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Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)

Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)

Titel: Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lampson
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Ich werde ein gutes Wort für dich einlegen.«
    Ich hatte noch nie einen Anzug getragen, aber so sehr störte mich die Vorstellung auch nicht, zumal ich jetzt ja wusste, dass Julia alle meine Sachen blöd fand. Die Herrenabteilung war im obersten Stock von diesem schönen Kaufhaus. Ich habe dann bestimmt zehn Anzüge anprobiert, während Julia und der Schneider dabeistanden und ihre Kommentare abgaben. Ich weiß noch, dass der Schneider nasse Haare hatte, seine Haut aber sehr trocken war. Ich hatte noch nie einen Anzug anprobiert oder überhaupt schicke Sachen, ich hatte also keine Ahnung, wie sehr es mir gefallen würde. Die waren alle aus so weichem, glattem Stoff, und auch den Geruch mochte ich. Der Schneider fand die meisten Anzüge, die ich anprobierte, schick, aber Julia entdeckte irgendwie immer irgendeinen Knopf oder Streifen oder ein Problem mit dem Schnitt, das für sie fast alles ruinierte. Nach ungefähr einer Stunde einigten sie sich dann auf einen schönen dunkelblauen Anzug mit ganz dünnen, weißen Nadelstreifen und so unglaublich weichen Revers, die ich ständig anfassen musste. Der Schneider sagte, der Stoff passe gut zu meiner Haut, und Julia pflichtete ihm bei und sagte, darin stünde ich aufrechter und würde auch reifer wirken.
    Der Schneider suchte ein Hemd dazu aus und eine passende Seidenkrawatte sowie ein Paar ziemlich schicke Schuhe. Als ich dann alles angezogen hatte, stellten sie mich vor einen Spiegel, damit ich mir das Ergebnis ansehen konnte.
    Ich hatte mich wohl nicht besonders oft im Spiegel gesehen, denn ich hatte irgendwie vergessen, wie ich aussah. Meine Haare waren um einiges dunkler, als ich sie in Erinnerung hatte, und auch meine Augen waren so hübsch dunkelbraun. Ich glaube, der Anzug machte mich tatsächlich größer und eindeutig älter, vielleicht auch ein bisschen intelligenter. Verglichen mit dem letzten Spiegelbild, das ich gesehen hatte, war ich ziemlich zufrieden mit dem, was ich da sah, auch wenn ich nicht ganz glauben konnte, dass ich es war.
    »Und? Was sagst du?«, fragte Julia.
    »Super«, sagte ich. »Es ist perfekt.«
    »Hervorragend«, sagte der Schneider. Er wollte mir aus der Jacke helfen, doch ich hatte etwas dagegen.
    »Nein, ich glaube, ich lasse ihn gleich an«, sagte ich.
    »Der ist doch bloß für das Vorstellungsgespräch«, sagte Julia.
    »Nein. Ich glaube, ich trage ihn den ganzen Tag.«
    »Aber ich muss ihn ein wenig enger machen«, sagte der Schneider.
    »Was?«
    »Sie müssen ihn ausziehen, damit ich ihn anpassen kann.«
    Da hätte ich ihn fast erwürgt, glaube ich. Ich weiß nicht, warum, aber ich wollte den Anzug einfach nicht ausziehen. Doch dann riss ich mich ziemlich schnell zusammen, und der Schneider markierte alles mit Kreide, bevor er ihn mir auszog. Julia gab ihm die Kreditkarte ihres Vaters, und er sagte, wir sollten in einer Stunde wiederkommen.
    »Perfekt«, sagte Julia. »Das ist genau die Zeit, in der wir dir einen hübschen Haarschnitt verpassen können.«
    »Einen Haarschnitt?« Das hörte ich zum ersten Mal. »Warum denn?«
    »Wir wollen dich doch bloß ein bisschen rausputzen. Ich finde deinen Mopp-Look ja nicht blöd, aber ich kann kaum deine Augen sehen. Du hast so eine schöne, edle Stirn, aber niemand darf sie sehen.«
    »Ich mag meine Haare, wie sie sind.«
    »Die sehen aber ziemlich wie Alvins Frisur aus.«
    »Na und?«
    Ich merkte, dass sie mir eigentlich nicht antworten wollte, aber dann tat sie es doch.
    »Ich will nur sichergehen, dass du den Job auch kriegst«, sagte sie endlich. »Es ist ja keine große Sache. Ich finde nur, es wäre besser für dich, wenn keiner weiß, dass du Alvins Bruder bist.«
    »Warum denn?«
    »Es wirkt einfach komisch. Mein Exfreund ist noch keine Woche weg, und schon komme ich mit seinem Bruder wegen einer Stelle an.«
    »Du hast doch gesagt, dass wir uns gar nicht ähnlich sehen.«
    »Trotzdem gibt’s eine Ähnlichkeit. Und eigentlich kann ich’s dir auch gleich sagen. Alvin war nicht gerade sonderlich beliebt. Sein Abschied hier war nicht der allerbeste. Du weißt ja, wie er ist. Legt sich immer mit Leuten an.«
    Das war nicht schwer zu glauben. Die Mehrzahl der Leute, die Alvin kannten, waren die meiste Zeit sauer auf ihn.
    »Ich sage nur, warum kein kompletter Neuanfang? Möchtest du das denn nicht auch?«
    »Doch, klar.« Daran hatte ich, ganz ehrlich, nicht gedacht, aber als Julia es jetzt sagte, klang ein Neuanfang doch richtig gut.
    »Du willst doch auch nicht, dass jeder hier

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