Vollmondfieber: Roman (German Edition)
mich und ließ Waffen und Schuhe auf dem Felsen zurück.
Ich bahnte mir einen Weg zu einem anderen Uferbereich, dem, der dem Schwefelbach am nächsten war. Dort hängte ich die Jacke auf den Ast eines abgestorbenen Baums, der über den Tümpel hinausragte, damit ich sie schnell greifen könnte, wenn ich triefnass aus dem Teich herauskäme.
Dann drehte ich mich zum Teich um. Rourke grinste mich an. »Bild dir jetzt ja nichts ein, Katze!«, grollte ich. »Ich steige ja schon in das verdammte Wasser!«
Rourkes Gelächter hallte von den Felsen wider und in meinen Ohren nach. »Einbilden? Ich mir? Einbildung liegt mir fern, Herzchen!« Er ließ sich auf dem Rücken liegend im Wasser treiben. »Ich nehme mir an diesem arbeitsreichen Tag nur ein bisschen Zeit, die Schönheit um mich herum zu genießen!«
»Du kannst von Glück reden, dass ich in der Umgebung von Wölfen aufgewachsen bin! Ich habe früh gelernt, meine Sittsamkeit an der Garderobe abzugeben.« Na ja, größtenteils. Ich sah mich zu meiner Jacke um.
Es war schon nett, eine Rückversicherung zu haben.
Ich drehte mich wieder zum See um, haderte einen Augenblick mit meinem Schicksal und sprang von dem Felsen ins Wasser.
Direkt in einen See, in dem ein Raubtier lauerte, das aussah, als wollte es mich zum Frühstück verspeisen.
KAPITEL NEUNZEHN
R ourke?«, fragte ich, während ich schwamm. »Du kennst dich in der übernatürlichen Welt doch aus. Was meinst du: Wird mein Rudel diesen Krieg gewinnen? Für mich ist es die Pest, nicht dabei zu sein! Ich weiß kaum etwas über die Wölfe aus dem Süden. Aber nach dem, was ich weiß, finde ich es ziemlich erstaunlich, dass sie so organisiert auftreten. Es hat immer geheißen, Redman Martin sei ein arrogantes Arschloch. Insofern ist der Vorstoß verständlich. Trotzdem kommt es mir komisch vor, dass er einen Krieg anfängt, nach dem, was vor Jahren bei der Aufteilung der Rudelgebiete passiert ist.« Red Martin war der Alpha der U.S. Southern Territories und ein Feind meines Vaters. Redman war dafür verantwortlich, dass es zwei US-Rudel anstelle von einem gab.
»Ich kann mir kaum vorstellen, dass andere Wölfe deinen Vater und sein Rudel besiegen können«, antwortete er. »Er ist ein starker Anführer, und seine Wölfe sind zähe Kämpfer. Ich glaube nicht, dass du dir Sorgen machen musst. Mit Red hatte ich bisher nur selten zu tun. Aber so arrogant er ist, so faul ist er auch. Wahrscheinlich will er dich an den Höchstbietenden verkaufen, oder er hat einen anderen miesen Plan, um schnell Profit zu machen. Vielleicht will Red auch nur eine Rechnung begleichen, die er glaubt mit deinem Vater noch offenzuhaben. Wahrscheinlich hört Reds Rudel auf zu kämpfen, sobald Red merkt, dass du weg bist. Schließlich solltest du seine Kriegsbeute sein. Ohne Beute kein Kampf. Red weiß, dass er eine ernsthafte Schlacht nicht gewinnen kann. Das ist der Grund dafür, dass nicht überall aufden Straßen kampfbereite Wölfe auf uns warteten. Sie suchen alle dich. Du hast deinem Rudel einen Gefallen getan, indem du verschwunden bist.«
Ich hoffte, dass Rourke recht hatte. Wir blieben nicht lange im Wasser, da die Zeit knapp war. Rourke ging zuerst ans Ufer, und ich beobachtete ihn von der anderen Seite des Tümpels aus. Leichtfüßig bahnte er sich einen Weg über die Felsen, und seine Jeans klebte vorteilhaft an allen wichtigen Körperteilen. In kleinen Kaskaden rann Wasser von seinen Schultern und über seinen Rücken, und sein Haar sah nun viel dunkler aus als in trockenem Zustand.
Er neigte den Kopf in meine Richtung, als würde er genießen, dass ich ihn angaffte. Eingebildeter Mistkerl! Exakt in diesem Moment brachte Sonnenlicht seine Augen zum Leuchten: unglaublich sanftes Grün, beinahe schon ein Weiß.
»Rourke, deine Augen sind der absolute Wahnsinn!« Ich schwamm ganz in seiner Nähe ans Ufer, schirmte meine Augen vor der Sonne ab und starrte ihn an. »Menschen müssen doch ständig Bemerkungen darüber machen. Wie erklärst du denen deine Augenfarbe?«
Er zuckte mit den Schultern, als wäre es ganz alltäglich, Diamanten anstelle von Augen zu haben. »Wenn ich sie einer Antwort für würdig halte, erzähle ich ihnen, ich hätte die Augen von meiner Mutter geerbt«, erwiderte er. »Und wenn nicht, sage ich ihnen, dass es sie gottverdammt nichts angeht.«
»Und sie glauben dir?«
»Die Vorstellung, ich könnte anders sein, kommt für sie nicht in Frage. Also gehen sie so oder so davon aus, dass ich ihnen eine
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