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Vom Himmel hoch

Vom Himmel hoch

Titel: Vom Himmel hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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um?«, fragte sie
unvermittelt.
    Mommsen ließ die Frage unbeantwortet. »Und wie ist der
Abend wirklich abgelaufen?«, fragte er stattdessen.
    Sie sah ihm nochmals tief in die Augen, senkte dann
den Blick fast schamhaft auf die Tischplatte und wisperte leise: »Ich habe ein
paar Sachen notdürftig zusammengeklaubt und bin dann zu einer Freundin
gefahren, die außerhalb in einem Haus im Koog wohnt. Richtung Schlüttsiel«,
ergänzte sie.
    Auf Mommsens Bitte hin notierte sie Name und Anschrift
auf einem Stück Papier.
    »Und wie hat Ihr Freund den Abend verbracht?«
    »Ich weiß es nicht«, gab sie zurück. »Wir haben
seitdem noch nicht wieder miteinander gesprochen.«
    Mit weinerlicher Stimme fuhr sie fort: »Er hat mich
heute noch nicht einmal angerufen.« Dabei quetschte sie eine Träne aus ihrem
Augenwinkel.
    Mommsen winkte dann dem Hausmeister, der ihn vom
anderen Ende des Raumes ungläubig ansah.
    »Ich?«, fragte er mit Staunen in der Stimme.
    »Ja«, gab Mommsen lautstark zurück. »Jetzt möchte ich
gern Ihr Alibi wissen.«
    »Ich brauche doch kein Alibi.« Die Antwort klang schon
etwas kleinlauter. Zögernd kam der Mann auf Mommsen zu und senkte die
Lautstärke seiner Stimme. »Ich war gestern Abend zu Hause.«
    »Wie interessant. Zu Hause waren Sie.«
    »Ja, den ganzen Abend.«
    »Und was haben Sie da gemacht?«
    »Nix.«
    Mommsen sah ihn belustigt an. Alle im Raum hörten
jetzt gespannt zu. Damit die Einzelheiten auch niemandem entgingen, wiederholte
er für alle verständlich den Dialog.
    »Sie waren also den ganzen Abend zu Hause und haben
nichts gemacht.«
    »Ja.«
    »Und was ist nichts? Ferngesehen? Gelesen? Gegessen?
Getrunken?«
    Harry Schädlich war jetzt vollends aus dem Konzept
gebracht. »Alles«, gab er zu.
    »So, so. Sie behaupten also, gestern Abend allein zu
Hause gewesen zu sein und mit sich selbst gesoffen zu haben«, interpretierte
Mommsen die Darstellung des Hausmeisters laut.
    »So habe ich es nicht gesagt«, verteidigte sich dieser
schwach.
    In dem Maße, in dem Mommsen lauter wurde, senkte der
andere seine Stimme.
    »Jetzt widersprechen Sie sich aber selbst. Sie haben
mir eben berichtet, Sie hätten nichts gemacht. Im gleichen Atemzug haben Sie
erzählt, Sie hätten gesoffen.« Er wählte absichtlich diese starke Vokabel.
    »Das ist ein Irrtum. Ich habe nur gesagt, dass ich
mein Feierabendbier getrunken habe.« Der Mann flüsterte jetzt fast.
    Mommsen beschloss, dass Spiel nicht bis ins Unendliche
zu treiben, und kürzte den peinlichen Dialog ab. Aus dem Mann war nichts weiter
herauszuholen.
    Mommsen wandte sich noch einmal an Doris Landwehr. »Da
ist ein Schreibtisch unbesetzt?«, fragte er mit Blick auf den freien
Schreibtisch.
    Sie bestätigte, dass dort ein Kollege seinen
Arbeitsplatz habe, der heute einen beantragten und genehmigten Urlaubstag
hätte.
    »Und wie heißt der?«, wollte Mommsen wissen.
    »Anders.«
    Er zuckte leicht zurück, fühlte sich veräppelt. »Ja,
wie denn?«
    Sie lachte. »Das ist ein dänischer Kollege, der auch
jenseits der Grenze wohnt. Er heißt Anders Sørensen.«
    Nun musste auch Mommsen lachen.
    »Er hatte gestern Abend eine familiäre Veranstaltung.
Und wenn die Dänen feiern, dann gibt es kein Halten. Da sprengt die
Fröhlichkeit jeden Rahmen. Nicht umsonst nennen wir unsere nördlichen Nachbarn
diesseits der Grenze Spritdänen. Wohlweislich hat sich Anders aus diesem Grund
für heute einen freien Tag genommen.«
    *
    Vom Betriebsgelände des »Friesischen Metallbaus« war
es nur ein kurzes Stück die Lornsenstraße entlang bis zur Werkstatt Arno
Kleinwächters. Mommsen hörte das Dröhnen der anfahrenden Diesellokomotive vom
parallel verlaufenden Bahndamm. Nicht weit entfernt lag Bredstedts Bahnhof.
    Im Gegensatz zu der sauberen Anlage und den
repräsentativen Gebäuden, die Mommsen zuvor gesehen hatte, wirkte diese
Betriebsstätte fast ein wenig heruntergekommen. Die Farbe blätterte ab,
Metallteile lagen auf dem Vorplatz herum und wirkten auf den Laien wie
Alteisen, das Rost angesetzt hatte. Das Büro bestand aus einem Glaskasten, der
von der übrigen Werkstatt abgeteilt war. Aus einem Radio dröhnte lautstark
Musik durch die kleine Halle.
    Mommsen sah im Hintergrund zwei dunkelhäutige Männer
mit Schnauzbärten, die bei seinem Erscheinen misstrauisch ihre Arbeit
unterbrachen und ihn beobachteten.
    Ein Mann im verschmierten blauen Overall schob die
Schutzbrille in die Stirn und sah ihn an.
    »Herr Kleinwächter?«, fragte Mommsen und wedelte

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