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Vollmondkuss

Titel: Vollmondkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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über Bismarck gehalten. Damals hatte sie nicht nur im Internet recherchiert, sondern auch in Bibliotheken und Antiquariaten. Doch so sehr sie sich den Kopf zermarterte, ihr wollte einfach nicht einfallen, ob sie in diesem Zusammenhang auch das Antiquariat Lechtewink entdeckt oder schon vorher von seiner Existenz gewusst hatte.
    »Es ist nicht wichtig«, murmelte Jolin.
    Entscheidend war vielmehr, dass sie Harro Greims getroffen und sich mit ihm angefreundet hatte. Die Geschichten, die er ihr über seine geheimnisvolle große Liebe erzählt hatte, mussten sie wohl unterschwellig dazu veranlasst haben, das Buch mit dem schwarzen Samteinband zu kaufen. Rouben hatte sie nicht in das Antiquariat gelockt, das war gar nicht nötig gewesen, es sei denn, er hatte ein Interesse daran, dass sie etwas über Vampire erfuhr. - Ja, natürlich! Jolin schüttelte lächelnd den Kopf. Dass sie darauf noch nicht gekommen war! Und in dem Moment, als sie die Bedeutung dieser Erkenntnis erfasste, schlug ihr Herz sofort ein paar Takte schneller. Sie war Rouben nicht gleichgültig. Zwar konnte sie nicht ein-schätzen, wie groß seine Sympathie für sie war, aber er legte zweifelsohne Wert darauf, dass sie ihn verstand. Es mochte Narzissmus sein, lieber aber wollte Jolin an so etwas wie Zuneigung glauben. Verdammt nochmal! Diese Nacht konnte auch an ihm nicht so vollkommen spurlos vorbeigegangen sein! Irgendwo, tief in seinem Inneren, musste es ihn doch berührt haben! - Sofern ein Vampir, auch wenn er ein Halbblut war, sich überhaupt berühren lassen konnte. Woher aber hatte er dann diese Zärtlichkeit genommen? War sie einzig und allein der Sehnsucht nach einem sterblichen Leben entsprungen?
    Jolin musste unbedingt mehr über diese Halbwesen und die Welt, in der sie lebten, erfahren. Es war doch geradezu verrückt, dass ihr Unterbewusstsein sie bereits auf den richtigen Weg geschickt hatte. Nach wenigen Schritten war Jolin bei der Bäckerei. Es duftete verführerisch nach frischen Brötchen, aber ihr Magen war wie zugeschnürt. Vielleicht hinterher, wenn sie das richtige Buch gefunden hatte ...
    Sie war aufgeregter als sonst, als sie die Tür aufdrückte und den staubigen Laden betrat. Die Glockenkette bimmelte, und Jolin blieb einen Augenblick stehen und sah sich nach Ansgar Lechtewink um. Er schien nicht im Laden zu sein. Hinter dem Tresen nicht und auch nicht auf einer der langen Leitern, die an den hohen Regalen lehnten.
    Jolin schloss die Tür hinter sich und ging auf die Registrierkasse zu. Von dort aus konnte sie vielleicht einen Blick in das angrenzende, fensterlose Büro werfen, das immer nur schwach von einer kleinen Schreibtischlampe beleuchtet wurde. »Hallo?«, rief sie. »Hallo, Herr Lechtewink! Sind Sie da?« Sie reckte den Kopf, konnte aber durch den schmalen Spalt, den die Bürotür geöffnet war, nichts erkennen.
    Hoffentlich gibt es ihn überhaupt noch!, schoss es ihr durch den Kopf. Und plötzlich sah Jolin sie wieder vor sich, so als ob es gerade erst wenige Minuten her wäre — Ansgar Lechtewinks flaumig behaarte Hand und die kleinen punktförmigen Wunden genau über einer erhobenen Vene. Was, wenn Rouben ihn ein zweites und drittes Mal überfallen und gebissen hatte?
    Nein, nein, nein, nein, nein, nein, das traute sie ihm auf keinen Fall zu. Ein Vampir, dessen Vater ein Mensch war und der sich nach einem sterblichen Leben sehnte, würde keinen Menschen in eine blutrünstige Bestie verwandeln. Davon abgesehen lief er schließlich selbst Gefahr, eines Tages von eben diesem Untoten in die Welt der Dunkelheit zurückgeholt zu werden. O nein, Jolin war ganz sicher, dass Rouben nur so viel vom Blut des Antiquars getrunken hatte, wie er gerade eben benötigte, um seinen Hunger zu stillen. Carina hatte er sogar völlig verschont, nur die Hunde hatte er getötet. - Auch Helma!
    Jolin spürte einen leichten Schwindel, drehte sich um und lehnte sich mit der Rückseite gegen den Tresen, um sich besser abstützen zu können. »Warum, Rouben?«, murmelte sie. »Warum hast du das getan? Dein Vater hatte doch niemanden mehr. Von allen Wesen, die er jemals geliebt hatte, war Helma ihm als Einzige geblieben. Warum musstest du sie ihm auch noch wegnehmen?«
    »Kann ich etwas für Sie tun?«, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihr. Sie gehörte nicht Ansgar Lechtewink.
    Jolin wirbelte herum.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte die dunkel gekleidete Frau, die ihr Gesicht mit einem Schleier verhüllt hatte. Nur die großen schwarzen

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