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Vom Dorf - Abenteuergeschichten zum Fest

Titel: Vom Dorf - Abenteuergeschichten zum Fest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Rávic Strubel
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durch das Gewimmel von Fußgängern, Radfahrern und Straßenbahnen beinahe unmöglich einzuparken. Schließlich mußte ich ein ganzes Stück zu Fuß zurücklegen. Anhand meines Spiegelbildes in den Schaufenstern konnte ich mich immerhin davon überzeugen, daß die Haare ordentlich anlagen. Aber das Vorhaben kam mir plötzlich irrwitzig vor. Vom Literaturgeschäft habe ich nicht die geringste Ahnung. Zu Ostzeiten hatte ich einmal in Kontakt mit Volk & Welt gestanden wegen eines Artikels über die Technik der Piscator-Bühne im Palast der Republik. Das war die einzige Erfahrung mit Verlagen. Und Volk & Welt war mittlerweile eingegangen.
    Im Grunde wußte ich nicht einmal, ob man zum ersten Termin mit dem Cheflektor gleich mit dem Manuskript unter dem Arm erscheint. Noch irrwitziger wurde das Ganze durch die Tatsache, daß das Manuskript nicht von mir war. Jedenfalls würde ich das glaubhaft machen müssen.
    Der Cheflektor des ersten Verlages, den ich aufsuchte, blieb träge hinter einem gläsernen Schreibtisch sitzen. Er hatte ungekämmtes Haar, trug gelbe Turnschuhe und wies |142| mir einen Platz auf einem der Freischwinger zu. Er sah nicht aus, als hätte er auf das Manuskript gewartet. Nachlässig blätterte er darin herum und bei ARS Namen, den ich groß unter den Titel geschrieben hatte, tippte er auf das Papier.
    »Und warum schickt sie uns das Teil nicht selber?«
    »Ich nehme an, weil sie nichts davon weiß.«
    »Seit wann weiß eine Schreiberin nichts von ihrem eigenen Buch?«
    Ich erklärte ihm, daß ARS ihrem Bruder jedes Jahr eine Weihnachtsgeschichte schreibe und der Bruder sich jetzt gern mit einer Veröffentlichung dafür bedanken wolle. Ich sei in Vertretung des Bruders gekommen. Der Lektor wedelte das weg. »Wie rührend.«
    »Das heißt, Sie schätzen das nicht?«
    »Sie haben noch nicht viel mit Schreibern zu tun gehabt, was? Da gewöhnen Sie sich Naivität ziemlich schnell ab.«
    »Sie ist eben eine Ausnahme. Und ich bewundere auch ihre große   –«
    »Wenn Sie viel mit Schreibern zu tun haben, gewöhnen Sie sich auch das Bewundern ziemlich schnell ab. – Sind Sie mit ihr irgendwie verbandelt?« Bevor ich antworten konnte, lachte er. Er warf den Kopf gegen die Kopfstütze und sagte: »Schon gut, das wäre auch zu komisch. Die hat ja früher nur mit Autos gespielt!«
    Es ist müßig, auf weitere Einzelheiten des Gesprächs einzugehen. Er gab mir zu verstehen, daß er niemals ein Manuskript über einen Dritten annehmen würde, nicht einmal, wenn es sich um das einer Nobelpreisträgerin handelte. Ich hatte das Gefühl, daß mein Schlips zu eng saß.
    Die weiteren Gespräche an diesem Tag verliefen ähnlich.
    »Sind Sie denn der Bruder?« fragten sie mißtrauisch. »Wenn Sie nicht der Bruder sind, warum wollen Sie das |143| überhaupt auf sich nehmen?« Meine Erklärung glaubten sie mir nicht. Warum, fragten sie. Warum. Und ehrlich gesagt, hatten sie recht. Nach dieser Woche kommt mir das ganze Vorhaben sinnlos vor.
    Der Schnee macht es nicht einfacher. Er sammelt sich in der Dachrinne, er wächst langsam und unmerklich zu einer Mauer an. Bis es hell geworden ist, wird das untere Fenster zugeschneit sein. Diese Lautlosigkeit draußen. Als wäre man schon halb begraben.
    Manchmal hilft es, eines der Videos einzulegen. Dann entfaltet sich ihre Stimme beruhigend im Halblicht. Ihr rauhes Verschleifen der Silben. Das arrogante Lachen. Mir ist nicht neu, worauf der Lektor mit den Autos angespielt hat. Möglich, daß er da einem Gerücht aufsitzt. Aber selbst, wenn es sich so verhielte, daß bei ARS eine erotische Vorliebe für mich kategorisch ausgeschlossen werden kann, wäre es mir sogar lieber so. Unsere Geistesverwandtschaft würde dann nicht durch Gefühlsduselei gestört werden.
    In einem Verlag lief es ein bißchen besser. Sie waren sehr aufgeschlossen. Erst später habe ich vom Pförtner erfahren, daß sie ihre guten Autoren verloren hatten und interessiert waren an feindlichen Übernahmen.
    Im Grunde sind die Motive ja egal. Aber am Ende haben auch sie nicht verstanden, worum es geht. »Finden Sie das nicht seltsam«, haben sie gesagt, »Wenn Sie unbedingt unerkannt bleiben wollen, suchen Sie sich ein Pseudonym. Legen Sie sich einen neuen Namen zu. Aber doch nicht ausgerechnet den einer anderen Autorin, Mann!«
    Ich pfeife auf Namen. Namen sind Schall und Rauch, was ihnen mal gesagt werden müßte.
    Auch ARS sind bedeutungsschwangere Namen ein Greuel. Sie hält sprechende Namen für eine

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