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Vom Himmel hoch

Vom Himmel hoch

Titel: Vom Himmel hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Branstner
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der Beamte.
    Er ließ sich die Telefonnummer geben, rief den Arzt an und gab die Beschreibung des Mannes durch. Der Arzt bestätigte, daß dieser Mann gestern bei ihm gewesen sei. Er habe einen abnorm heruntergekommenen Eindruck gemacht, von Geistesgestörtheit könne jedoch keine Rede sein.
    Der Beamte bedankte sich und legte den Hörer auf.
    ›Also der erste Fall‹, sagte er, ›Irreführung der Polizei.‹
    ›Aber nein‹, rief der Mann, ›ich war doch gar nicht beim Arzt!‹
    Der Beamte griff sich an den Kopf. ›Aber Sie haben doch eben noch behauptet…‹
    ›Ich wollte doch nur‹, unterbrach der Mann den Beamten, ›daß Sie mich nicht für verrückt halten.‹
    ›Und was zum Teufel‹, rief der Beamte, ›sind Sie wirklich…‹
    ›Völlig normal‹, sagte der Mann, ›das hat Ihnen der Arzt doch bestätigt.‹
    ›Aber Sie behaupteten doch eben noch‹, sagte der jetzt um seinen eigenen Verstand besorgte Beamte, ›daß Sie gar nicht beim Arzt waren.‹
    ›Ich nicht‹, sagte der Mann.
    Der Beamte begriff, daß er das nicht mehr lange durchstehen würde. Um nicht irre zu werden, mußte er ganz schnell etwas ganz Normales tun. Er nahm das Federmesser und putzte sich die Fingernägel. Er tat es ungeheuer gewissenhaft. Das war seine Rettung.
    ›Die Suchanzeige‹, sagte er, als er seiner wieder sicher war, ›was bezwecken Sie damit?‹
    ›Ich will Ihnen die Wahrheit sagen‹, antwortete der Mann.
    ›Das ist immer das beste‹, sagte der Beamte.
    ›Das Problem ist nur‹, erklärte der Mann, ›daß ich nicht weiß, ob ich es schaffe. Es ist nämlich eine unangenehme Geschichte, und auf unangenehme Geschichten verstehe ich mich nicht mehr, die hat immer der andere für mich erledigt. Dafür hatte ich ihn ja gekauft.‹
    ›Aha‹, sagte der Beamte. Vorsichtshalber sagte er aber nichts weiter.
    ›Sogar ganz billig‹, fuhr der Mann fort. ›Mein Schwager hat ihn mir besorgt. Die Firma Bruther & Bruther hatte damals einige künstliche Zweitmenschen hergestellt. Sie wurden Nothelfer genannt, da ihre Aufgabe darin bestand, demjenigen, der sich solch einen Nothelfer angeschafft hatte, alle unangenehmen Dinge abzunehmen. Wenn ihm ein Ärger in der Arbeit bevorstand, beispielsweise eine Auseinandersetzung mit dem Chef, oder wenn er im privaten Leben eine dumme Geschichte zu erledigen hatte, die Verabschiedung einer lästig gewordenen Geliebten oder einen Streit mit der eigenen Frau, dann trat der Nothelfer an seine Stelle und nahm den Ärger auf sich. Als mir mein Schwager vor etwa zwei Jahren das Angebot machte, mir solch einen Nothelfer zu verschaffen, war ich sofort einverstanden, da ich damals allerhand Schwierigkeiten um die Ohren hatte. Ich wurde zu einer bestimmten Stunde in das Herstellerwerk bestellt, wo einer der Nothelfer, die noch als sogenannte Rohlinge herumstanden, auf mein äußeres und inneres Wesen gebracht wurde. Das dauerte nicht lange, und bald stand mir mein genaues Ebenbild gegenüber. Da die Produktion der Nothelfer noch in den Anfängen steckte, erhielt ich ihn, wie schon gesagt, ziemlich billig, sozusagen zum Probierpreis, und zog guter Dinge mit ihm davon. Und ich konnte mich sehr schnell davon überzeugen, daß der Bursche gut zu gebrauchen war. Wir waren nämlich kaum in mein Auto gestiegen, um zu einem in der Nähe meiner Wohnung gelegenen Appartement zu fahren, wo mein Nothelfer wohnen sollte, als es fürchterlich krachte. Der Besitzer des anderen Autos sprang wütend aus dem, was übriggeblieben war, heraus und schlug einen Ungeheuern Lärm. Der daraus entstandene Menschenauflauf gab mir Gelegenheit, mich zu verdrücken und alles übrige meinem Nothelfer zu überlassen. Der erledigte die unangenehme Geschichte denn auch zu meiner vollen Zufriedenheit. Er ging sogar, als ich vorgeladen wurde, statt meiner zur Polizei, machte dort meine Aussage, unterschrieb das Protokoll und bezahlte die Strafe.‹
    ›Aber ja‹, rief einer der Polizisten, ›das Protokoll habe ich aufgenommen. Sie kamen mir gleich so bekannt vor.‹
    ›Sehen Sie‹, sagte der Mann zu dem Beamten, ›jetzt erhält alles seine Richtigkeit. Und wenn ich das, was weiterhin geschah, in allen Einzelheiten berichten würde, hätten Sie sich den Anruf bei meinem Arzt ersparen können.‹
    ›Sie meinen‹, sagte der Beamte, ›wenn Sie es vorher berichtet hätten.‹
    ›Sie vergessen die Dringlichkeit‹, sagte der Mann. ›Es geht, wie ich schon sagte, um Leben und Tod. Deshalb muß ich mich kurz fassen, auch

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