Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)
Ablenkung. Und ich kann mir denken, warum du ein hübsches Trostpflaster für sie abgeben könntest.«
»Was?«
»Nach ihrem letzten Freund braucht sie eine Abwechslung. Der war um einiges klüger als du, und das spricht eindeutig für dich. Der hat immer zu viel nachgedacht und alles, was sie gemacht hat, infrage gestellt. Du denkst nicht viel über Sachen nach, was, Joe?«
»Nein. Nicht besonders viel.«
»Das ist eindeutig gut. Das bringt dir schon mal ein paar Punkte. Du weißt, dass unser Vater letztes Jahr fast im Gefängnis gelandet ist?«
»Das hat sie erwähnt.«
»Machst du dir darüber Gedanken? Stört dich das?«
»Nein.«
»Gut. Weil Julia im Moment eher keinen braucht, der sie zu sehr ins Grübeln bringt. Außerdem wirkst du auch nicht zu melancholisch, das spricht ebenfalls für dich. Aber es würde mich überraschen, wenn es länger als einen Sommer ginge.«
»Warum?«
»Keine Ahnung. Sieh dich doch mal an. Jeden Tag machen wir mindestens einen Liegestuhl kaputt, und jedes Mal reparierst du ihn, ohne ein Wort zu sagen. Und wir sind hier nicht mal Gäste.«
»Na und?«
»Du kannst dich nicht so einfach von einer Schar Schulmädchen schikanieren lassen. Wenn du nicht mal eine solch einfache Situation in den Griff kriegst, gibt das Punkte gegen dich. Außerdem bist du Pool-Wart und kannst offensichtlich nicht mal schwimmen. Das ist sicher auch ein Punkt gegen dich. Für ein Mädchen passt das eben nicht.«
Ich fand es schrecklich, wie sich das alles anhörte. Punkte gegen mich klangen ganz schlecht. Cecily benahm sich, als wüsste sie mehr über mich als ich selber, und plötzlich wollte ich sie tausend Sachen fragen.
»Sie sagt, manchmal schnarche ich morgens. Ist das auch ein Punkt gegen mich?«
Cecily schüttelte den Kopf. »Wach auf, Joe. Das sind deine geringsten Probleme.«
»Und was ist mein Problem?«
»Das fragst du mich wirklich?« Sie dachte eine Weile nach und sagte dann: »Du packst das völlig falsch an. Ständig bist du in ihrer Nähe und versuchst, sie glücklich zu machen. Aber was sie wirklich will, wird sie dir nicht sagen. Das musst du schon selber rausfinden.«
»Und was ist das?«
»Sie will das ganze Paket. Unser Vater sagt uns immer, dass wir was Besonderes sind. Ich weiß, er ist bloß nett, aber Julia glaubt es ihm. Sie glaubt, sie verdient nur das Beste.«
»Ich möchte dich noch was anderes fragen.«
»Nichts drin. Ich habe diese ganze Fragerei satt.«
Cecily kicherte. Dann trat sie mir gegen das Schienbein und rannte zum Whirlpool, wo einige ihrer Freundinnen versuchten, einander unterzutauchen. Sie blieben bis in den Nachmittag hinein, und als ich endlich hinter ihnen aufgeräumt hatte, wurde es schon dunkel. Jeden Abend, nachdem ich die Liegestühle abgeschrubbt hatte, stellte ich sie gern in einem perfekten Viereck um den Pool herum auf. Daran hatte ich mich so gewöhnt, dass ich erst, wenn ich das getan hatte, schlafen gehen konnte. Ich war in meiner Jugend eher schludrig gewesen und mochte nie mein Zimmer aufräumen, aber bei dem Pool war es anders. Ich wollte immer, dass er perfekt war. Manchmal bin ich sogar mitten in der Nacht runter, um nach dem Rechten zu sehen.
Als ich gerade fertig war, kam Houston raus. Er hatte an dem Tag Julia am Empfang vertreten, und ich weiß noch, dass er sich einen Eisbeutel auf den Kiefer drückte. Houston hatte ständig irgendwelche schrecklichen Probleme mit den Zähnen, aber selbst wenn er Schmerzen hatte, bemerkte er doch immer, dass ich hart arbeitete.
»Mach dich nicht kaputt, Joe.«
»Bin schon fertig.«
»Du leistest hier nämlich wirklich tolle Arbeit. Jeden Tag freue ich mich mehr, dich eingestellt zu haben.«
»Houston?«
»Ja?«
»Ich muss dich was fragen.«
»Schieß los.«
Er setzte sich auf einen Liegestuhl und legte seinen Eisbeutel weg. Ich hatte gar nicht vorgehabt, ihn was zu fragen, aber wahrscheinlich dachte ich noch immer an das, was Cecily gesagt hatte.
»Ich möchte keine Schwierigkeiten bekommen.«
»Warum solltest du?«
»Ich weiß nicht.«
»Na los, Joe.«
»Findest du, ein Pool-Wart sollte schwimmen können?«
Jedes Mal, wenn ich dachte, Houston wäre wegen eines Problems von mir enttäuscht, schien er mich deswegen nur noch mehr zu mögen. Er grinste wieder wie üblich und steckte mich damit sogar ein bisschen an. »Nein, deswegen kriegst du keine Schwierigkeiten. Du hast den Mut, es mir zu sagen, aber es ist ganz klar angegeben, dass wir keinen Bademeister bereitstellen.«
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