Vollmeisen
ja mittlerweile mehr als geübt: »Ja, das kann ich verstehen. Also meine Freundin arbeitet zurzeit in Venezuela. Aber wenn sie von da zurückkommt, möchte sie es gern mal ruhiger angehen lassen, und darum hat sie das Haus hier gemietet.«
»In Venezuela? Das ist ja lustig, da habe ich gerade diesen Witz gehört. Also, der geht so: Kommt eine Frau mit einem blauen Auge zu ihrer Freundin. Als die sie ganz entsetzt fragt, was denn passiert sei, sagt die Frau: âºJa also, mein Mann wollte, dass ich ihm einen blase, aber ich weià doch nicht, wie das geht, darum hab ich ihn aus Versehen in sein bestes Stück gebissen, na ja, und daher kommt das blaue Auge.â¹ Sagt die Freundin: âºPass auf, wenn er das das nächste Mal will, denkst du dir einfach das Wort Venezuela, ganz weich gesprochen, verstehste?â¹
Na ja, aber als sich die Freundinnen das nächste Mal treffen, hat die Frau zwei blaue Augen. Also fragt die Freundin: âºWas ist denn diesmal passiert? Ich hab dir doch erklärt, wie das geht.â¹ Und darauf sagt die Frau: âºJa, verdammt, ich wusste nur noch, dass irgendwas in Südamerika war, und da hab ich statt Venezuela Caracas gesagt.â¹Â« Meine Nachbarin haute sich brüllend auf die dicken Schenkel. »Ist der nicht gut? Könnte mich den ganzen Tag totlachen, also wirklich, Caracas!«
Hm. Das ist wohl der deftige Humor vom Land. Ich presste mir auch ein paar Lacher ab und versuchte dann, sie langsam wieder loszuwerden: »Also Anneliese, toll, dass wir uns mal kennengelernt haben, aber ich muss jetzt, äh, also â¦Â« Verdammt. Was musste ich denn jetzt? »Ja, also, ich muss jetzt ⦠backen! Genau, ich muss einen Kuchen backen.«
»Ja super, welchen machst du denn am liebsten? Ich backe den weltbesten Käse-Kirsch-Kuchen. Ich sag dir, ohne meinen Kuchen läuft hier nix, kein Schützenfest, kein Feuerwehrball und kein gemütliches Beisammensein.«
Toll. Und welchen Kuchen backe ich am liebsten? Oder, besser gefragt, welchen backe ich denn überhaupt? Ich hatte noch nie in meinem Leben irgendetwas gebacken, auÃer vielleicht Tiefkühlpizza, aber das konnte ich der dicken Anneliese ja jetzt nicht auf die Nase binden. »Also, mein Kuchen ist etwas ganz Besonderes, das Rezept habe ich von meiner Oma.«
»Soll wohl eine Ãberraschung sein, was? Na ja, wenn du den jetzt backst, willst du wohl gleich heute Nachmittag deinen Einstand hier bei uns feiern? Find ich total klasse von dir. Du brauchst aber erstmal nur die nächsten Nachbarn einladen, die anderen lernst du so nach und nach kennen. Also, ich wohne direkt in dem Haus neben dir, gegenüber wohnt Anja, daneben Susi, und dann musst du noch Marianne einladen. Aber keine Sorge, ich sage für dich Bescheid, dann kannst du dich gleich um deinen Ãberraschungskuchen kümmern. Wir kommen so gegen drei, okay?«
Mit diesem Wortschwall verlieà sie mein Häuschen. Wenn ich sie richtig verstanden hatte, hatte ich gerade die Nachbarsfrauen auf ein Kaffeekränzchen eingeladen. Mit einem selbstgebackenen Ãberraschungskuchen. Super.
Aber wenigstens war mir nun nicht mehr langweilig. Ganz im Gegenteil, Panik drohte sich in mir breitzumachen. Jetzt bloà nicht in einen Schockzustand verfallen, sondern aktiv werden! Da ich weder davon ausgehen konnte, dass Nick irgendwelche Backzutaten gekauft hatte, noch ich überhaupt wusste, was man zum Backen brauchte, lief ich eilig in die Garage, fand dort einen erfreulich neuen Polo vor und machte mich auf den Weg in das nächstgröÃere Dorf, das einen Supermarkt sein Eigen nennen durfte. »Mein« Dorf war sehr schnell durchgequert, ich sah ungefähr dreiÃig Einfamilienhäuser, vier Bauernhöfe, ein paar Scheunen â und sonst nichts. Ich meine, wirklich nichts , keinen Bäcker, keinen Zeitungsladen, keine Tankstelle, keine Apotheke. Ich musste fast zehn Kilometer fahren, um in ein etwas gröÃeres Dorf zu kommen, in dem man einkaufen konnte. Also, erster Punkt auf meiner Liste als Dorfbewohnerin: Nichts beim Einkaufen vergessen.
In dem Geschäft schaute ich mir zuerst die Kuchen in der Auslage des Backstandes an, aber die sahen leider nicht im Mindesten selbstgebacken aus. Gut, vielleicht war ich nicht die beste Hausfrau, aber immerhin wusste ich mir zu helfen. Also steuerte ich das Regal mit den Fertigbackmischungen an und suchte mir eine Packung aus, auf der nicht nur
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