Vollmondfieber: Roman (German Edition)
Gedanken.
Tut mir leid, aber du wirst verzichten müssen! Wir werden nicht bei jedem gut aussehenden Kerl, der uns über den Weg läuft, den Schwanz heben. Ganz davon abgesehen, dass dieser Kerl zufällig jemand ist, den man für Schmutzarbeit anheuern kann, weißt du noch? Ein gefährlicher, gut ausgebildeter Söldner. Wir sind gegen unseren Willen hier, vergiss das nicht!
Derzeit waren meine Wölfin und ich immer noch reichlich damit beschäftigt, einen gewaltigen Adrenalinstoß zu verdauen. Da ich wusste, wie das beim letzten Mal geendet hatte, achtete ich sehr darauf, meine lüsternen Gedanken im Zaum zu halten.
Stattdessen beschäftigte ich mich mit einer Packung Beef Jerky,die ich während unserer letzten Pause gekauft hatte. Zu schade, dass sie leer war. Essen war zwar kein angemessener Ersatz für Sex, aber ich musste mich damit zufriedengeben.
Rourke stieg tiefer in den Fluss. Ich sah zu, wie das Wasser an den Hosenbeinen von Rourkes abgetragener Jeans zerrte. Gerade als er sein Klamottenbündel hoch über den Kopf hielt, riss ich meinen Blick von seinem herrlich definierten Sixpack los. Denn ich hatte die beiden Tattoos bemerkt, die die Haut auf der Innenseite seiner Unterarme zierten. Es waren geometrische Gebilde, wunderschön ausgeführt in schwarzer Tinte. Meine Wölfin leckte sich die Lefzen. Ich liebte Tattoos. Verdammt.
Rourke bewegte sich wie ein Raubtier. Ganz ehrlich: Wäre ich nicht unter Übernatürlichen aufgewachsen und gerade selbst zu einer geworden, wäre seine bloße Gegenwart wohl schon zu viel für mich gewesen.
»Ungefähr sechzehn Kilometer vor uns gibt es einen Schwefelbach«, sagte Rourke und zeigte voraus, »und etwa eineinhalb Kilometer weiter ist eine kleine Hütte. Man kann sie nur über eine steile Klettertour erreichen. Es wird eine Weile dauern, bis die Wölfe unsere Witterung am anderen Flussufer wieder aufgenommen haben. Dann aber sind wir längst weg.«
Derzeit befanden wir uns nach Rourkes Angaben in den Ausläufern der Ozarks. Nichts hier kam mir vertraut vor. Um uns herum war es Tag geworden. Erste Sonnenstrahlen sickerten durch die Bäume. Meiner Schätzung nach musste es zwischen halb acht und acht Uhr morgens sein. Rourke hatte etliche Nebenstraßen genommen und versucht, unsere Verfolger von unserer Spur abzubringen. Aber wir wussten beide, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis die großen, bösen Wölfe uns einholen würden.
»Hast du gerade ernsthaft sechzehn Kilometer gesagt?«
Rourke gluckste. »Ja, und der letzte führt steil den Berg rauf.« Er platschte an mir vorbei. »Gib mir deine Jacke!«
Ich wickelte Schuhe, Waffe und Dolch aus und reichte ihm dieJacke, ohne Fragen zu stellen. Er nahm sie und kletterte auf der anderen Seite ans Ufer. »Und mach dir keine Sorgen! Ich glaube, du wirst die Kletterei mühelos schaffen. Ich bin gleich wieder da. Ich lege auf der anderen Seite eine Spur, um uns ein bisschen mehr Zeit zu verschaffen.«
Ich sah zu, wie er dank seines muskelbepackten Körpers mühelos den kleinen grasbewachsenen Hang hinaufrannte. Meine Jacke hing locker in seiner Hand, als er in dem dichten Wald jenseits der Böschung verschwand.
Das kalte Wasser leckte an meinen ruinierten Klamotten, während ich minutenlang im Fluss stand und auf Rourkes Rückkehr wartete. Was hätte ich sonst tun sollen als warten? Rourkes Motorrad hatten wir einige Kilometer hinter uns in einer niedrigen Höhle versteckt. Danach hatten wir uns eine halbe Stunde durch dichten Wald zu diesem Flussufer gekämpft. Ein Zurück gab es nun nicht mehr.
Dafür war es viel zu spät.
Ich trat von einem Fuß auf den anderen, watete ein wenig näher ans Ufer, schaute mich flussauf- und -abwärts um. Soweit ich sehen konnte, war der Fluss zu beiden Seiten von dichtem Wald gesäumt. Ein paar größere Felsbrocken tüpfelten sein Bett. Davon abgesehen wirkte das Gewässer recht träge und war kaum einen Meter tief.
»Hast du mich vermisst?« Rourke gesellte sich mit einem Sprung von der Böschung wieder zu mir in den Fluss. Er stolzierte auf mich zu, platschte geradezu sorglos durchs Wasser und streckte mir meine Jacke entgegen. Ich nahm sie ihm ab und wickelte meine Habe wieder ein.
»Träum weiter!«, sagte ich. »Wohin jetzt?«
»Wir gehen stromaufwärts bis zum Schwefelbach. Dann biegen wir scharf nach rechts ab und klettern die Berge rauf.« Rourke deutete über einige Baumkronen hinweg. Die Gipfel der Berge waren kaum erkennbar.
Rourke ließ den Arm sinken und
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