Vom Dämon gezeichnet - Rowland, D: Vom Dämon gezeichnet
genug, dass es die beste Entscheidung meines Lebens war, zu dir zu ziehen und mit dir zusammenzuleben. Ich glaube, das habe ich dir sogar noch nie gesagt. Und das hätte ich wirklich tun sollen. Ich habe viel zu lange herumgejammert, dass mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt worden ist, aber die Wahrheit ist, dass ich eigentlich gar kein Leben hatte, bevor du zu mir kamst.« Sie gab ein kleines Lachen von sich. »Okay, das ist jetzt ein bisschen unerträglich rührselig geworden. Tut mir leid. Ruf mich an, wenn es vorbei ist. Ich liebe dich.«
Ich drückte auf den Knopf, um die Aufzeichnung zu speichern. Ich hatte ein albernes Lächeln im Gesicht und feuchte Augen. Ich drückte auf die Kurzwahltaste für ihre Nummer und konzentrierte mich darauf, was ich ihr eigentlich sagen wollte.
Eine tiefe, polternde Stimme, die mit absoluter Sicherheit nicht meiner Tante gehörte, meldete sich.
»Sei gegrüßt, kleine Beschwörerin.«
Ich erstarrte, und meine Finger umklammerten das Telefon. Das ist ein höherer Dämon ! Scheiße, hat Tante Tessa heute Nacht einen beschworen? Aber wieso sollte er ans Telefon gehen? Meine Gedanken überschlugen sich einen Moment und wollten die anderen Möglichkeiten nicht wahrhaben.
»Ich möchte gern mit meiner Tante sprechen«, gelang es mir, ruhiger zu sagen, als ich selbst gedacht hätte.
Ein leises Zischen. »Sie ist indisponiert. Vielleicht möchtest du nach ihr sehen?«
Ich holte tief Luft. »Was hast du mit ihr gemacht? Wo ist sie?« Nein. Nein. Nicht Tessa. Nicht jetzt. Nicht bevor ich eine Chance gehabt habe, ihr zu sagen …
»Ihr Blut ist stark, kleine Beschwörerin«, fuhr die tiefe Stimme fort. »Ist deins genauso mächtig? Hier ist noch ein anderer Beschwörer, der das gern herausfinden möchte.«
»Sag Ryan, er soll sich ins Knie ficken!«, brüllte ich und zitterte am ganzen Körper.
Ich hörte, wie der Dämon eine Art Lachen von sich gab, das sich wie ein Erdrutsch anhörte. »Komm zum Sozialzentrum an der siebten Straße, dann benutzen wir dein Blut anstelle von ihrem.«
Ich schwieg und umklammerte das Telefon so fest, dass das Plastik in meiner Hand nachgab. Das Sozialzentrum. Ryan war nicht im richtigen Alter, um Peter Cerise zu sein. Aber Reverend Thomas! Und er hatte jede Menge Gelegenheiten, sich Gregs Zeichnungen anzusehen. Warum sonst das Sozialzentrum?
Aber wenn ich dorthin fuhr, würde ich meine Chance aufgeben, ihn daran zu hindern, Rhyzkahl zu beschwören. Scheiße! »Wirst du sie freilassen, wenn ich komme?« Mein Magen verknotete sich. Er würde sie nicht freilassen. Ich wusste es. Er hatte sie benutzt und würde mich benutzen, und er würde Erfolg haben mit seiner Beschwörung.
Ein kurzes Schweigen entstand, dann gab der Dämon ein tiefes Knurren von sich. »Wenn du kommst, wird sie freigelassen.«
»Unverletzt?«
»Dafür ist es zu spät«, erwiderte er, und mich überlief ein weiterer Schauer.
»Lebend?« Mir brach die Stimme weg.
»Sie wird lebendig freigelassen.«
»Schwörst du es?«
»Ich schwöre bei meinem Sein: Wenn du kommst, wird sie lebend entlassen.«
»Gut«, erwiderte ich, und mir rauschte das Blut in den Ohren. »Ich werde da sein.«
Die Verbindung wurde unterbrochen, und ich öffnete langsam meine Finger. Das Handy fiel auf den Tisch, und ich umklammerte die Rückenlehne des Stuhls. Ich konnte Tessa einfach nicht dort im Stich lassen. Mein Blick glitt zur Kellertür, und mir wurde schwindelig. Bis zu diesem Moment war es reine Theorie gewesen, dass noch ein paar Leute sterben würden, während ich meine Beschwörung durchführte. Ich hatte sogar irgendwie akzeptiert, dass er Michelle in seiner Gewalt hatte und sie geopfert werden musste. Aber jetzt … Tante Tessa!
Die einzige Familie, die mir noch geblieben war.
Ich wäre jetzt ohnehin nicht mehr in der Lage, die Beschwörung durchzuführen. Selbst wenn ich meine Tante sterben lassen könnte, war meine Konzentration dahin. Ich würde nicht einmal das Portal aufbekommen. Ich hatte keine Wahl.
Ich griff mir den Umschlag, in dem sich der Brief an Tessa befand, und zerriss ihn. Wut stieg plötzlich in mir auf, und ich fachte sie in Gedanken noch an, während ich die Papierschnipsel zu Boden segeln ließ. Mein Fatalismus war zurückgekehrt, aber jetzt fühlte er sich anders an. Ich werde gehen , dachte ich grimmig, während ich mich umzog und meine Waffen anlegte. Vielleicht werde ich sterben. Aber ich werde verdammt noch mal mein Bestes tun, um Ryan und diesen
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