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Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Titel: Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas M. Sturm
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war, um zur Ruhe zu finden. Als sie sich gefasst hatte, sagte sie: »Es ist uns bekannt, leider erst seit kurzer Zeit, dass bei den Ermittlungen betreffs Frau Leforts Vergewaltigung Fehler begangen wurden. Genau aus diesem Grund rollen wir den Fall wieder neu auf. Ich verstehe Ihre Frustration, trotzdem ersuche ich Sie, uns zu unterstützen.«
    Herr Brendler bedachte Karin mit einem abfälligen Lächeln. »Sie können mir nicht weismachen, dass Sie einen Vergewaltigungsfall nach drei Jahren wieder aufrollen.«
    Karin zählte dreimal bis zehn. »Herr Brendler, ich will Ihnen überhaupt nichts vorspielen. Aber wenn Sie hier und jetzt unsere Fragen nicht beantworten, bestelle ich Sie morgen Vormittag in die Polizeidirektion.«
    »Damit schrecken Sie mich nicht«, entgegnete Herr Brendler trotzig.
    Karin glaubte ihm das sogar. Er schien nicht der Typ zu sein, der sich leicht Angst einjagen ließ. Sie verzichtete auf eine erneute Zahlenreihe. Stattdessen besann sie sich auf ihren Charme. »Ich habe bereits zugegeben, dass die Ermittlung fehlerhaft geführt wurde. Wir sind auch nur Menschen. Obwohl Sie einen kompetenten Eindruck vermitteln, wird es auch Ihnen sicherlich nicht gelingen, jegliches Fehlverhalten von Lehrern an Ihrem Gymnasium zu verhindern. Ich schlage vor, wir vergessen, was bisher gesagt wurde und starten neu. Es geht schließlich darum, Sarah – wenn auch zu spät – Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Da Sie Sarah bestimmt mochten, wird das auch in Ihrem Interesse liegen.«
    Diese Worte, unterstützt von Karins versöhnlichem Gesichtsausdruck, verfehlten ihre Wirkung auf den Schulleiter nicht. Immer noch knurrig, steckte er sich eine Zigarette an, nahm einen tiefen Zug, blies den Rauch genießerisch aus und sagte, nun erheblich freundlicher: »Es ist für mich immernoch schwierig, objektiv mit den damaligen Geschehnissen umzugehen. Sarah lag uns allen, und damit meine ich wirklich
alle
hier am Gymnasium, am Herzen. Wenn Sie die Schule jetzt sehen, können Sie sich nicht vorstellen, wie das Gebäude nach Sarahs Tod wirkte. Es war, als wäre alle Wärme und Farbe fortgeweht wurden. Auch in den Pausen herrschte eine gespenstische Stille. Es hat lange gedauert, bis dieser Druck wich.«
    Karin, die Herrn Brendler gegenüber saß, rückte mit ihrem Stuhl ein Stück nach hinten, um der graublauen Wolke zu entkommen, dabei hustete sie demonstrativ. Der Schulleiter warf ihr einen verdrießlichen Blick zu, drückte seine nur halb aufgerauchte Zigarette in dem vor ihm stehenden Aschenbecher aus und öffnete ein Fenster. Er blieb hinter seinem Stuhl stehen, umfasste mit beiden Händen die Stuhllehne und setzte seine Ausführungen fort. »Sie baten mich, Sarahs Charakter zu umreißen. Nun gut! Sarah war ein freundlicher Mensch. Sie kam mit allen gut zurecht. Meist sagt man das nur so, aber bei ihr war es Realität. Es war ihrem Wesen eigen. Sie sah in allen Menschen nur Gutes und das spürte man auch, sowie man mit ihr Kontakt hatte. Durch dieses Naturell hatte sie auch bei ihren Schülern leichtes Spiel. Sie vergötterten ihre Frau Lefort. Das kommt heutzutage nicht mehr oft vor. Das Erstaunliche dabei war, dass bei anderen Lehrern nie Neid deshalb aufkam. Sarah wurde auch von ihren Kollegen sehr geschätzt. Sie hatte so eine ungezwungene, charmante Art mit ihren Mitmenschen umzugehen, dass ihr buchstäblich alle Herzen zuflogen, auch meines, wie ich gestehen muss.«
    Hier legte Herr Brendler eine Pause ein, um sich zu setzen und eine neue Zigarette zu entzünden. Nach einigen schnellen Zügen sprach er weiter: »Der zweite Charakterzug ist nicht ganz so rühmlich für sie. Sie war ein faules Luder. Schreibarbeit, egal in welcher Form, war ihr verhasst. Auch ihre Stundenvorbereitung versah sie sehr lax. Doch wenn ich sie daraufhin ansprach, gebrauchte sie ihren reizenden
    Augenaufschlag und sagte mit ihrem unnachahmlichen französischen Akzent: ›Oh, das habe ich ganz vergessen, dann mache ich das eben live‹. Ich habe es ihr immer nachgesehen, da es an Sarahs fachlicher Arbeit absolut nichts auszusetzen gab. Sie war auf ihren Gebieten perfekt und hielt sich auch ständig auf dem aktuellen Stand.«
    Trotz Karins wiederholtem Hüsteln steckte sich Herr Brendler eine weitere Zigarette an. Obwohl das Fenster geöffnet war, wurde die Luft im Raum immer dicker. Ungerührt blies der Schulleiter eine weitere Qualmwolke in Karins Richtung. »Über das Privatleben von Sarah kann ich leider nicht viel berichten. Sie nahm

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