Vollmondfieber: Roman (German Edition)
Büros lagen im Erdgeschoss.
Ich öffnete die undurchsichtige Glastür mit der weißen Aufschrift »Hannon & Michaels, Investigations« und ging hinein.
Hinter ihrem Schreibtisch schob Marcy ihren Stuhl zurück und erhob sich. »Na, sieh mal einer an, wer auch schon hereinschneit!«, sagte sie und tat so, als würde sie einen prüfenden Blick auf die Wanduhr werfen.
»Ich weiß, ich bin spät dran«, gab ich zurück. »Mein Handy ist irgendwann in der Nacht ausgegangen. Ich brauche ein neues Ladegerät. Mein altes gehört zu den vielen Verlusten in meiner verwüsteten Wohnung. Kein Wecker. Aber ich wette, das wusstest du bereits. Wie oft hast du versucht, mich anzurufen?«
»Anders als du vermutest, oh gesegnete Arbeitgeberin, habe ich mir alle Mühe gegeben, dich schlafen zu lassen. Ich bin deine Hüterin schließlich nur in Teilzeit. Meine übrigen wichtigen Rollen umfassen – aber nur unter anderem – die lebenslustige Freundin, die schöne, muntere Kumpanin und deine brillante Buchmacherin. Und all das kann ich nur, weil ich so unfassbar begabt bin.« Marcy kam hinter ihrem Schreibtisch hervor.
»Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie im Glücksspiel versucht«, sagte ich lachend. »Und ich habe die ganze Zeit gedacht, du würdest hier arbeiten, nicht spielen!«
»Nein, das, meine Liebe, würde eine fürchterliche Langweilerin aus mir machen.« Sie schlang für einen kurzen Moment die Arme um mich, ehe sie mich auf Armeslänge von sich hielt. Ihre knochigen Fingerspitzen gruben sich in meine Schultern. »Und wenn du mich je wieder derart zu Tode erschreckst, dann kündige ich. Ich schwöre es. Endgültig.« Sie schüttelte mich. »Und ich werde nie zurückkommen. Verstanden?« Dann ließ sie mich los und ging zurück hinter ihren Schreibtisch.
»Marcy«, tadelte ich, »deine tiefe Besorgnis um meine Sicherheit und mein Wohlergehen macht mich ganz nervös!«
»Mir egal. Außerdem sieht das nur so aus. Aber Leute in Angst und Schrecken zu versetzen, ist nicht lustig. Ich hätte beinahe einen Herzanfall bekommen. Du setzt meine Gesundheit aufs Spiel, wenn du so was noch einmal tust.« Sie setzte sich, zog ihre modische Brille aus den dichten roten Locken, Haare, von denen ich nur träumen konnte, und nahm ein Blatt Papier von einem Stapel, der vor ihr auf dem Tisch lag. Zurück zum Geschäft. »Du hast einige Anrufe wegen des Craig-Falles erhalten. Der, den du letzte Woche abgeschlossen hast. Der Hexenmeister will eine Entschädigung für seine gebrochene Nase.« Marcy spulte die Einzelheiten herunter. »Ach ja, dieser potenzielle neue Klient, der, von dem ich dir gestern erzählt habe, heißt Colin Rourke. Hört sich nach einem interessanten Fall an. Außerdem ist er total süß.« Sie wühlte in dem Stapel Notizen, der mit dem Namen »Molly« gekennzeichnet war. »Und heute Abend sind du und Nick für einen weiteren Drake-Überwachungseinsatz eingeplant. Während du fort warst, hat Nick Gary für die Überwachung angeheuert. Der Bericht liegt auf deinem Schreibtisch. Oh, und Nick wollte, dass ich dir etwas ausrichte. Ich zitiere: ›Wenn sie ihren Arsch aus dem Bett geschleift hat, dann sag ihr, ich werde den ganzen Tag außer Haus sein und versuchen, aus diesem Durcheinander mit dem Besitzer des Farbengeschäfts und den Graffiti schlau zu werden.‹ Ende des Zitats.« Marcy reichte mir den Stapel Papiere. »Das ist ungefähr alles.«
»Du bist eine Göttin, wie es keine zweite gibt.« Ich schnappte mir die Notizen und blätterte sie rasch durch. »Sieht aus, als würde mich das den ganzen Tag im Büro festhalten. Das ist gut so. Denn ich soll mich so oder so bedeckt halten.«
»Ja, allerdings. Kein Ausgang für dich.«
Ich tat einen Schritt in Richtung meines Büros. »Oh, übrigens.« Ich drehte mich wieder um. »Ich brauche enorme Mengen an Essen, und es sollte so schnell wie möglich geliefert werden – und ich meine wirklich alles, was du auftreiben kannst: Burger, Fritten, Shakes, Chinesisch, was auch immer. Und wenn du schon dabei bist, lass uns die Kaffeemaschine näher an meinem Schreibtisch positionieren! Beispielsweise gleich auf der Tischplatte.«
Marcy blinzelte nicht einmal. »Verstanden.«
»Ach, und Marcy?« Sie riss den Blick von den Speisekarten los, die sie bereits aus der Hängeregistratur ihres Schreibtischs gezogen hatte. »Ich erhöhe dein Gehalt um dreißig Prozent, gültig ab letzten Freitag. Ich möchte auf keinen Fall das bestgehütetste Geheimnis der ganzen
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