Vollmeisen
den weiteren Abend hatte ich mir auch schon überlegt. Das Tolle an Nick war, dass er mir das Gefühl gab, ich könnte ihm alles sagen. Und nichts davon müsste mir peinlich sein. Daher traute ich mich auch jetzt. »Du, Nick, da gibt es etwas, was ich mir schon unheimlich lange wünsche«, fing ich an.
»Komm her und sagâs mir. Wenn du dir nicht gerade wünschst, mit mir in einen Swingerclub zu gehen, sollst du es haben.«
Dafür musste ich ihn schon wieder küssen.
»Nein, keine Angst, für einen Swingerclub sind wir, glaube ich, noch zu jung. Nein, was ganz anderes. Ich habe mir immer gewünscht, mal am Sonntagabend mit meinem Freund einen Tatort anzugucken.«
Nick lachte. »Das ist dein Wunsch? Du möchtest mit mir den Tatort sehen? Keine Diamanten, kein gemeinsames Shoppen, einfach nur den Tatort sehen?«
»Ja«, gab ich zu. »WeiÃt du, das ist so normal, so nett irgendwie. Simon fand das total spieÃig und hat immer nur gesagt, er wüsste was Besseres mit seiner Zeit anzufangen. Aber ich habe mir das schön vorgestellt.«
Nick zog mich an sich. »Also, erstens wird es mit dir nie langweilig, egal, was wir tun. Zweitens, dieser Simon muss ein echter Idiot sein, der dich überhaupt nicht verdient hatte. Und drittens wäre es mir eine Ehre, mit dir gemeinsam den Tatort zu gucken.«
Musste man diesen Mann nicht einfach lieben? Wir kuschelten uns auf dem Sofa zusammen, tranken Bier und rätselten, wer der Mörder war. Und das Tollste war, Nick sagte nicht ein Mal so etwas wie: »Ist ja totaler Schwachsinn, so läuft das bei der Polizei überhaupt nicht«. Wir hatten einen wunderbaren Abend, dem eine noch bessere Nacht folgte. Am nächsten Morgen verabschiedete sich Nick ausgiebig von mir, bevor Jürgen ankam. Der kam jedoch nicht alleine, er hatte eine Frau, so um die fünfzig, mitgebracht. Die machten drauÃen einen ganz schönen Lärm, lobten laut die ruhige Umgebung und die gesunde Luft. Ob das seine Frau war und er seinen Dienst für einen kleinen Urlaub benutzte?
Nick brachte die beiden ins Wohnzimmer. Die Frau stellte sich als Marga vor und begrüÃte mich sehr nett. Jürgen nickte mir nur zu.
»Hab ich jetzt gleich zwei Aufpasser?«, fragte ich Nick.
»Nicht direkt«, sagte er. »Es wäre etwas sonderbar, wenn erst ich hier bei dir bin, und dann löst mich gleich der nächste Mann ab. Da würden die Leute hier wohl schon stutzig werden. Daher ist die Geschichte folgende: Die beiden sind ein Ehepaar und gute Freunde von dir, die dich hier besuchen. Allerdings hat sich die gute Marga sehr spät entschlossen, noch einmal zu studieren, und nutzt ihre Zeit hier, ihre Semesterarbeit zu schreiben. Darum wird man sie im Dorf nicht sehen.«
»Ach, das ist ja toll«, sagte ich zu Marga, »find ich super, wenn jemand noch mal ganz neue Wege geht. Was studieren Sie denn?«
Alle drei schauten mich an.
»Ãh, Alice, ich sagte, das wäre die Geschichte. Und du erzählst genau die deinen neuen Freunden, damit sie sich nicht wundern, wenn sie die gute Marga nie zu Gesicht bekommen. Denn das werden sie nicht, weil sie mit mir wieder zurückfährt, ja?«
Ah, jetzt kapierte ich. »Das ist aber nett von euch, dass ihr euch so um meinen guten Ruf sorgt«, freute ich mich. »Aber dann müssen wir es auch richtig machen. Ich geh mit den beiden mal zehn Minuten die DorfstraÃe rauf und runter, damit sie auch jeder sieht. Bisher hat höchstens Anneliese mitgekriegt, dass sie aus dem Auto gestiegen sind.«
Die drei fanden die Idee nicht doof, also ging ich mit Jürgen und Marga die StraÃe runter und spielte ihre Fremdenführerin.
»Guckt mal, da wohnt Susi und daneben Marianne. Das hier ist der Hof von Bauer Erich, und da hinten seht ihr schon das Schützenhaus«, rief ich laut. »Ich freue mich ja so, dass ihr beide mich besuchen kommt! Jetzt gehen wir erstmal wieder rein und trinken einen Kaffee, ja?«
Einige Gardinen bewegten sich, das sollte reichen. Wir gingen zurück, und Marga legte sich in der Garage auf den Rücksitz in Nicks Mercedes. Ich kam mir vor wie in einer Spionagekomödie aus den Fünfzigerjahren. Nick erklärte Jürgen, dass das Zimmer oben rechts seins wäre, der daraufhin seine Taschen nach oben brachte.
Nick nahm mich noch einmal schnell in den Arm. »Ich denke an dich und ruf dich an, okay?«
»Ich denke
Weitere Kostenlose Bücher