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Vom Geist der Dorsai

Vom Geist der Dorsai

Titel: Vom Geist der Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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ungerechtfertigterweise zu hart behandelt? Dieser unbehagliche Gedanke ging ihr nicht aus dem Kopf. Sie war inzwischen vertraut mit solchen Überlegungen: Betta, Melissa, Lexy … viele von ihnen erweckten solche Grübeleien in ihr. Inwieweit besaß sie das Recht, von ihnen zu erwarten, sich in einer bestimmten Situation genauso zu verhalten wie sie selbst? Bis zu welchem Ausmaß durfte sie voraussetzen, daß eine zukünftige Amanda ebenso reagierte wie sie?
    Die Beantwortung dieser Fragen fiel ihr nicht leicht. Oberflächlich gesehen war eine solche Erwartung unfair – und ihr Verhalten damit ebenfalls. Auf der anderen Seite gab es die unausweichlichen Fakten. Da war die Notwendigkeit, daß zumindest eine Person so reagierte wie sie. Denn sie verlangte nur das von ihnen, was nach den Lehren, die sie aus ihren Erfahrungen gezogen hatte, das Leben selbst von ihnen forderte – das war eine Realität, der man sich stellen mußte. Erneut mußte sie dieses ungelöste Problem mit einer Willensanstrengung aus ihren Gedanken verdrängen, um sich wieder zu konzentrieren.
    Am frühen Vormittag des folgenden Tages lag sie im hohen Gras dicht unterhalb einer Hügelkuppe und beobachtete die Kolonne, die Dow deCastries als Eskorte begleitete. Sie wand sich einer Schlange gleich durch die Täler zwischen den Höhenzügen in Richtung Foralie. Umgeben war Amanda von den Angehörigen der Gruppe, der Ramon als Senior vorstand. Die Kolonne bestand aus zwei Abteilungen, die offenbar aus einfachen Soldaten zusammengestellt worden waren und unter dem Befehl von vier Offizieren und Dow selbst standen; sie alle waren untergebracht in Luftkissen-Stabswagen, und bis auf jenen, in dem Dow saß, bestand die Bewaffnung der Fahrzeuge aus schweren, am Bug montierten Ergschleudern. Die Wagen glitten mit einer Langsamkeit dahin, die auf große Vorsicht schließen ließ. Gleiter deckten die Flanken ab, und die Voraussicherung wurde von zwei Fahrzeugen der gleichen Art übernommen.
    „Sie werden Foralie-Heimstatt in etwa zwanzig Minuten erreichen“, flüsterte Ramon Amanda ins Ohr. „Sollten wir nicht Kuriere zu Eachan und Melissa schicken?“
    „Bleiben Sie mit Ihrer Gruppe hier“, erwiderte Amanda. „Eachan wird zu Ihnen kommen, wenn er einen Kontakt wünscht. Oder auch Melissa. Wie dem auch sei: Unternehmen Sie nichts, ohne von ihnen dazu aufgefordert zu sein. Sagen Sie ihnen, daß ich mir ein Bild von der allgemeinen Situation im ganzen Distrikt machen muß. Es ist wichtig zu wissen, welche Aktivitäten die anderen ausgesandten Patrouillen entwickeln.“
    Sie wartete, bis die Kolonne über die Kuppe des Hügels verschwunden war, auf die sie zugehalten hatte, dann kroch sie zurück in den schmalen Einschnitt hinter ihr, in dem ihr Gleiter verborgen war.
    „Verfügen Sie über einen ausreichenden Energievorrat?“ fragte Ramon und deutete auf das Fahrzeug.
    „Genug für einen einwöchigen Nonstop-Einsatz“, antwortete Amanda. „Wir sehen uns heute abend, drüben am Hang jenseits des Lagers.“
    Für den Rest des Tages war sie ständig in Bewegung. Es traf tatsächlich zu – wie sie auch Dow gesagt hatte –, daß sie eine Woche benötigen würde, um alle Heimstätten des Foralie-Distrikts aufzusuchen. Aber für das, was sie im Sinn hatte, war es nicht notwendig, jede Heimstatt persönlich zu benachrichtigen – denn das Kommunikationsnetz, auf das sie zurückgreifen konnte, schloß auch die Gruppen und Bewohner der Heimstätten selbst mit ein. Sie mußte nur zu den Häusern fliegen, bei denen persönliches Erscheinen vonnöten war, etwa um das medizinische Personal zurückzubeordern oder sich um Leute wie Tosca Aras zu kümmern – einen Invaliden, der durch hohes Alter und ein gebrochenes Bein an sein Heim gefesselt war. Bei Tosca handelte es sich wie bei Eachan um einen Taktiker, an den sich die anderen wenden konnten, falls sie außer Gefecht gesetzt wurde.
    Ihr Hauptinteresse jedoch galt den Patrouillen, die Dow ausgesandt hatte. Eachan hatte mit dem Fernabtaster auf dem Dach von Foralie-Heimstatt die Stadt beobachtet und berichtet, daß zwei Trupps das Lager noch am gestrigen Abend verlassen hatten, gefolgt von weiteren vier am heutigen Morgen. Sie waren in verschiedene Richtungen in den Distrikt hinausgezogen. Auf jeden Fall schienen sie dabei eine Route zu verfolgen, die sie in einem weiten Schwenker zu den Heimstätten einer bestimmten Distriktregion bringen würde. Die Vollendung dieses Bogens mochte etwa vierundzwanzig Stunden

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