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Vom Himmel hoch

Vom Himmel hoch

Titel: Vom Himmel hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Arbeitsamt. Er hat sich nicht nur maßlos deswegen geschämt,
sondern das Ganze ist ihm auch gesundheitlich an die Substanz gegangen. Er
konnte nachts nicht mehr schlafen. Das hatte zur Folge, dass er am kommenden
Tag unausgeruht seiner Arbeit nachging. Dann unterlaufen Ihnen Fehler, die sich
natürlich bei einem Programmierer gravierender auswirken als beim Buchhalter.
Bei Letzterem ist nur eine Buchung falsch. Irrt aber der Programmierer, sind
gleich alle Buchungen falsch.« Wie zur Entschuldigung fügte sie noch
hinzu: »So zumindest hat es mir Kurt erklärt.«
    »Das erzeugt natürlich neues Druckpotenzial gegen
jemanden«, sagte der Oberkommissar.
    Sie nickte. »Das haben Sie richtig erkannt. Dieser
widerliche Mensch dort in Bredstedt hat das schamlos ausgenutzt und daraufhin
den Druck auf meinen Mann verschärft. Kurt war in der letzten Zeit nur noch ein
Nervenbündel. An manchen Tagen war er einfach nicht mehr in der Lage, einen
ganzen Arbeitstag dem Druck standzuhalten. Deshalb ist er manchmal erst später
gekommen, wohl auch, weil er nachts lange wach gelegen hat. Dann hat er seinen
Arbeitsplatz auch vor dem üblichen Feierabend wieder verlassen, weil er es
einfach nicht mehr aushalten konnte. Das war ein Teufelskreis. Der Druck wurde
immer größer, er hat dadurch weniger Stunden gearbeitet und als Folge daraus
auch ein geringeres Honorar bezogen, da er nach Stunden bezahlt wurde. Und das
wirkte sich wiederum auf unsere finanzielle Situation aus.«
    Sie schluckte heftig und tupfte erneut ihre Augen ab.
Der Oberkommissar ließ ihr Zeit. Nach einer ganzen Weile hatte sie sich wieder
gefasst.
    »Hinzu kam noch die Auseinandersetzung mit dem
Finanzamt. Die haben routinemäßig unsere Buchhaltung geprüft und waren der
Auffassung, dass Kurt die Umsätze in einer anderen Weise hätte buchen müssen.
Ich verstehe nichts davon, aber soweit ich weiß, hat er ordnungsgemäß alle
Steuern bezahlt und alles immer korrekt abgewickelt. Unser Steuerberater, über
den alles lief, hat auch vehement mit dem Finanzamt gestritten. Als das aber
die gesamten Einkünfte der letzten drei Jahre noch einmal versteuert haben
wollte, hat er sich davongestohlen. So saßen wir ganz allein vor der
Auseinandersetzung mit der Steuerbehörde. Und die fragen nicht nach den
Lebensumständen eines Einzelnen. Die Konten wurden gesperrt, das Einkommen
gepfändet. Kurt hatte keine Kreditkarte mehr und war praktisch bewegungsunfähig.
Ihm war die Möglichkeit genommen, das Geld für die laufenden Kosten wie zum
Beispiel die Miete am Arbeitsort vorzustrecken. Ja, er konnte nicht einmal mehr
am Wochenende heimfahren. Wovon denn?«
    Jetzt brachen die Dämme, und ein Tränenfluss
überflutete ihre Wangen.
    Wenn Kurt Schönborn in eine so erdrückende
wirtschaftliche Situation hineingetrieben worden war, überlegte Große Jäger,
dann mochte das ein Motiv für die Beseitigung des Verursachers gewesen sein.
    Aber warum hatte Schönborn sterben müssen? Nach den
bisherigen Erkenntnissen lag kein Selbstmord vor. Sie hatten keinen Gegenstand
gefunden, mit dem der Tote in der Badewanne sein Leben hätte selbst beendet
haben können. Auch wäre es außergewöhnlich, sich bei einer Selbsttötung die
Halsschlagader aufzuschneiden.
    In einer plötzlichen Eingebung fragte er: »Hatte Ihr
Mann medizinische Kenntnisse?«
    Die Frau sah ihn erstaunt an. »Nein, nicht über das
uns allen bekannte laienhafte Wissen hinaus. Er hat zwar vor dreißig Jahren bei
der Bundeswehr als Sanitäter gedient. Aber das Wenige, was er dort an
Kenntnissen erworben haben mag, ist in der langen Zeit mit Sicherheit
verkümmert.«
    Große Jäger interessierte sich noch dafür, welches
Finanzamt für die Schönborns zuständig war, und ließ sich von der Frau eine
Erklärung aushändigen, dass er Informationen über die steuerlichen Vorgänge
einholen durfte.
    »Und wie soll es nun weitergehen?«, fragte sie mit
zittriger Stimme.
    Er zuckte die Schultern.
    Die Frage konnte er nicht beantworten.
    *
    Ernst-Georg Roth ging nervös in seinem Arbeitszimmer
auf und ab. Er hatte die linke Hand tief in die Hosentasche gesteckt, mit der
rechten fuhr er sich immer wieder durch das Gesicht.
    »Ich fasse es immer noch nicht«, stammelte er mehr zu
sich selbst als zu den beiden Kripobeamten, die auf den Besuchersesseln Platz
genommen hatten.
    Christoph und Mommsen beobachteten den sonst so
gefasst wirkenden Manager. Der blieb mitten in der Bewegung stehen, sah seine
beiden Besucher an und fragte sie

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