Vom Internet ins Ehebett (German Edition)
sicher, dass es sich meine Kundinnen nicht doch noch anders überlegen und das alte Zeug in den Schrank zurückhängen. Manchen kostet es eine große Überwindung, Vertrautes aufzugeben.«
Ich probierte unter fachkundiger Anleitung alle meine Garderobenteile. Margarite fand überraschende neue Kombinationsmöglichkeiten. Dann kamen meine Schuhe an die Reihe. Und ich breitete meine Handtaschen vor ihr aus. Dass ich so wenige Tücher besaß, wunderte sie. Doch Tücher zu tragen, war nicht meine große Leidenschaft. Das überließ ich Bea.
Dazwischen bereitete ich uns Kaffee zu. Wir plauderten und lachten. Und ich erfuhr viel aus der Welt der Prominenten und Reichen. Margarite nannte zwar keine Namen. Diskretion war ihr oberstes Gebot. Dennoch glaubte ich bei der einen oder anderen Erzählung zu ahnen, um wen es sich handeln könnte.
Ganz sicher war ich bei ihrem Bericht über die Frau eines Bankdirektors. Die Dame war Mitte vierzig und bekam soeben ihr zweites Kind. Ihre ältere Tochter war acht. Margarite war vergangene Woche losgezogen, um mit der werdenden Mutter passende Umstandskleidung einzukaufen. Die werdende Mutter war niemand anderes als Konrads Frau. Da gab es keinen Zweifel. Sie hatte es also geschafft, sich mit ihrem Kinderwunsch durchzusetzen. Kein Wunder, dass Carla ihre Beziehung mit Konrad endgültig beendet hatte. Das war wohl das Tüpfelchen auf dem i gewesen, das ihr zeigte, sie würde immer nur die zweite Geige spielen. Jetzt hatte Konrads Frau ihren Mann wieder für sich allein. Es stellte sich allerdings die Frage, für wie lange.
Natürlich berichtete ich Margarite auch über meine Versuche, im Internet einen passenden Mann zu finden. Schließlich hatte mich ja das Gespräch mit ihr dazu bewogen.
»Das finde ich aber ganz toll, Roli«, sie war sofort begeistert, »und, was hast du schon für Erfahrungen gesammelt? Waren viele unmögliche Zuschriften dabei? Am besten ist, du löschst sie gleich und lässt dir davon den Spaß nicht verderben.«
»Du meinst den, der mich gefragt hat, ob ich ein Bauchnabelpiercing möchte?«, fragte ich lachend, glücklich, über meine ersten Kontakte berichten zu können, »oder den Mann, der als Ungezieferjäger durch die deutschen Supermärkte reist, um dort Mäuse und Kakerlaken zu vernichten? Er hat mir versprochen, meine Küche zu desinfizieren, kostenlos.«
»Pfui Teufel, in den Supermärkten gibt es Ungeziefer? Das ist ja ekelhaft. Ich bin froh, dass ich nicht alles weiß, was dort vor sich geht. Aber abgesehen davon, es ist schon spannend, wen man im Netz so trifft, nicht wahr? Stell dir vor, bei mir hatte sich ein katholischer Geistlicher gemeldet. Er war ganz hin- und hergerissen zwischen seinem Gelübde und der Sehnsucht, einer Frau näher zu kommen.«
»Sachen gibt es.« Hubert wäre fassungslos, wüsste er davon. »Ich bin schon sehr gespannt, was ich mit meinen E-Mail-Männern alles erleben werde.«
Die nächsten Wochen bis zu meiner Abreise nach Wien vergingen wie im Flug. Ich hatte meine neue Brille abgeholt. Am ersten Tag war ich stets zusammengezuckt, wenn ich mich im Spiegel oder in einem Schaufenster gesehen hatte. Die neue Fassung war noch ungewohnt. Doch bald war ich richtig stolz darauf. Mein Gesicht wirkte mit einem Mal viel frischer, lebendiger. Das mochte natürlich auch darauf zurückzuführen sein, dass ich einen weiteren ausgiebigen Einkaufsbummel genossen hatte. Zum ersten Mal trug ich einen rauchblauen Blazer. Für meine neue himbeerrote Regenjacke war es derzeit viel zu sonnig. Aber bald würde ich sie zum ersten Mal tragen können. Auch meine T-Shirts waren nun wesentlich farbenfroher. Und mit den Farben kam auch mehr Schwung in meinen Alltag. Vielleicht lag es aber auch gar nicht so sehr an meinen neuen Farben. Vielleicht lag es auch daran, dass ich mich verliebt hatte.
»Verliebt?«, Carla zog skeptisch eine ihrer wohlgezupften Augenbrauen in die Höhe. »Was soll das heißen, verliebt? Hast du diesen Bernhard schon einmal getroffen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Also, das versteh ich jetzt aber auch nicht: Wie kannst du dich in ihn verliebt haben, wenn du ihn noch nie gesehen hast?« Bea zog die Stirn kraus.
Wir drei hatten uns zum Mittagessen bei unserem Lieblingschinesen getroffen. Es war Mittwoch. Am Samstag würde ich in meinen Zug nach Wien steigen. Das Wochenende wollte ich nutzen, um mir die Stadt anzuschauen. Ich war zwar einmal mit Peter dort gewesen, aber das war mindestens zehn Jahre her. Und meine
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