Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht
„Vielleicht stehe ich auf kluge Frauen in Uniform.“
Dieses Mal lachte ich. „Offensichtlich beeinflusst die Hitze deine Wahrnehmung. Jetzt steig in den verdammten Wagen.“
Ich hatte recht gehabt, was die Anzahl der Trauernden anging. Man hatte die Feier in letzter Minute in die Aula des Bürgerhauses verlegt, da keine Kirche in der Gegend groß genug war, um den Ansturm der Trauergäste bewältigen zu können – obwohl Brian in Zusammenhang mit Carols Tod immer noch zum Kreis der Verdächtigen gehörte. Ich suchte mir einen Platz an der Wand und tat mein Bestes, um in der Menge unterzutauchen und nicht aufzufallen, obwohl mir das mit Special Agent Ryan Kristoff an meiner Seite, auf dessen Stirn FBI zu stehen schien, nicht besonders gut gelang.
Die Reihe der Leute, die noch einen Blick in den offenen Sarg werfen wollten, schlängelte sich durch den Saal. Ich stellte mich nicht an. Ich hatte nie das Bedürfnis gehabt, mir die sorgfältig mit Wachs überzogenen und geschminkten Gesichter von Toten anzusehen, und ich wollte den trauernden Eltern auch nicht mein Beileid aussprechen. Ich kannte sie nicht, sie kannten mich nicht, und die Schlange musste ja nicht noch länger werden.
Ich ließ meinen Blick über die Menge schweifen. Fast jeder Dritte der Anwesenden war Polizist – entweder vom Beaulac PD oder aus einem benachbarten Bezirk. Brian war ziemlich bekannt gewesen und hatte außerdem eine Weile für das Büro des Sheriffs gearbeitet, daher verstand ich durchaus, warum so viele Kollegen gekommen waren. Aber ich musste es mir verkneifen, beim Anblick der vielen politischen Speichellecker, die ebenfalls hereindrängten, nicht die Augen zu verdrehen. Diese Versammlung war der Traum eines jeden Lobbyisten. Ich entdeckte fast alle Mitglieder des Gemeinderats und auch des Stadtrats, fast jeden verdammten Angestellten des Gerichts, das gesamte Personal des Bezirksstaatsanwalts, den Bürgermeister selbst und alle möglichen Streifenpolizisten, Richter, Friedensrichter …
Irgendwann gab ich es auf, in Gedanken eine Anwesenheitsliste zu erstellen. Es ist einfach jeder gekommen. Zumindest war es dadurch so voll, dass ich mich gut verstecken konnte.
Leider jedoch nicht voll genug. Ich erstarrte, als ich neben mir ein absichtlich lautes Flüstern hörte.
„Wirklich schade, dass die letzte Beisetzung so eine Verarschung war.“
Ich biss die Zähne zusammen und weigerte mich, dem Sprecher die Befriedigung zu verschaffen, dass ich mich nach ihm umsah. Außerdem brauchte ich das auch gar nicht. Die näselnde Stimme von Detective Boudreaux war auch dann leicht zu erkennen, wenn er flüsterte. Schwachkopf , dachte ich wütend und schob meine Hände in die Taschen, um meine geballten Fäuste zu verbergen.
Meine Anspannung musste greifbar gewesen sein. Ryan wandte den Kopf und warf mir einen fragenden Blick zu.
„Es ist nichts“, sagte ich leise. „Manche Leute sind eben völlige Idioten. Ist gleich vorbei.“ Ich konnte immer noch nicht begreifen, warum eigentlich jeder glaubte, dass ich meinen Tod vorgetäuscht hatte, um Aufmerksamkeit zu erregen, aber ich wusste, dass die Dummheit mancher Menschen keine Grenzen kannte.
Ryans Augen wurden schmal, und dann wanderte sein Blick hinüber zu Boudreaux – oder zumindest nahm ich das an, denn ich wollte mich immer noch nicht umdrehen.
„Wer ist der fette Arsch, der neben dem pickelgesichtigen Arsch steht?“, fragte er mit leiser, ruhiger Stimme, als wollte er sich erkundigen, um wie viel Uhr es etwas zu essen geben würde.
Ich warf einen blitzschnellen Blick hinüber zu Boudreaux. „Der fette Arsch ist Pellini. Der pickelgesichtige Arsch ist Boudreaux.“ Ich schüttelte den Kopf. „Es ist egal. Ignorier sie einfach.“
Ryan sagte nichts, während sein Blick durch den Raum glitt. „Es tut mir leid, Kara“, sagte er nach einem Moment.
„Was denn?“
Ein Ausdruck der Verärgerung und des Bedauerns huschte über sein Gesicht. „Ich wusste nicht, dass alle tatsächlich glauben, du hättest deinen Tod nur vorgetäuscht. Ich dachte, dabei würde es sich lediglich um ein paar wenige Idioten handeln.“
Ich zwang mich, möglichst beiläufig die Schultern zu zucken. „Es sind nur ein paar Idioten. Vergiss es. Das gibt sich wieder. Irgendwann passiert etwas anderes, worauf sie sich stürzen können, und dann ist die ganze Sache Schnee von gestern.“
Seine Lippen wurden schmal. „Stimmt. Es wird irgendwann in Vergessenheit geraten.“ Ich spürte, wie er sich
Weitere Kostenlose Bücher