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Vollmeisen

Vollmeisen

Titel: Vollmeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klein Kerstin
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neben dem direkt ein Prasser; so ein Geizhals, bäh.« Das hieß übersetzt so viel wie, er hat den ganzen Urlaub bezahlt und wollte nicht auch noch für Schmuck und Designerklamotten aufkommen. »Und du hast dich von dem Schleimer Simon abservieren lassen? Na ja, der ist doch sowieso ’ne Tunte, sei froh, dass du den los bist.«
    Â»Der ist überhaupt keine Tunte. Und du kennst die Hintergründe überhaupt nicht, also halt die Klappe«, gab ich verärgert zurück.
    Â»Sag mal, hast du zugenommen?«, wechselte Melinda das Thema, feinfühlig wie immer. »Du siehst irgendwie fett aus, ist das Kummerspeck?«
    Â»Ich bin nicht fett. Da sind im Moment vielleicht ein paar Gramm zu viel, aber die krieg ich schon wieder runter«, behauptete ich und schob die Reste des Mars -Riegels, den ich nach Britts Essen dringend gebraucht hatte, tief in meine Tasche.
    In dem Moment kam meine Mutter strahlend ins Haus. »Ach, es geht doch nichts über junge Mütter«, freute sie sich. Das hatte nun weniger mit echter Sympathie zu tun, sondern mit ihrem Tupper -Verkauf. Ich gehe mal davon aus, dass diese jungen Mütter wegen ständigen Schlafentzugs und totaler Erschöpfung so wehrlos waren, dass sie einfach alles kauften, nur damit sie meine Mutter wieder loswurden und vielleicht noch ein paar Minuten Schlaf abbekamen. »Das war vielleicht mein umsatzstärkster Vormittag im ganzen letzten Jahr! Ich glaube, ich leiste mir davon endlich mal eine neue Küchenmaschine.« Dann kam sie um den Tisch herum und umarmte Melinda und mich überschwänglich. »Ach, ist das schön, dass wir vier alle mal wieder zusammen sind! Eine richtige Familie, ich glaube, ich backe einen Kuchen.«
    Melinda verdrehte die Augen. »Viel Spaß dabei, aber ich esse kein Fett und keinen Zucker, sonst sehe ich noch aus wie Alice, und das war’s dann mit dem Showbiz.«
    Ich warf ihr einen bösen Blick zu, aber enthielt mich jeden Kommentars.
    Beim Abendessen wirkte mein Vater irgendwie verwirrt und deprimiert. Wahrscheinlich dachte er an all seine Freunde und Bekannten, deren Kinder das Haus pünktlich verlassen hatten, um ihr Leben als Erwachsene aufzunehmen. Ohne ständige Katastrophen und vor allem ohne Rückkehr. Dafür hatte meine Mutter immer noch gute Laune, vielleicht dachte sie an ihre neue Küchenmaschine: »Und Melinda, nachdem du nun Urlaub hattest, bist du dir jetzt klarer geworden, was du mit deinem Leben anfangen willst?«
    Melinda erstaunte uns alle, als sie diese Frage mit einem sehr bestimmten »Und ob« beantwortete. »Ich habe da auf Rhodos diesen total abgefahrenen Personal Coach getroffen, der ist wie ein Guru für die Promis. So der absolute Philosoph. Und der hat mich auf eine Idee gebracht. Ich muss das Feld von hinten aufrollen, und das werd ich jetzt auch tun.«
    Meine Mutter sah verwirrt aus, mein Vater noch deprimierter. Aber Melinda war nicht zu stoppen. »Ich werde Bodyguard. Natürlich beschütze ich nur Prominente. Und dann rette ich meinen Schützling vor einem Anschlag, und trara, ich bin die Heldin der Stunde und selber prominent. Und wenn man das erstmal geschafft hat, geht alles andere von allein.«
    Ich überlegte, wie alt meine Schwester eigentlich war und ob man mit fünfundzwanzig Jahren nicht wenigstens einen klaren Gedanken im Kopf haben sollte. Aber meine Mutter stieg tatsächlich auf diesen Blödsinn ein. »Na ja, Melinda, ein Job ist ein Job, sag ich immer. Aber du hast doch gar keine Ausbildung für so etwas.«
    Â»Das ist kein geschützter Beruf, den kann jeder machen. Außerdem, ich bin sportlich und mache seit Jahren im Fitnessstudio Thai-Aerobic, mit mir sollte sich keiner anlegen.«
    Â»Melinda.« Ich schickte ihr einen genervten Blick. »Werd doch endlich mal erwachsen. Selbst wenn du recht hast und jeder, der lustig ist, sich Bodyguard nennen kann, wer sollte dich denn engagieren? Personenschützer kommen meist von der Polizei oder vom Militär, haben Einzelkämpferausbildungen, Waffenscheine und was weiß ich. Wer bitte sollte denn krank genug sein, dich zu seiner persönlichen Sicherheitsbeauftragten zu machen?«
    Melinda sprang wütend auf. »Das ist ja mal wieder so was von typisch für euch. Erst nervt ihr mich ohne Ende, dass ich mir einen Job suchen soll, und nun, wo ich mich für einen entschieden habe, da könnt ihr es mir nur madig machen.

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