Vollmeisen
Ahnung, und erst recht steckte ich nicht mit drin.«
»Ja, das haben wir ja auch gemerkt. Aber versuch doch mal, meine Seite zu sehen, verdammt, seit zwei Jahren bin ich hinter den Leuten her.«
Ich starrte ihn an. Das alles musste ich erstmal verdauen. Aber eine Sache gab es, die wollte ich nun auch noch wissen: »Und unsere erste Begegnung? Vor dem Haus von Simon? Hattest du mir da schon aufgelauert?«
»Na ja, also aufgelauert, das ist ein groÃes Wort. Es war eher einer dieser Zufälle, so mehr oder weniger«, druckste er herum.
Plötzlich fiel mir etwas ein, etwas, das mir nicht ganz unwichtig erschien: »Ja, aber wenn du gar nicht mein netter Chef bist, warum hast du mir denn geholfen und mich in das Ferienhaus deiner Schwester gebracht?« Kaum dass ich den Satz ausgesprochen hatte, fiel bei mir der nächste Groschen. »Aha. Das ist gar nicht das Haus deiner Schwester, stimmtâs? Ich wusste doch, dass kein normaler Mensch hier in der Pampa Urlaub machen würde.«
»Du hast recht«, gab Nick zu. »Wir haben einige Wohnungen und Häuser gemietet, die meisten als Tarnadressen, aber manche auch als sogenannte âºsichere Häuserâ¹. Und glaub mir, das ist genau das, was du im Moment brauchst, denn soweit wir bisher wissen, wird die Luft für dich zu Hause sehr dünn. Wir gehen davon aus, dass Vincent Laurent dich nach Belgien bringen wollte, um ein Druckmittel gegen Simon zu haben.«
»Du meinst, der wollte mich entführen? Und wenn ich nicht aus dem Wagen gesprungen wäre, säÃe ich jetzt irgendwo als Geisel in Belgien?«
»Ja, womöglich. Hätten wir auch nur annähernd vorher damit rechnen können, glaub mir, er hätte keine Chance gehabt, an dich heranzukommen. Aber irgendetwas muss passiert sein, das sie jetzt zum Handeln gezwungen hat.«
Tja, nun war ich zwar keine Geisel in Belgien, dafür eine Eingesperrte in der Pampa. Ob das nun wirklich so viel besser war?
»Okay, ich bin jetzt also keine Geisel in Belgien, sondern eine mitten im Nirgendwo. Und wie lange soll das hier so gehen?«
»Mach dir keine Sorgen, höchstens zwei Wochen, nach unserem derzeitigen Stand. Aber da wäre noch eine Kleinigkeit â¦Â«, druckste Nick herum.
»Eine Kleinigkeit, ja? Du nimmst es mir sicher nicht übel, dass ich ein ganz klein wenig misstrauisch werde, oder?«
»WeiÃt du, wir müssen vorsichtig sein. Es ist zwar mehr als unwahrscheinlich, dass dich hier jemand sucht, aber wir wollen jede Gefahr ausschlieÃen. Also haben wir uns eine kleine Geschichte für dich ausgedacht: Dein Mann hat dich mit der Nachbarin betrogen, und du brauchst jetzt erstmal Abstand, darum willst du etwas Zeit hier im Ferienhaus deiner Freundin verbringen. Du bist Hausfrau und kannst dir daher deine Zeit frei einteilen.«
»Na super, ich kann nicht mal kochen. Aber für wen habt ihr euch diese Story denn ausgedacht? Ich kenne hier doch niemanden.«
Nick sah mich an â war das Mitleid in seinem Blick? »Du hast nicht so viel Ahnung vom Leben in einem Dorf, oder?«
Pfff, jetzt bin ich nicht nur von meinem Ehemann betrogen worden, sondern war auch noch blöd, oder was?
»Na ja, nicht so bis ins letzte Detail«, gab ich zu. »Was soll denn hier so groà anders sein als in der Stadt?«
Nick musste nicht lange überlegen: »Hier nimmt man noch ein bisschen mehr Anteil am Leben seiner Nachbarn, verstehst du? Aber keine Angst, sie werden begeistert von dir sein, du musst dich nur ein wenig anpassen, dann läuft das schon. Ich bleibe noch bis morgen früh hier, dann muss ich für ein paar Tage zurück, aber du kannst mich jederzeit telefonisch erreichen. Wir haben hier Festnetz und auch einen Computer mit Internetanschluss. Dein Handy solltest du bitte nicht benutzen. In der Garage steht ein Auto für dich. Das wirst du brauchen, um zum Supermarkt im Nachbardorf zu kommen. Aber bitte unternimm keine gröÃeren Touren, nicht, dass dich doch noch jemand sieht, der dich nicht sehen soll.«
Oje. Gerade hatte ich angefangen, mir meinen Status als Geisel ganz nett vorzustellen. Wie herrlich hätte es sein können, mit Nick an meiner Seite geruhsame Tage auf dem Land zu verbringen, gemeinsam romantische Spaziergänge vorbei an wogenden Weizenfeldern zu unternehmen und uns abends vor dem Kaminfeuer langsam näherzukommen â¦
Nun gut, dann eben ein neuer Plan. Ich wäre also
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