Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)

Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)

Titel: Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lampson
Vom Netzwerk:
gesagt hätte. So erfuhr ich, dass ihr Vater im Jahr davor fast ins Gefängnis gewandert wäre und dass ihre Eltern sich während des Prozesses scheiden ließen. So erfuhr ich auch, dass sie glaubte, ihre Mutter sei verrückt geworden.
    Ich sah ihre Mutter häufig, weil sie jede Woche herkam, um Julia zum Salon zu bringen, und manchmal blieb sie auch noch und lief in ihren unglaublichen Bikinis im Hotel rum. Auf mich wirkte sie nicht verrückt, jedenfalls nicht gleich. Aber richtig gut lernte ich sie nicht kennen, weil sie nie ein Wort zu mir oder sonst jemandem sagte, der im Hotel arbeitete. Sie war sehr groß und elegant, hatte drei, vier Autos und auch noch einen kleinen Pick-up. Sie hatte lange, glänzende blonde Haare und trug seltsame, teure Kleider, die man normalerweise nur in Zeitschriften sah. Man sah, dass Julia ihre Tochter war, aber sie war in gewisser Hinsicht noch schöner als Julia: anmutiger und mehr wie eine Königin.
    Das einzige Mal, dass sie im ersten Monat etwas zu mir sagte, war einmal nachmittags unter der Woche, als es gerade richtig schüttete. Ich war in der Lobby, um trocken zu werden, als sie hereingestürmt kam und verlangte, dass ich den Bademeister machte, während sie schwamm, falls sie vom Blitz getroffen wurde und gerettet werden musste. In der ganzen Zeit, die sie am Pool verbrachte, war dies das einzige Mal, dass ich Julias Mutter schwimmen sah. Sie schwamm wohl an die fünfzig Runden, während ich auf einem der Liegestühle schlotterte und über sie wachte. Und ich weiß noch, obwohl die Luft an dem Tag fast so nass wie das Wasser war, tauchte sie nie mit dem Kopf ein und schaute mich auch nie an. Sie drehte einfach ihre Runden in diesem langsamen, gleichmäßigen Bruststil, bis die Sonne herauskam. Dann ging sie, ohne Wiedersehen zu sagen.
    Nach und nach lernte ich Julias ganze Familie kennen. Ihr Opa kam jeden Donnerstag zum Mittagessen. Er war ungefähr neunzig Jahre alt und kleidete sich zehnmal besser als alle anderen. Es war ganz locker mit ihm, weil er so höflich war und in seiner extrem freundlichen Art kaum was anderes als »Ja, na ja« sagte.
    Sie hatte auch eine kleine Schwester namens Cecily, die manchmal mit einer Meute Freundinnen von der Schule an den Pool kam – die planschten und kicherten dann den ganzen Tag herum. Sie machten immer die Liegestühle kaputt, deshalb lernte ich Cecily ganz gut kennen. Sie war für ihr Alter schon ziemlich erwachsen, aber wie sehr, wurde mir erst eines Nachmittags klar, nachdem ich ungefähr zwei Wochen dort gearbeitet hatte. Ich saß in meinem schönen neuen Anzug am Pool, als jemand mich von hinten in den Schwitzkasten nahm. Ich wusste, dass es Cecily war, als sie kicherte und mir das Ohr so stark verdrehte, dass mir fast die Tränen in die Augen stiegen. Sie behandelte mich immer wie eine Puppe, aber mich konnte nichts verletzen.
    »Glaub ja nicht, ich hab nicht gesehen, wie du sie beobachtest«, sagte sie.
    »Wen denn?«
    »Versuch nicht, es zu leugnen. Ich weiß, dass du in meine Schwester verliebt bist.«
    Ich war ziemlich beeindruckt, dass Cecily das schon rausgekriegt hatte, wo sie doch erst vierzehn war. Aber wie sich zeigte, hatte sie sogar noch intensiver über mich nachgedacht.
    »Wie kannst du das wissen?«
    »Ach, bitte. Du sitzt doch eh immer bloß auf dieser Seite des Pools, damit du sie von der Lobby zum Restaurant und wieder zurückgehen sehen kannst. Du gehst ungefähr zehnmal häufiger aufs Klo, als du eigentlich müsstest, bloß, damit du am Empfang an ihr vorbeikannst. Und du treibst dich noch lange nach dem Ende deiner Schicht hier rum, bloß für den Fall, dass sie zum Pool rauskommt.«
    »Und wenn es so wäre?«
    »Ich wusste, ich habe recht.«
    Ich merkte, dass es mir gleich war, ob Cecily es wusste. Es war eine Erleichterung, mit jemandem darüber zu sprechen. »Glaubst du, sie weiß es auch?«
    »Schwer zu sagen, denn wenn es so wäre, würde sie es nicht zugeben.«
    »Was meinst du?«
    »Im Hinblick auf deine Chancen?«
    »Ja.«
    »Glaubst du, ich tratsche?« Cecily haute mir, so fest sie konnte, in den Magen und lachte, als ich einen Moment lang keine Luft bekam. »Hast recht. Ich tratsche total. Okay, ich glaube, du hast eventuell Chancen.«
    »Echt?«
    »Aber bloß so für einen Sommer. Man sieht ja, dass sie etwas an dir findet, aber was, weiß ich noch nicht so genau. Mich hast du jedenfalls nicht groß beeindruckt, seit du hier bist, aber bis sie zum College geht, braucht sie eine nette

Weitere Kostenlose Bücher