Vollmondfieber: Roman (German Edition)
können – falls überhaupt. Danach würden wir uns gegen die anderen Vampire behaupten müssen, auch wenn bisher keines dieser vermummten Wundertiere in das Geschehen eingegriffen hatte. Sie standen einfach da und schauten zu. Ich hatte keine Ahnung, warum. Aber ich hoffte, es läge nicht daran, dass sie diesen Kampf in Anbetracht ihrer Übermacht als bloßes Kindergartengerangel einstuften. Bestimmt befolgten sie nur irgendwelche Anordnungen.
Ich würde trotzdem kämpfen. Wölfe ergaben sich niemals kampflos. Unser Siegerinstinkt war tief in uns verwurzelt. Als Stuart zögerte, fragte ich: »Was ist los, Stuart? Bist du nicht bereit, für die neue Sache zu sterben?«
Blut lief aus einer Platzwunde an seiner Stirn in sein Auge. Er wischte es mit dem Handrücken weg. »Du bist die, die sterben wird, Schlampe! Selbst wenn du es schaffst, mich niederzuringen, werden dich die anderen Wölfe in Stücke reißen!« Um seine Worte zu unterstreichen, klapperten mehrere Wölfe zustimmend mit den Kiefern.
Es war so oder so ein Wunder, dass sie bisher nicht eingegriffen hatten. Der Geruch von Blut und Furcht musste auf ihren Instinkt wirken wie eine brennende Zündschnur auf ein Pulverfass. Es musste also eine militärische Hierarchie geben, ihre Anführer schienen mächtig genug, dass sie nicht aus der Reihe tanzten. Entweder das, oder Stuart hatte ihnen im Vorfeld eine entsprechende Anweisung erteilt. Aber wie dem auch sei, die Wölfe um uns herum rührten sich nicht vom Fleck, und ich hatte keine Einwände.
»Werden deine neuen Arbeitgeber nicht sauer, wenn deine Wölfe neuer Zeit mich in Stücke reißen? Ich dachte, wenn man einen Job als Aushilfskraft annimmt, müsste man seinen Vertrag in Ehren halten? Oh, warte … Tut mir leid, das mit der Ehre ist mir nur versehentlich rausgerutscht!« Ich gab mir Mühe, die letzten Worte in gelassenem Ton auszusprechen, damit sie ihre Wirkung nicht verfehlten. »Das Wort hat für dich ja offensichtlich keine Bedeutung.«
»Ich habe Ehre! «, schrie Stuart und fletschte dabei auf animalische Weise die Zähne. »Darum genieße ich es auch so, dich umzubringen. Wir arbeiten nicht für die Vampire, du dreckige Schlampe, wir bilden mit ihnen eine Allianz zum gegenseitigenVorteil. Wir haben dich eben zufällig als Erste erwischt.« Er zuckte mit den Schultern. »Die Königin wird sich damit abfinden müssen.«
Er trat nach mir und erwischte mich an der Hüfte. Ich überschlug mich zweimal, und die beiden Wölfe, die mir am nächsten waren, bissen nach mir und zwickten mich knurrend, ehe ich wieder auf den Beinen war. Ich umkreiste Stuart, suchte nach dem besten Weg, die Sache schnell zu beenden, als ich spürte, wie etwas mein Bewusstsein streifte.
Das Gefühl wurde stärker, und ich wartete und zog dabei weiter meine Kreise. Aber außer Leere war da nichts. Ich tastete hinaus. Dad?
Nichts.
Ich versuchte es erneut. Tyler?
Jessica! Gott sei Dank! , schrie Tyler. Ich versuche schon seit zwanzig Minuten, dich zu erreichen. Wir sind beinahe bei dir; wir waren viel näher dran, als wir dachten. Dein Geruch ist überall hier unten, auch wenn uns der verdammte Schwefel die Nasen verstopft. Wir haben uns bereits gewandelt. Die gottverdammten Südwölfe kann ich auch wittern. Ich fühlte seine Kraft und die Geschwindigkeit, mit der er rannte. Mein Bruder konnte zweimal so schnell laufen wie jeder andere Wolf. Er musste jeden Moment hier sein.
Tyler, das sind keine Südw… Die Verbindung brach ab, als Stuart mich ansprang. Mein Gehirn wechselte wieder vollständig in den Kampfmodus und knallte allen anderen Gedanken die Tür zu. Ich stieß einen heiseren Schrei aus und warf mich mit meinem ganzen Gewicht Stuarts heranfliegendem Körper entgegen. In der Mitte prallten wir aufeinander. Stuart gab ein ersticktes Geräusch von sich, als sich meine Klauen in seinen Hals gruben und seine Halsader aufschlitzten. Ich war mehr als bereit, ihm den Rest zu geben. »Ich habe keine Lust mehr, mit dir zu spielen, Stuart. Zeit für dich zu sterben!«
Er stolperte zurück und umklammerte mit der Hand seineKehle, versuchte vergeblich, den Blutfluss einzudämmen. Seine Lippen bewegten sich tonlos.
»Zu schade, dass du nicht hier sein wirst, um zuzusehen, wie deine Neulinge ausgelöscht werden.« Ich stand neben ihm, als er auf die Knie fiel. »Ja, genau. Die Nordwölfe – mein Rudel – sind auf dem Weg hierher. Diese Wölfe hier haben nicht die geringste Chance. Mir ist egal, wo du die
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