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Vollmondstrand

Vollmondstrand

Titel: Vollmondstrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra M Klikovits
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gesagt«) sehen. Immer an der Seite ihrer ersten großen Liebe und den eins, zwei, drei Kindern. Hat fast nie gemeckert, sich kaum beklagt.
    Janas kamen aus der Mode, fand Rosa. Fast alle ihre Freunde waren geschieden, getrennt oder nicht verheiratet. Niemand hatte mit 40 zwei Kinder, Hund, Haus und Ehepartner. Irgendetwas in dieser Aufzählung war jedem verloren gegangen.

16
    Gerade wollte Rosa eine Kleinigkeit zu essen zubereiten, als das Telefon läutete.
    »Talbot, ja bitte!«
    »Ich hab gewusst, dass du ihn zuerst sehen wirst!«, ertönte es aus der Leitung.
    »Wen denn?« Rosa erkannte die Stimme ihrer älteren Schwester und beschloss trotzdem, die Unwissende zu spielen. »Wer ist da, bitte?«
    »Na, den Freund von Lina, diesen Jonas. Sie waren doch Sonntag bei dir.«
    »Meinst du Jojo?« Rosa ließ den Namen betont vertraut klingen. Es machte ihr Spaß, die Schwester ein wenig zu necken.
    »Ja, die waren da. Ist das verboten? Ich bin Linas Patentante. Und außerdem, sei nicht so spießig. Die beiden sind alt genug.« Innerlich begann Rosa, sich zurückzulehnen.
    »Alt genug für was? Das musst du ja wissen. Du hast ja keine Kinder. Du bist ja zu bequem dafür.«
    Sie hat noch immer diese keifend anklagende Stimme, wenn sie sich aufregt, dachte Rosa. Sie musste sich eine Atempause verschaffen. »Moment, Moment! Zu allererst würde ich vorschlagen: ›Hallo, liebe Schwester, lange nichts von dir gehört.‹ Zeit für so viel Freundlichkeit muss sein!«
    »Hallo. Also, was war los?«
    Rosa wusste, wie sie ihre Schwester reizen konnte: »Nun«, sie legte eine schöpferische Pause ein. »Die Turteltäubchen läuteten in der Nacht um halb vier, völlig zugedröhnt, ihnen war das Koks ausgegangen, und sie trieben es gleich im Vorzimmer, so laut, dass die Nachbarn die Polizei holten, und jetzt sind sie vorbestraft, aber eh nur wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses. Sonst noch Fragen?«
    Am anderen Ende war es still geworden.
    Ha, nimm das für die Herde Osterhasen, die du mir weggefuttert hast in all den Jahren! Rosa war vergnügt. Dass sie ihre Schwester Clara so schnell in die Flucht schlagen würde, hätte sie nicht gedacht! Ein später Triumph.
    In diesem Augenblick siegte nicht nur Rosa gegen Clara. Nein, die Helden-Anwärter ihrer bisherigen Leben taten es ihnen gleich und matchten sich ebenso: Es siegte Dirk Stermann gegen Bully Herbig, Keith Jarrett gegen die Wiener Sängerknaben und Little Britain gegen den ganzen Quatsch Comedy Club! Rosa war zufrieden.
    Was wollte man mehr?

17
    »Du bist so blöd!«
    Clara hatte all ihre unverbrauchten Gehirnzellen auf den Plan ›Zurück‹ gebracht. Sie hatte noch alle, da war Rosa ganz sicher. Nie hatte sie Clara betrunken, nicht mal angesäuselt erlebt. Auch nicht headbangend! Alles wurde aufgespart an Gedächtnisleistung, um – ja was? Alles bewahrt, um Vorbild zu sein und Lehrerin. Professorin, da legte sie schon Wert drauf.
    Und was hatte sie nun davon? Endlose Vormittage mit immer verhaltensorigineller werdenden Jugendlichen und angestaubten Lehrplänen zwischen den, zugegeben, extralangen Ferien? Für Rosa war diese Form des Bildungsauftrags nicht infrage gekommen, obwohl, um die Sprachreisen hatte sie Clara beneidet! In den Semesterferien hatte sich die Schwester bevorzugt in England und Italien aufhalten dürfen, um an ihrer Ausdrucksweise zu feilen. Auf elterliche Kosten, versteht sich.
    Um dort mit einheimischen Polokragenbesitzern die Sprudelfähigkeit von Mineralwasser zu diskutieren, dachte Rosa. Welche Verschwendung!
    Firenze, der Dom, wunderbar, aber gehörte das Flanieren abends, wenn die Sonne unterging, und die Vespas, mit denen verliebte Pärchen ihre Runden um den Platz zogen, nicht genauso zur Kultur?
    Rosa hatte sich während der Schulzeit für das Leben der ganz normalen Leute interessiert, nicht für Herrscher oder Kriege: Was hatten die Untertanen gedacht, wie hatten sie den Tag verbracht, was waren ihre Nöte gewesen und worüber konnten sie sich freuen?
    Oder London. Die Stadt mit den schrillsten Mode- und Musikneuigkeiten.
    Wer kaufte dort dunkelblaue Burberry-Pullover und Dudelsack-CDs aus den 60-ern? Clara. Sie wusste nicht einmal, wer Sid Vicious war, und rühmte sich gleichzeitig, die ganze englische Kulturgeschichte zu kennen!
    Die wichtigen Dinge des Lebens standen nicht in Büchern, die lagen irgendwo auf der Straße, fand Rosa. Bereit, aufgehoben zu werden, aber dazu musste man sie vorher sehen … und sich dann bücken, mit dem

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