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Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Titel: Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas M. Sturm
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Grundprinzipien verletzt: Beginne nie eine Affäre mit einem Kollegen – oder wie in dem konkreten Fall, mit einer Kollegin – und dränge dich nie in eine Beziehung.
    Nach ihrem Morgensport, den sie äußerst widerwillig absolvierte, setzte sich die Misere mit Karins Frühstück fort. Lustlos stocherte sie in ihrem Essen herum. Sie nahm letztlich nur Nahrung zu sich, weil sie hungrig war. Das Essen an sich bereitete ihr keinen Genuss. Alles schmeckte fad, irgendwie nach gar nichts. Bei ihren gewohnten Tätigkeiten war Karin total unkonzentriert, nichts was sie an diesem Tag begann, glückte ihr. Es gelang ihr nicht, sich auf irgendeine Weise abzulenken. Ihre Stimmungslage wechselte ständig. Sie schwankte zwischen Euphorie und Depression hin und her. Karin kannte diese Empfindungen. Vor fast fünfundzwanzig Jahren, als sie ihren Mann kennenlernte, durchlebte sie ähnliche Höhen und Tiefen. Bestürzt war ihr klar geworden, dass sie sich in Sandra verliebt hatte. Es war nicht nur der letzte Abend, bereits in den vergangenen Tagen waren Gefühle zu Sandra in ihr aufgelebt, die sie bis zu dem gestrigen Abend energisch verdrängt hatte.
    Doch Karin hatte den Beschluss gefasst, hart zu sein und keine Beziehung mit Sandra zu beginnen. Ob sie stark genug dafür war, daran zweifelte sie selbst. Denn bereits wenn sie nur an Sandras Augen dachte, wurde sie schwach. Diese großen, braunen Augen, die Karin magisch anzogen. Wie gern würde sie sich in diese Tiefen fallen lassen und einfach nur glücklich sein. Sie sehnte sich so sehr nach Sandra, dass es wie eine Wunde schmerzte.
    Alles Grübeln half Karin nicht aus diesem Dilemma. Um abzuschalten, kam für sie als einzige Möglichkeit nur ein langer Streifzug infrage. Deshalb kämpfte sie sich nun einen schmalen Trampelpfad entlang. Die kleinen ausgetretenen Flecken direkt am Wasser zeigten Karin, dass Angler den Weg mit ihren Gummistiefeln geformt hatten. Der Boden war durch den Regen der vergangenen Tage aufgeweicht und als Karin an ihrer Hose herunterblickte, sah sie, dass sie bis in Wadenhöhe mit Dreck bespritzt war. Doch stur wie sie nun einmal war, setzte sie ihren Weg verbissen fort. Sie mochte es ganz und gar nicht, eine einmal bewältigte Strecke zurückgehen zu müssen.
    Als das Gestrüpp lichter wurde, erreichte Karin eine freie Fläche. Nach ein paar Schritten musste sie zu ihrem Erschrecken feststellen, dass sie sich auf einer Halbinsel befand. Sie wandte sich zurück und betrat ein Gelände, welches augenscheinlich einem Bootsverein gehörte. Das Verbotsschild ignorierte Karin. Sie gehörte nicht zu den Menschen, die kehrt machen, wenn ein ›Betreten verboten‹ Schild im Wege stand. Karin pflegte dann stets weiter zu laufen, um herauszufinden, weshalb das Schild angebracht wurde. Die Rudersaison hatte scheinbar noch nicht begonnen, denn das Areal lag einsam vor Karin. Sie gelangte an ein Tor, hinter dem die Straße vorbeiführte. Doch zu Karins Pech war es verschlossen. Sie stand nun vor der Wahl: Entweder sie quälte sich den unangenehmen Weg zurück, oder sie kletterte über den Zaun. Aufgeben kam für Karin nicht infrage. Als sie sich vorsichtig umsah, ob jemand in der Nähe sei, vernahm sie plötzlich schabende Geräusche, die aus einem entfernten Bereich des Geländes zu ihr drangen. Karin ging rasch in Richtung der Töne und entdeckte einen Mann, der einen weißen Kunststoffoverall trug und alten Lack von einem Boot entfernte.
    »Entschuldigen Sie die Störung. Ich bin vom Blauen Wunder bis hierher gelaufen und da der Pfad sehr unwegsam war, möchte ich ihn nicht zurück gehen. Würden Sie mir bitte die Pforte zur Straße aufschließen?«
    Der Mann unterbrach seine Arbeit und musterte Karin freundlich. »Ja, ich kann sehen, dass Sie die schlammige Route gewählt haben.« Er griff nach seinem Schlüsselbund und ging Karin zum Tor voraus. Er war sehr groß, Karin schätzte, dass er sie um dreißig Zentimeter überragte. Entsprechend lang waren seine Beine, mit denen er bei einem Schritt eine Entfernung zurücklegte, für die Karin drei Schritte benötigte. So war sie gezwungen, sehr schnell zu laufen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Hinter ihm gehend, bemerkte sie, dass er seinen Overall an mehreren Stellen mit Klebeband geflickt hatte. Er hielt Karin die Tür auf, diese bedankte sich, wünschte ihm noch erfolgreiches Schaffen, da besann sie sich im letzten Moment auf ihren Job.
    »Eine Frage habe ich noch. Kennen Sie diese Frau?« Karin hatte

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