Vollmondfieber: Roman (German Edition)
Einfluss und produzierte sich gern. Er war der Anführer der Initiative gegen mich gewesen, die die meisten Anhänger gefunden hatte, damals, als ich noch im Habitat gelebt hatte. Er hatte jüngere Wölfe aufgestachelt und auf Linie gebracht. Sie hatten ihm die Schmutzarbeit abnehmen sollen, von miesen Sticheleien bis zu fliegenden Fäusten. Wenn jemand mit dem Finger auf mich zeigen wollte, war Hank sicher der Erste in der Warteschlange.
Die Stimme meines Bruders drang erneut in meinen Verstand. Keiner der Wölfe weiß, was los ist, auch die beiden nicht. Leider sind sie nicht so dumm, wie sie aussehen.
Es gibt auf dieser Welt niemanden, den ich mehr verachte als Hank Lauder. Er hat mir das Leben zur Hölle gemacht, als ich noch hier war. Als wir uns näherten, konnte ich an den mürrischen Gesichtern der Lauders ablesen, dass sie keine Ausrede schlucken würden. Wir müssen vorsichtig sein, damit wir uns nicht verraten.
Hanks Nasenflügel bebten, als wir vor ihnen stehen blieben.»Du riechst anders!«, bemerkte er anklagend, an mich gewandt. Der Kerl vergeudete keine Zeit. Sein charmanter Südstaatenakzent klang nach einem netten Burschen mit einem Bauch voller herrlichem gedeckten Apfelkuchen. Tatsächlich kam er mir eher vor, als wäre er selbst der Kuchen – unter dem Teigdeckel ein Haufen wütender Wespen. »Irgendwie wie ein Werwolf, aber irgendwie auch nicht.« Er atmete noch einmal tief ein, kostete. »Mehr wie eine läufige Mischlingshündin.«
Na, wenn das kein nettes Bild war!
Ich hatte es nicht gewollt. Aber meine Kampf-oder-Flucht-Reaktion schoss an die Oberfläche, als Adrenalin mich durchströmte, angeheizt von Hanks unverkennbar aggressivem Geruch. Meine Muskeln zuckten unter der plötzlich zu engen Hülle, die meine Haut für sie war, und meine Nervenimpulse zündeten wie eine Million winziger Feuerwerke. Scheiße, ich hatte keine Ahnung, ob ich in der Lage wäre, die Kontrolle zu behalten, oder ob meine Wölfin die Sache an meiner Stelle auskämpfen würde. Einen Kampf um die Herrschaft über mich konnte ich in diesem Moment unmöglich durchstehen, ganz davon abgesehen, dass ich mich vor diesen beiden Versagern bestimmt nicht verraten wollte.
Ich zwang mich, einen Schritt zurückzutreten.
Kämpfen! Meine Wölfin regte sich in meinem Verstand, drang darauf, die Kontrolle an sich zu reißen.
Ich krümmte die Finger, ballte die Fäuste, zerdrückte den leeren Styroporbecher, bis er zerbröselte. Mit einiger Mühe beherrschte ich den Drang, Hank seinen eigenen Arsch auf dem Silbertablett zu servieren. Meine Fingernägel gruben sich in meine Handflächen. Das war alles, was ich tun konnte, um mich unter Kontrolle zu halten. Ruhig, Mädchen , zischte ich tonlos. Das ist nicht die richtige Zeit und nicht der richtige Ort! Wenn wir gegen Hank kämpfen, verlieren wir alles, was wir uns aufgebaut haben. Ich hielt stand. Aber die Kraft in mir war schwindelerregend. Sie stemmte sich mit der Gewalt eines Tornados gegen mich.
Hanks Augen weiteten sich vage überrascht, aber er hatte sich schnell wieder im Griff. »Ja, genau wie eine läufige Hündin!« Er presste ein Glucksen zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Aber nicht wie ein echter Werwolf. Denn kein anständiger Wolf würde derartig stinken.«
Er wollte mich aus der Reserve locken.
Das war sein natürlicher Wolfsinstinkt. Ich wusste es. Er wusste es. Wir alle wussten es. Ob er mich für einen Wolf hielt oder nicht, war an diesem Punkt ohne Bedeutung. Dies war eine Stresssituation, und ein Wolf wie Hank verströmte ununterbrochen Dominanz und fürchtete stets um seinen Platz in der Rangordnung. Da war er ganz anders als James und Tyler, die ihre Dominanz durch rohe Gewalt gefestigt, sich Respekt verdient hatten. Die beiden hatten dafür gesorgt, dass die anderen Wölfe vor Auseinandersetzungen, die sie nicht gewinnen konnten, auf der Hut waren. Ein Wolf konnte Macht wittern, und die Übergangsriten in unserer Art waren hart. Regelmäßig kam es zu Rangkämpfen. Die Rudeldynamik war in stetem Fluss. Es gab nur eine Konstante: Die Schwachen fielen in der Rangordnung ab, die Starken stiegen auf.
Ich atmete flach, und plötzlich durchbohrte mich die Erkenntnis wie ein Pfeil: Würden Hank und ich jetzt kämpfen, gewänne ich. Haushoch. Es war nicht wichtig, dass Hank älter und stärker war. Es war nicht wichtig, dass oder ob er zu Recht auf einer höheren Rangstufe stand als ich.
Ich wusste es einfach.
Im Rausch dieser
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