Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung
blitzschnell ihren Rucksack vom Rücken gerissen, die Phantomzeichnung von Adina herausgeholt und hielt sie dem Mann vor das Gesicht. Der warf einen kurzen Blick auf das Bild, sah Karin an und musterte sie erneut, diesmal aber eindeutig misstrauisch. »Wer will das wissen?«
»Oh, Entschuldigung.« Karin holte ihren Dienstausweis heraus und stellte sich vor. Der Mann blickte noch einmal auf die Zeichnung, dann nickte er. »Das ist Adina Mahler. Sie ist Mitglied im Ruderverein. Hat sie etwas angestellt?«
»Wir benötigen nur ihre Aussage. Sie ist eventuell eine wichtige Zeugin«, wiegelte Karin ab. »Kennen Sie Frau Mahler gut?«
»Nein, nur vom Sehen. Adina war immer für sich. Ihrer zurückhaltenden Art kam es sicher entgegen, allein auf der Elbe zu rudern. Aber die letzten Jahre habe ich sie nicht mehr oft gesehen. Ihren Mitgliedsbeitrag bezahlt sie regelmäßig, aber sie hat sich rar gemacht. Es ist schade um ihr Boot, ohne Pflege verfällt es.«
»Die Adresse von Frau Mahler kennen Sie nicht zufällig?«
»Tut mir leid, damit kann ich nicht dienen. An die Unterlagen komme ich nicht heran. Heute am Sonntag ist das Büro verschlossen und dafür habe ich keinen Schlüssel.«
Karin hätte den Mann vor Glück küssen können. Sie konnte es nicht fassen. Gestern der Vorname und heute wurde ihr der dazu gehörende Nachname auf einem Tablett präsentiert. Sie bedankte sich bei dem Mann und wünschte zum zweiten Mal einen schönen Tag.
Unverzüglich lief Karin im Sturmschritt in Richtung Körnerplatz. Sie wusste, dass sie dort ein Taxi chartern konnte. Sie bedauerte ihre Mitarbeiter, denen sie gleich ihren Sonntag rauben würde.
Als Erstes meldete sie sich an die Welt zurück, indem sie ihr Handy einschaltete. Sie hatte es den gesamten Tag bewusst deaktiviert, weil sie befürchtete, dass Sandra anrufen könnte. Da sich Karin noch nicht über ihre Strategie im Klaren war, mit der sie Sandra entgegentreten wollte, hatte sie es vorgezogen, sich tot zu stellen.
Kaum waren die wenigen Minuten, die das Handy benötigte, um empfangsbereit zu sein, verstrichen, piepte es aufgeregt los. Karin studierte die Liste der Anrufer. Steffen Dahlmann musste schon am Verzweifeln sein, stellte Karin fest, als sie die Zahl seiner vergeblichen Bemühungen sah. Als sie mit ihm sprach, wurde ihr klar warum.
22. Kapitel
Karin fuhr mit einem Taxi auf direktem Weg zur Polizeidirektion, wo Steffen Dahlmann bereits auf sie wartete. Als sie das Büro betrat, hob Steffen seine Augenbrauen und beäugte sie kritisch. »Hast du Moorsoldat gespielt, oder ist dir dein Handy in ein Schlammloch gefallen und du musstest danach wühlen?«
Karin verstand den Tadel sofort. »Entschuldige, dass ich mein Handy abgeschaltet hatte, aber ich musste unbedingt meinen Kopf freibekommen«, log sie ohne Gewissensbisse. »Und was meine Hosen anbelangt – ich war wandern und habe mich dabei vollgesaut, aber umsonst war es nicht. Wir wissen wenigstens mit Sicherheit, dass wir von derselben Frau sprechen. Wie bist du ihr eigentlich auf die Spur gekommen?«
»Indem ich einfach deine Anweisungen nicht befolgt habe.« Steffen lachte nach seinen Worten leise auf. Als er Karins verdutzte Miene sah, hob er beschwichtigend seine Hand, »Nein, nein. War nur ein Scherz. Ich habe einfach nach dem gesucht, was nicht im Computer erfasst war.« Danach schilderte er minutiös seine Erlebnisse und schloss mit den Worten: »Ich bin einfach die Teilnehmer der Gegenüberstellung durchgegangen und nach Eliminierung aller Personen, die dienstlich anwesend waren, blieb nur eine Person übrig. Adina Mahler. Sie hat Sarah Lefort zu diesem Termin begleitet. Ich habe die Adresse von Frau Mahler herausgefunden und wollte sie aufsuchen. Leider war sie nicht daheim.« Dann stutzte er plötzlich und musterte Karin zum zweiten Mal äußerst kritisch. »Moment mal. Habe ich dich eben richtig verstanden, du kennst die Frau auch?«
»Die Frau nicht, nur ihren Namen. Und über den Nachnamen bin ich erst vor einer viertel Stunde gestolpert.«
»Wie bist du eigentlich auf diese Frau gestoßen?«, fragte Steffen und gab Karin dabei mit einer Geste zu verstehen, dass mit ihrem Haar etwas nicht in Ordnung war.
»Das ist eine längere Geschichte«, sagte Karin, »ich würde sie dir gern später erzählen.« Während dieser Worte versuchte sie den Zweig aus ihren Haaren zu zupfen, den sie nach Steffens Hinweis dort aufgespürt hatte.
»Du hast recht«, pflichtete Steffen ihr bei, »die Zeit
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