht's denn?«, frage ich kleinlaut. Nach meiner Nacht auf der Mauer in Königsforst fühle ich mich noch immer ziemlich zerknittert. Irgendwann, es muss gegen drei Uhr morgens gewesen sein, hat mich ein Handyanruf von Paula geweckt. Gott sei Dank, sonst läge ich vermutlich jetzt noch da. Paula hat mich dann abgeholt und nach Hause gefahren, nicht ohne erneut darauf hinzuweisen, dass sie sich Sorgen mache und dass ich endlich mal runterkommen solle. Dann haben wir noch ein Bier bei mir in der Wohnung getrunken, und so gegen vier Uhr hatten Paula und ich den perfekten Plan für die Er-oberung Marcias geschmiedet. Und wenn der dicke Flik nicht so rumbrüllen würde, dann hätte ich auch schon erste Schritte unternehmen können, um ihn in die Tat umzusetzen.
    »Es geht darum, dass du total durchdrehst. Es geht darum, dass keiner mehr weiß, was mit dir los ist! Der Einbruch gestern, dann das, was Paula erzählt hat.«
    »Was hat sie denn erzählt?«
    »Dass sie dich auf einer Mauer zehn Kilometer vor Köln aufsammeln musste! Dass du halb erfroren warst und gar nicht mehr wegwolltest!« Ich könnte an die Decke gehen. Was für eine unglaubliche Klatschtante!
    »Ich hab Musik gehört und bin eingeschlafen!«
    »Auf einer Mauer. Bei minus zwei Grad. Du tickst doch nicht mehr ganz richtig!«
    »Das sagt man nicht mehr ..., das mit dem Ticken!«, protestiere ich und sehe zum ersten Mal, wie Flik einen Korbstuhl durch den Raum semmelt.
    »War's das jetzt?«, will ich wissen.
    »Nein! Dann die Sache mit dem Hubschrauber auf Phils Kreditkarte, und was bitte ist das mit deiner Schwester in einem spanischen Krankenhaus? Deine Schwester wohnt in Bamberg und studiert Jura!«
    »BWL!«, korrigiere ich ihn.
    »Is doch scheißegal!«, poltert er.
    Ich lasse meine letzte Prince Denmark aus der Schachtel rutschen. In seiner Gesamtheit, also so als Aufzählung, das muss ich zugeben, wirkt mein Verhalten schon ein wenig befremdlich.
    »Was ist denn los, verdammt noch mal?«
    »Ich bin verliebt!«, sage ich.
    »Verliebt? Du bist sauer, dass ICH eine Freundin hab und DU NICHT, das ist es doch!«
    »Jetzt hör aber auf!«
    Die Tür geht auf, und eine besorgte Eule schaut in die Runde. Ihre Haare sehen noch schlimmer aus als sonst. Offenbar hat sie sich einen neuen 15000-Watt-Föhn gekauft.
    »Ah, Simon. Wie geht's denn deiner Schwester?«
    »Besser!«, raunzen wir beide. Die Eule macht ein »Ist wohl der falsche Zeitpunkt«-Gesicht und schließt die Tür so vorsichtig, als wäre sie aus Blätterteig.
    »Heute Abend um acht!«, sagt Flik und haut dabei unterstützend auf den Tisch.
    »Was ist heute Abend um acht?«,

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