Vollmeisen
schnell gezeigt. Im Erdgeschoss befanden sich eine kleine Küche, eine noch kleinere Gästetoilette, eine Besenkammer und ein Wohnzimmer. Vom Flur führte eine Tür direkt in die Garage und eine alte Holztreppe nach oben, wo es zwei Zimmer und ein Badezimmer gab. Die Einrichtung, die Tapeten und auch die Teppichböden waren bestimmt seit den Siebzigern nicht mehr erneuert worden. Nicks Schwester musste etwas neben der Spur sein, in so einem Haus machte man keinen Urlaub, da drehte man höchstens einen Horrorfilm.
Doch im Moment war mir auch das egal, ich war wirklich müde. Nick brachte meine Sachen in ein Schlafzimmer mit so einem überbauten Doppelbett, einem wackeligen Schrank und einer Frisierkommode, alles aus so dunklem Holz, dass der kleine Raum wie eine Gruft wirkte.
»Leg dich doch ein bisschen hin, und ruh dich etwas aus. Ich fahre mal ins nächste Dorf und kaufe ein paar Lebensmittel ein. Und wenn du wieder wach bist, haue ich uns ein paar Steaks in die Pfanne, okay?«
Nick verschwand, und ich sackte in die Gruft. Doch schon nach einer Stunde war ich wieder wach, meine Blase machte sich bemerkbar. Ich ging über den Flur Richtung Badezimmer, als ich plötzlich Nicks Stimme hörte: »Ja, sie ist bei mir. Nein, keine Chance, hier kann sie nicht weg. Nein, sie hat keine Ahnung. Ich melde mich später noch mal.«
Was??? Jetzt verstand ich gar nichts mehr. Nick, der liebe, süÃe Nick, gehörte er zu den Belgiern? Das konnte ich überhaupt nicht glauben, aber sein Gespräch war doch eindeutig, oder? Er hatte mich total aufs Kreuz gelegt! So ein Mist. Aber zumindest wusste er noch nicht, dass ich es wusste. Ich schlich in die Gruft, zog mir schnell meine Klamotten wieder an und ging ganz leise die Treppe runter. Der Mistkerl war in der Küche. Ich ging auf Zehenspitzen vorbei, riss die Haustür auf und rannte, so schnell ich nur konnte.
Das war leider nicht schnell genug, nach nicht mal zwanzig Metern hatte Nick mich eingeholt, warf mich wie einen Kartoffelsack über seine Schulter und brachte mich zurück ins Haus. Kaum hatte ich wieder Boden unter den FüÃen, fing ich auch schon an zu schreien: »Du verdammter Hurensohn. Und dir habe ich vertraut. Ich hab alles gehört, du Mafioso-Verschnitt ⦠Ihr âºhabtâ¹ mich jetzt also, hä? Und nun? Willst du mich erschieÃen?« Jetzt heulte ich auch noch.
»ScheiÃe«, war erstmal alles, was von Nick kam. Dann ein tiefer Seufzer und ein »hab keine Angst, komm mal mit ins Wohnzimmer, ich muss dir wohl was erklären«.
»Also«, begann er, als ich auf einem komisch riechenden Sofa saÃ. »Ich arbeite nicht wirklich in der Pornobranche. Und ganz bestimmt bin ich kein Mafioso, im Gegenteil. Ich arbeite als verdeckter Ermittler, bin also ein ganz gewöhnlicher Bulle. Wir ermitteln seit über zwei Jahren gegen die Belgier und ganz besonders gegen deinen Simon. Die Pornosache ist nur Tarnung, wie vieles andere auch.«
Ich starrte ihn an: »Du hast mich die ganze Zeit angelogen? Und du wusstest von Anfang an, dass ich Simons Freundin war? Darum hast du mich eingestellt?«
»Na ja«, druckste er etwas herum, »Hubert Velbert stand anfangs auch auf unserer Verdächtigenliste, allerdings stellte sich schnell heraus, dass er keine Ahnung von Simons dunklen Geschäften hatte. Wir hatten vorher bereits Big Balls als Scheinfirma gegründet. Gerade weil die Belgier ihre Drogen in der Pornoszene vertreiben. Ãber unsere Firma wollten wir an die Hintermänner ran, indem wir uns als Kollegen ausgeben. Und da wir für die Firma eine Angestellte brauchten, damit das Ganze auch echt wirkt, haben wir gedacht, wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe. Also haben wir Herrn Velbert gebeten, dich an uns zu vermitteln.«
»An euch zu vermitteln?«, wiederholte ich fassungslos und beachtete seine weiteren Erklärungsversuche gar nicht.
»Wir wussten doch nicht, was du wusstest oder ob du da mit drinsteckst«, rechtfertigte sich der Mann, den ich nur als meinen Boss kannte. »Wir nahmen an, dass, wenn du da mit drinhängen solltest, du eure Geschäfte weiterführen würdest. Wir wollten dich einfach nur ein bisschen unter Beobachtung haben, damit wir dann durch dich an die Hintermänner kommen können.«
»GroÃartig«, fauchte ich ihn an, »so wird man also vom Opfer zum Täter gemacht, oder wie? Ich hatte doch gar keine
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